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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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dieser nicht wichtig und auch kein großes Hindernis. Der Pferdemensch hatte nun zwei Messer aus seinem Bandelier gezogen und hielt sie in den Händen. Plötzlich hatte Una das Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben. Es schien unendlich lange her, dass Kanura so vor einem dieser Wesen gestanden hatte, seine Waffe in der Hand. Hatte er den Kampf gewonnen? Una war sich nicht sicher.
    Vermutlich waren diese Wesen schwer zu besiegen.
    Der Angriff erfolgte so schnell, dass Una vor Schreck zu schreien begann. Das Pony mit den Wuschelhufen und dem plüschigen Fell hatte sich verändert – von einem Augenblick zum nächsten, so rasch, dass man nur das Ergebnis sah und nicht die Wandlung selbst.
    Was da stand, war nicht mehr niedlich. Es war größer geworden. Das Fell war fort; seine Haut war spiegelglatt, dunkel und glitschig. Die Hufe waren gespalten und liefen vorne spitz zu. Das Irrwitzigste aber waren die Hörner, die ähnlich wie bei einer Antilope lang und spitz waren. Es waren Waffen. Dagegen wirkte das Horn eines Einhorns beinahe harmlos und unschuldig.
    Mit diesem Wesen hatte sie in die Fluten springen wollen. Sie schauderte. Die Schwärze seiner Aura war selbst für Una fühlbar, die auf Auren und ähnlichen Kram gemeinhin pfiff. Doch diese hier war eindeutig böse.
    Das Tier senkte den Kopf und stieß nach dem Kentauren, der dem Angriff nur knapp auswich. Er schien auf seinen vier Beinen etwas ungelenk, als versuchte er sich in einem Körper zu bewegen, der ihm nicht richtig passte. Er trippelte zur Seite, stach mit der einen Klinge zu, dann mit der anderen.
    Doch der Kelpie wich aus, war so gelenkig wie Wasserkreaturen das sonst nur im Wasser waren. Die beiden großen Fabelwesen fuhren herum, sprangen seitlich aneinander vorbei, umrundeten sich, ohne sich aus den Augen zu lassen. Wieder fuhren Klingen und Hörner durch die Luft. Dann schrie der Kentaur auf, und Blut spritzte über den nassen Boden. Viel Blut. Es mischte sich mit dem Wasser.
    Panisch schielte Una nach dem Ausgang, kroch an der Wand entlang, wollte ausnützen, dass die beiden Feinde einander bekämpften. Doch diese hatten sie nicht vergessen. In dem Augenblick, als der Kentaur verletzt zurückfuhr, drehte der Kelpie sich elegant auf den Hinterfüßen und war plötzlich fast über ihr. Sie erstarrte, als sie die langen Zähne auf sich zukommen sah. Er würde ihr die Kehle durchbeißen.
    Er schnappte zu, und Una jaulte auf. Doch das Wesen hatte nur ihre Schulter erwischt und schleuderte sie auf den Brunnen zu wie eine Stoffpuppe. Sie knallte gegen den steinernen Brunnenrand und rang nach Atem, da der Aufprall ihr die Luft aus den Lungen gedrückt hatte.
    Aus den Augenwinkeln konnte sie den Kentauren erneut angreifen sehen. Dunkles Blut lief ihm über den menschlichen Oberkörper, und seine Bewegungen waren unkoordiniert, aber sehr wütend. Ein Arm hing herunter, und er hielt nur noch eine Waffe in der anderen Hand.
    Er holte aus. Alles schien sich zu verschieben. Unas Blickwinkel war völlig schräg, die Welt schien aus den Angeln gehoben. Wasser stob auf und vernebelte für den Bruchteil einer Sekunde die Sicht. Der Kentaur brüllte zornig auf. Im nächsten Moment war der Kelpie verschwunden. Stattdessen nahm Una direkt neben sich eine menschliche Gestalt wahr.
    Sie wirbelte herum und blickte … in ihr eigenes Gesicht. Eine Hand griff nach ihrem Arm, zog sie ungeheuer schnell und kräftig zum Wasser, während der Kentaur noch verwirrt auf die beiden Unas blickte. Wer war wer?
    Sein langes Messer schlug nach beiden Unas gleichzeitig. Doch da, wo Una eben noch gehockt hatte, war sie nicht mehr. Sie fiel rückwärts in den Brunnen. Sie beide fielen, Una eins und Una zwei, die eine an die andere geklammert, im Durcheinander der Identitäten.
    Als das Wasser über ihr zusammenklatschte, wusste Una, dass nur eine von ihnen ertrinken würde.

Kapitel 49
    Una versank blutend in der Quelle, und das Wasser färbte sich rot, schwappte rosa über den Rand. Dann wurde die Oberfläche wieder glatt. Es war still.
    Die beiden Einhörner standen noch immer wachsam und zum Sprung bereit an der St. Caolán’s Quelle, die Waffen in der Hand. Irene hatte aufgehört zu schreien. Das Entsetzen lähmte sie. Mühsam versuchte sie, sich aufzurappeln. Esteron drehte sich nach ihr um. Sie blickte in sein Gesicht, und mit einem Mal stand sie, sprang vor und schlug mit den Fäusten auf ihn ein.
    Die Verzweiflung verlieh ihr ungeahnte Kraft. Sie wollte ihm wehtun. Sie hatte ihm

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