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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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zerstört er dich, gewinnt Macht über dich. Lass es nicht zu. Hörst du, lass es nicht zu!« Sie verstummte, sprach dann noch leiser weiter. »Er hatte sein Schicksal, Kemper hat seines, ich habe meines, und du hast deins.«
    Die vorletzte Kerze erlosch.
    »Benn, ich habe einen Wunsch.«
    Er verstand sie kaum noch, obwohl er sich mit dem Ohr dicht an ihren Mund beugte.
    »Ich will nicht in diesem Raum sterben. Ich will ...«
    Sanft löste er sich, ließ sie vorsichtig auf den Boden gleiten. Dann hockte er sich hin, griff mit den Händen unter ihren Körper und hob sie hoch.
    Mit zitternden Beinen stapfte er durch den Raum, durchquerte dann den Hauptraum der Baracke. Mit dem Fuß stieß er die Barackentür auf.
    »Erinnerst du dich, wann du mich das letzte Mal so getragen hast?«
    Ihre Stimme war nicht einmal mehr ein Windhauch. Benn zitterten schlagartig die Arme.
    »Ja.« Ihr getrübter Blick glitt über sein Gesicht, bis sie sich ansahen.
    »Sag es.«
    Ihm schossen die Tränen in die Augen.
    »Ich habe dich bei unserer Hochzeit so über die Schwelle getragen.«
    Er konnte nicht mehr. Er drehte den Kopf zur Seite und trat hinaus. Vor der Baracke blieb er stehen.
    »Die Nacht ist klar, oder?«
    »Die Nacht ist sternenklar.«
    »Benn, Benn, ich sehe nichts mehr ...«
     
    Ela Stein erreichte als Erste die Baracke.
    Einer der Polizisten hatte in der Jacke des toten Fahrers einen vergrößerten Kartenausschnitt mit einem markierenden Kreuz gefunden.
    Sie hörte sein leises Schluchzen und wusste sofort, was geschehen war.
    Er saß auf einem Felsbrocken, seine Frau in den Armen.
    Ihre starren Augen blickten in das von Sternen übersäte Firmament.
     
     

Sechster Tag
     
    SAMSTAG
    29. OKTOBER 2016
     

Epilog
    Die Aula Magna der Universität Stockholm war einem Amphitheater nachempfunden, auf dessen Bühne ein ständiges Blitzlichtgewitter niederging. Das annähernd elfhundert Menschen fassende Rund war vor der Bühne überfüllt mit Kamerateams, Fotografen und Journalisten der unterschiedlichsten Coleur.
    Auf der Bühne stand eine Reihe Konferenztische frontal in Richtung des Auditoriums. Kami-Passang saß zwischen dem Energieminister und seinem Assistenten Malves; auf der anderen Seite des Ministers hatten Rainer Kemper und ein deutscher Regierungsvertreter Platz genommen, der sich mit Hagen vorgestellt hatte.
    Hinter ihnen war auf einer riesigen Leinwand die Großaufnahme einer Turbine als Schlussbild des Informationsfilms zu sehen. Die erste Aufregung war vorbei. Energieminister Chao hatte in die Thematik eingeführt und die Sensation gelüftet. Kami-Passang hatte anschließend seinen Großversuch anhand des Films erklärt. Nun konzentrierte sich alle Aufmerksamkeit auf Rainer Kemper, der vom Energieminister als der Held der sensationellen Erfindung vorgestellt worden war, und die Nutzung in die Hand des Landes legte, in dem er seine Erfindung gemacht hatte.
    Kami-Passang hörte den Ausführungen Kempers ohne Neid zu. Tatsächlich war er froh, nicht im Mittelpunkt zu stehen.
    Er mochte Kemper nicht. Zu sehr hatte er sich bei ihrem ersten Treffen unter Aufsicht des Energieministers und des CIA-Direktors am Mittag schon nach wenigen Sekunden in seiner Bedeutung gesonnt und alle immer wieder spüren lassen, dass ihm, nur ihm allein der Ruhm der Erfindung zustand.
    So sollte es sein, dachte Kami-Passang. Es war ja auch so.
    Er dachte nicht daran, sich in den Vordergrund zu drängen. Er würde weiter für seinen Anteil am Erfolg eintreten, aber für mehr nicht. Er genoss die Leichtigkeit, nachdem ihm am Mittag klar geworden war, dass man ihn nicht zwingen würde, sich mit fremden Federn zu schmücken.
    »Ein erhabener Moment, nicht wahr?«, flüsterte Malves neben ihm, während Kemper gerade auf eine Journalistenfrage hin den entscheidenden Moment der Erfindung schilderte.
    »Ja«, sagte Kami-Passang und dachte: nein.
    Nein, das war kein erhabener Moment für die Wissenschaft. Und auch nicht für ihn. Er wusste zu viel über den Sumpf, den Dreck hinter der glänzenden Fassade, dachte an Browns Niedertracht und sein menschenverachtendes, sogar Mord in Kauf nehmendes Verhalten.
    All die Journalisten, Wissenschaftler und Gäste im Auditorium und in der Welt würden davon niemals erfahren. Jedenfalls nicht von ihm. Nach den Worten Browns über seine Kinder hatte er eine unverrückbare Entscheidung getroffen. Seine Kinder würde er nicht in Gefahr bringen. Sein Mund würde für immer verschlossen bleiben.
    Nach seiner

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