Die Quelle
seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen, womöglich aber überlegte
er noch, wieviel von seinem Wissen er Leathan mitteilen wollte. „...Lidriak
spricht plötzlich laut davon, doch nicht Marinda heiraten zu wollen. Er
will hier in Anthalia bleiben. Das kann nur bedeuten, dass er viel Geld in
Aussicht hat, das er nicht mit dem Clan teilen will. Das ist alles was ich
weiß. Nun liegt es an dir...“ Er lächelte als er seinen letzten Satz
aussprach. „...Mit dieser Information und mit dem Fakt, dass keiner meiner
Leute versucht hat, dich oder die Krieger Isentiens vom Pferd zu stoßen,
sind wir quitt, denke ich. Was meinst du?“
Leathan lächelte und antwortete im Gehen. „Diese
Entscheidung liegt bei dir. Aber sicher ist, dass ich für deine guten
Ohren sehr dankbar bin.“
Auch ohne hinzusehen, wusste er, dass Sulidian noch immer
zu ihm sah. Er vermutete die Sympathie und Achtung des Clananführers
gewonnen zu haben, auch wenn es ihm nun im Kampf kaum mehr etwas bringen
würde.
Sihldan lag in der Sonne und wirkte, als sei er
eingeschlafen. Als Leathan sich neben ihn setzte, sprach sein Freund ihn jedoch
an, ohne auch nur eine Spur wacher zu wirken.
„Neue Freunde oder stilles Säbelrasseln?“
Leathan legte sich neben ihn in das Gras. „Das wird sich
noch zeigen… Was weißt du über ihn.“
„Sulidian hat erst vor vier, fünf Jahren Anthalions
Göttlichkeit erkannt. Zuvor hat er sein Clan unter dem Banner Gowirialis
gegen Anthalia geführt. Nicht nur haben sich ihm sämtliche
Nomadenclans des Ostens angeschlossen, er war auch der Armeeanführer
Gowirialis. Es gibt viele Legenden um ihn. Ich habe ihn selbst in Schlachten
erlebt, damals, als unser Clan noch in den Kriegsgebieten weilen musste.
Sulidian war ein großer Krieger, ein außergewöhnlicher
Stratege und ein Mann von Ehre. Ich glaube, noch nie hat die Steppe einen größeren
Clan, als Sulidians Clan gesehen. Wie es jedoch jetzt um ihn steht, kann ich
dir nicht sagen. Es ist still um ihn geworden, seit er an der Seite von Anthalias
Armee kämpft. Er hat seine Krieger zwar oft in Schlachten gegen Gowiriali
geführt, dennoch hat Anthalia noch immer nicht gesiegt. Verwunderlich,
wenn du mich fragst. Doch wenn Anthalion ihm traut, wer bin dann ich, an ihm zu
zweifeln?“
„Eine interessante Geschichte…“
„Möglicherweise... Für dein Volk, ja… Aber
willst du einem Mann vertrauen, der seine Heimat verraten hat? Ich respektiere
einen ehrenvollen Gegner mehr, denn einen Verbündeten, der nicht sicher
ist, einer sein zu wollen. Wie könnte man ihm denn je trauen, der sich so
wankelmütig gezeigt hat?“
„Durch Telepathie erfährt man einiges.“
„Doch hier und jetzt, darfst du keine verwenden. Du
hältst dich hoffentlich an den Anweisungen Anthalions.“
„Natürlich.“
„Dann denk an meine Worte, und hüte dich vor
Freunden, die es noch nötig haben, bei Anthalion einen guten Eindruck zu
schinden.“
*
Der Nachmittag verlief ohne Zwischenfälle. Das
wäre auch kaum möglich gewesen, da die Wettkämpfe die
Geschicklichkeit zu Pferd und die Präzision mit Pfeil und Bogen
beinhalteten. Eine direkte Konfrontation mit einem Gegner gab es nicht.
Am Ende des Tages stand der erste Verlierer fest. Wie in
allen Jahren zuvor, waren es wieder die Krieger von Mikdalis Clan, die mit
gesenktem Haupt Anthalia verlassen mussten. Sie lebten in sumpfigen Gebieten,
wo sie nicht nur Hunger erleiden mussten, sondern auch kaum Gelegenheiten hatten,
auf Pferden zu reiten, um zu üben. Die Krieger wirkten niedergeschlagen
und Leathan musste sein Mitleid für sie verbergen, um ihre Schmach nicht
noch unerträglicher zu machen.
Sulidians Clan, als Sieger des Tages, durfte darüber
entscheiden, wer ihr erster Gegner werden sollte. Viele hofften, ihre Wahl
würde auf Isentiens Clan fallen. Die Sieger des Vorjahres im Kampf gegen
die Favoriten, das wäre der Höhepunkt des Turniers geworden! Die
Arena wartete in angespannter Stille, dass Sulidian seine Entscheidung traf.
Alle Krieger saßen in ihren Sätteln, ihre Blicke auf Sulidian
geheftet. Mit einer Lanze in der Hand verneigte sich Sulidian vor der Loge
Anthalions und ritt zu den Clans zurück. Seine Lanze senkte er zur Herausforderung
vor Higasians Clan, die Letztplatzierten, die noch im Rennen waren. Diese Wahl
wurde vom Volk mit lauten Buhrufen kommentiert.
Eine bewundernswerte Entscheidung, wie Leathan fand. Sulidian
hatte mutig entschieden. Er wollte keinen Ruhm, er wollte das Überleben
seiner
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