Die Quelle
ungesetzlich. So steht es im Patentgesetz. Und es passiert häufiger, als Sie vielleicht meinen.«
»Dann werde ich ein Europäisches Patent anmelden.«
»Auch das wird nicht funktionieren«, erwiderte Sieber belustigt. »Eine Einreichung beim Europäischen Patentamt wird Ihnen nicht helfen, denn Patente, die ein Staatsgeheimnis enthalten, sind beim Deutschen Patentamt einzureichen. Halten Sie sich nicht daran, machen Sie sich zudem strafbar. Fünf Jahre Gefängnis. Eine lange Zeit.«
»Sie schaden unserem Land.«
»Wir schaden unserem Land viel mehr, wenn wir den Stromausfall nicht in den Griff bekommen. Hören Sie sich doch einfach an, was unsere Freunde für einen Vorschlag haben.«
»Genau.« Morton Chao klatschte in die Hände. »Ich bin Nobelpreisträger. Und Sie könnten es werden. Vergessen Sie die Vergangenheit und denken Sie an morgen. An den morgigen Tag, meine ich.«
»Was ist da?«
»Da werden Sie in Stockholm mit dem Präsidenten, dem Kanzler und mir eine Pressekonferenz geben, auf der das Funktionieren der Kalten Fusion bekannt gegeben wird. Sie werden als der Erfinder gefeiert, wir bestätigen das Funktionieren im Großversuch, und gemeinsam werden die Vereinigten Staaten und Deutschland die Früchte ernten. Reichtum und Anerkennung sind Ihnen sicher, und niemand wird Sie verfolgen. Wenn das kein Angebot ist.«
»Aber der Patentantrag ...«
»Seit dem Großversuch gibt es einen entsprechenden Patentantrag in den Vereinigten Staaten. Es weiß nur niemand davon. Er ist als Geheimanmeldung klassifiziert und deshalb nicht veröffentlicht«, sagte CIA-Direktor Lindley.
»Das übliche Verfahren bei Patenten in unserem Land, die die nationale Sicherheit betreffen.« Morton Chao lächelte. »Ich weiß das. Ich bin Inhaber einiger solcher Patente.«
»Wer garantiert mir, dass Sie mich nicht ausbooten werden?«
»Würden wir Ihnen dann den Vorschlag überhaupt machen? Das wäre ein Widerspruch in sich.«
»Mit meinen Unterlagen kann ich beweisen, dass ich als Erster die Erfindung gemacht habe.«
»Wir bestreiten es ja nicht, wenn ...«
»Wo sind meine Unterlagen überhaupt? Dieser Ziegler sollte doch in die deutsche Botschaft in Paris ...« Kemper sah Hagen an. »Ich habe nichts mehr gehört.«
Ein Sicherheitsbeamter betrat den Raum und ging mit schnellen Schritten zu Sieber, legte ihm einen Zettel hin. Sieber las den Text und reichte den Zettel mit ausdrucksloser Miene an den Kanzler weiter.
»Wir leider auch nicht«, sagte Hagen unterdessen. »Wir wissen, dass er in Schwierigkeiten steckte. Er wurde verfolgt, und wir wissen nicht, was mit ihm und den Unterlagen geschehen ist.«
Kemper kaute nachdenklich auf der Unterlippe.
»Was sagen Sie?« Der Kanzler hatte kaum auf den Zettel geschaut und schien mit seiner Geduld am Ende.
»Habe ich Bedenkzeit?«
»Nein. Keine Sekunde. Wir müssen den Virus in den Steuerungsmodulen ausschalten. Wir brauchen wieder Strom.« Der Kanzler starrte auf den winzigen Stick. »Sie haben nur eine Wahl. Sie machen mit oder eben nicht. Soeben kam die Nachricht, dass wir Ihre Unterlagen haben.«
Kapitel 66
ALTE BUNKERANLAGE
Duvall stand rechts von der Tür an der Stirnseite des Raumes. Auf dem Boden vor ihm flackerten sechs Kerzen.
Vier weitere Kerzen waren wie eine Linie einen Schritt hinter dem Türblatt aufgereiht. »Bis zu den vier Kerzen. Nicht weiter.«
Rechts von Duvall lag eine Taschenlampe auf einem Regalbrett an der Längswand des Raumes. Der Lichtkegel war in den Raum gerichtet, leuchtete den Teil an der Tür aus. Benn kniff die Augen zusammen, denn das Licht stach ihm genau in die Augen. »Stehen bleiben!«, sagte Duvall, als Benn einen Schritt zur Seite treten wollte. Benn legte den Kopf schräg. Sie hockte auf den Knien. Ihr Kopf hing auf der Brust.
Die gefesselten Hände waren nach oben über den Kopf gezogen. Ein Seil führte von der Fesselung am Handgelenk zu einem Haken in der Wand und von dort zu Duvalls linker Hand.
Ihre Bluse war in Höhe der Brüste und am Bauch mit geronnenem Blut verschmiert. Die langen Haare hingen ihr ins Gesicht, bedeckten es fast bis hinunter zum Kinn. Ihr hängender Kopf bewegte sich nicht.
Benn war geschockt. Er war voller Leere.
Da war kein Hass auf Duvall, da war kein Mitleid für seine Frau. Der Schock sog alle Gefühle aus ihm heraus. Sein Kopf war ein vollkommenes Vakuum.
Mit dem zweiten Blick nahm er die an der rechten Schulter zerrissene Bluse wahr. Sein Blick wanderte nach unten. Ihre Hose am
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