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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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andere Wesen ausgebeutet. «
    » Und hatten die keine Rechte? «
    » Nicht unter ihrer Herrschaft. «
    Sie starrte ihn entsetzt an. » Intelligente, fühlende Wesen! «
    » Und vermutlich hochbegabt. «
    » Du kannst so etwas auch! « , stieß sie hervor. » Du hast es schon mit mir gemacht. «
    Er streckte seine Hand nach ihr aus, doch sie zuckte zurück.
    » Ja « , sagte er mit verschlossenem Gesichtsausdruck. » Und vielleicht magst du dich noch an das Gespräch erinnern, das wir danach geführt haben. Wie war das noch mit unserem Deal? «
    » O mein Gott! «
    Darauf sagte er eine Weile nichts, sah sie nur mit großen Augen an. Schließlich deutete er auf die Toten.
    » Sie sind schon vor langer Zeit gestorben! « , flüsterte er. » Es sieht so aus, als hätte hier seit Generationen keiner mehr gesungen. «
    » Außer mir. «
    » Una, ich werde dir nichts tun … «
    » … außer dir geht grade mal wieder die Energie aus … «
    » Wir hatten darüber geredet. Du hast selbst angeboten … «
    » Ich wusste doch nicht, dass das so endet! « Una deutete mit einer ausladenden Bewegung über die Gerippe. Sie versuchte, sie zu zählen. Sie kam auf zwölf Tote. Oder waren es mehr? Schädel. Sie musste Schädel zählen. Ihr Blick flog von einem Knochenhaufen zum nächsten. Hatte sich dort etwas bewegt?
    Kanura hob die Hände, als wollte er zu einer Erklärung ansetzen, ließ sie dann jedoch sinken und zeigte mit dem Kopf auf die niedrige Öffnung, durch die sie gekommen waren.
    » Wir müssen hier raus « , sagte er nur.
    Zurück ins Dunkel. Weg von den Gebeinen. Einem Feind entgegen, der über ihnen im Licht auf sie warten mochte. Oder zurück in den Kerker? Waren die Kentauren die weniger zu fürchtende Alternative?
    » Und wohin? «
    Kanura legte den Kopf in den Nacken und blickte hoch zu den Lichtspalten. In den nach unten breiter werdenden Strahlen tanzten Staubpartikel. Noch war es draußen hell. Oder war es wieder hell? Una hatte jedes Zeitgefühl verloren. Wie lange war sie ohnmächtig gewesen, nachdem sie gesungen hatte? Wie lange waren sie im Dunkeln herumgekrochen? Wie lang war ein Tag in dieser Welt? Sie wusste es nicht.
    » Dort hinauf muss der Klang getönt haben. Wer immer gelauscht hat, tat es von dort oben. Dort sollten wir eine Antwort finden. Auf der anderen Seite der Wand « , meinte Kanura.
    Was immer dort lauerte, es konnte nicht gut sein.
    » Ohne eine Treppe oder eine Leiter kommt man hier nicht hoch « , murmelte sie.
    » Ja, und selbst wenn wir eine hätten, die Wandscharten sind zu schmal für uns. Sie lassen nur Töne durch. Wir müssen zurück. Ich gehe vor. «
    Er legte sich wieder auf den Boden und zog sich zurück in den engen Tunnel. Erst jetzt sah Una, dass darüber einst ein Fallgitter angebracht gewesen war. Es hatte der Zeit nicht standgehalten. Das war gut so, denn sonst wären sie in diesem Raum so gefangen gewesen wie die Barden, die darin ihr Leben gelassen hatten.
    Es war Una ein Gräuel, aber sie schob die Leiche an der Öffnung mit dem Fuß beiseite, da sie sie auf keinen Fall noch einmal mit den Händen berühren wollte. Der Schädel rollte ein Stück, und die leeren Augenhöhlen schienen sie vorwurfsvoll anzusehen. Zähne grinsten sie an.
    » Verzeih mir! « , murmelte sie, sah sich dann noch einmal um. » Ruhet in Frieden! « , murmelte sie in den Raum und legte ihre ganze Hoffnung in diesen Wunsch.
    Dann kroch sie Kanura hinterher, in die Dunkelheit.

Kapitel 42
    Die Schritte klangen laut auf dem felsigen Grund. Der Suchende hielt an. So ging es hier nicht weiter. Ein Blick ging in die weiten Höhen bis zu den Wolken. Ein Fuß nach dem anderen wurde gesetzt. Aufwärts, steil. Hände zogen sich am Fels entlang. Ungewohnt.
    Der Besucher war nicht begeistert von dem Treffpunkt. Doch die Sonne stand an der vereinbarten Stelle und markierte so die richtige Zeit. Nur der richtige Ort war noch zu finden.
    Er kletterte ungern. Das Gebirge wirkte von Weitem glatt, doch wenn man darin herumsteigen sollte, war es scharfkantig und schroff. Die sechseckige Form der Säulen ließ einen zunächst glauben, hier hätte ein Baumeister, ein Traumwerker mit Hammer und Meißel gewirkt. Doch Talunys selbst hatte die Architektur entworfen. Ihre Schönheit hatte etwas Erschreckendes, umso mehr, als die Zahl der Säulen so unendlich war wie ihr Streben gen Himmel.
    Die einzelnen Plattformen der Steinstelen waren zu weit voneinander entfernt, um als bequeme Stufen benutzt zu werden, und zu klein,

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