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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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auf den Weg dorthin, wo niemand hinwollte. Zwei Tyrrfholyn schickten sie als Boten nach Kerr-Dywwen, um zu berichten, dass die Truppe länger unterwegs sein würde.
    » Gebt acht an den Flüssen! « , ermahnte Enygme sie. » Wir dürfen niemanden mehr verlieren. Unsere Verluste sind bereits zu hoch. «
    Sie wusste, in einem von einer unbekannten Macht gesteuerten Krieg würden die Verluste bald noch höher werden.
    Die Schatten wurden länger. Sie würden irgendwo übernachten müssen. Die Trutzberge waren nicht so schnell zu erreichen. In ihrer immensen Größe wirkten sie zwar immer nah, aber der Eindruck täuschte.
    Niemand hier trabte gern in diese Richtung. Norden. Das Ende der Möglichkeiten. Die unergründliche Macht der Berge und ihre Unüberwindbarkeit ließen alles andere Leben in Talunys klein und schwach wirken. Je näher sie an die Berge herankamen, desto wilder und einsamer wurde das Land. Einhörner hielten sich nicht gerne hier auf, nicht einmal die Re-Gyurim, zu deren Hoheitsgebiet der Landstrich gehörte. Selbst die Menschen, die das Dräuen der Berge mit weit weniger feinem Sinn erspüren konnten als die Tyrrfholyn, siedelten lieber in den fruchtbaren Ebenen weiter südlich.
    Diese ließ der Trupp nun hinter sich. Nur vereinzelt mochte man hier noch auf Dörfer stoßen. Enygme wäre am liebsten die Nacht durchgaloppiert. Sie war getrieben von dem dringenden Wunsch, eine Antwort zu finden, als könnte sie das alle retten. Doch sie war vernünftig genug, ihre Begleiter nicht zu überfordern. Sie würden irgendwann auf etwas stoßen, das ihnen nicht wohlgesonnen war – wahrscheinlich früher, als ihnen lieb war. Dann sollten sie ausgeschlafen und kampfbereit sein. Sie benötigten alle eine Pause, und so ließ Enygme die Truppe anhalten, als sie nach einem Waldstück wieder auf freies Gelände trafen, auf dem Gras wuchs. Hier konnte man Feinde von Weitem kommen sehen. Es gab Wasser, doch die Quelle war winzig, nur ein schmaler Wasserstrahl, der aus einem Felsen sickerte. Dennoch ließ Enygme ihn bewachen, auch wenn sie nicht glaubte, dass die Uruschge durch ein solches Rinnsal zu kommen vermochten. Genau wusste das jedoch niemand.
    Die Tyrrfholyn grasten und ruhten. Sie wechselten sich in der Bewachung ihres Nachtlagers ab. Enygme war froh, dass sie keine Menschen mitgenommen hatte. Für sie hätte Proviant mitgeschleppt werden müssen. Sie hätten reiten müssen, und ihre Pferde hätten jenes Element der Unberechenbarkeit zu dem Trupp gebracht, das Enygme vermeiden wollte.
    Es gab nicht viele Pferde in Talunys. Die Tyrrfholyn fühlten sich ihnen nicht allzu verwandt, obgleich sie wussten, dass sie möglicherweise vor langer Zeit aus dem gleichen Ursprung hervorgegangen waren.
    Die Menschen jedoch brauchten Pferde. Sie waren für die Landarbeit nützlich und verhalfen ihnen zu der Geschwindigkeit, die sie ansonsten nicht hatten. Doch die Tiere waren nervös und umso schreckhafter, wenn Tyrrfholyn in der Nähe waren. Kein Tyrrfholyn in Menschengestalt würde ein Pferd reiten, denn kaum eines würde ihn nahe genug an sich herankommen lassen. Junge Einhörner versuchten es bisweilen, doch Reiten war etwas, das die Menschen besser konnten.
    Noch waren sie nicht am Ziel, doch die Landschaft wurde zusehends unwirtlicher. Die ehemals schmucken Haine waren in den letzten Stunden immer häufiger vereinzelten Bäumen gewichen, die wild und willkürlich wuchsen. Das Buschwerk wirkte zerzaust, und flache Ebenen, die früher einmal Felder gewesen waren, lagen brach und waren wieder zu verwucherten Wiesen geworden. Gelegentlich hatten sich Felsen aus dem Boden erhoben, als wären sie wie Zähne aus der Tiefe mit hochgedrückt worden, als das Gebirge im Norden plötzlich emporgeschossen war. Die Wildheit der Landschaft hatte eine eigentümliche, wenngleich auch beunruhigende Schönheit, und überall spürte man die Anwesenheit des Wassers, das von den nahen Bergen herabfloss.
    Enygme hatte sich allein an den Rand des Lagers gestellt, in dessen Mitte all die Tyrrfholyn rasteten, die nicht zum Wachdienst eingeteilt waren. Manche ruhten, manche unterhielten sich leise. Der Fürstin war jedoch nicht nach einer weiteren Diskussion. Sie sann über einen Plan nach, wie Talunys besser geschützt werden konnte. Sie würden ihre Kenntnisse und Fähigkeiten schärfen müssen, vor allem die der Kommunikation über weite Strecken hinweg. Doch das Senden von Nachrichten auf mentalem Weg war nicht vielen Einhörnern gegeben, und

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