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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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lassen, als wäre die weite, karge Ebene so nah an den Trutzbergen irgendwie sicherer. Das war sie nicht.
    Kanura hatte sich schließlich durchgesetzt. Er war Widerworte nicht gewöhnt, schon gar nicht von Menschen. Nicht, dass sie kein Recht auf eine eigene Meinung hatten. Doch die Achtung, die sie den Tyrrfholyn als Herrscher über Talunys entgegenbrachten, hieß, dass auch abweichende Ansichten stets mit einem gewissen Respekt geäußert wurden.
    Niemals hatte jemand bislang seine Meinung als » saudumm « bezeichnet.
    Una hatte überhaupt keinen Respekt. Das zierliche Mädchen, das ihm noch nicht einmal bis zur Schulter reichte und dessen zarte Knochen er vermutlich mit einer Hand hätte brechen können, sah ihn als ebenbürtiges Wesen an, nicht aber als Herrscher. Er musste das akzeptieren, denn hier war er genau das: Gefährte, aber nicht Prinz. Und ob er überhaupt noch ein Einhorn war … Doch darüber wollte er nicht nachdenken. Es schmerzte zu sehr.
    Sie verstand seinen Schmerz nicht. Die Tatsache, dass er an dem Verlust seines Horns zugrunde gehen würde, hatte sie entsetzt. Sie wollte ihn nicht verlieren – was nicht unbedingt ein Zeichen ihrer Zuneigung für ihn sein musste. Vielleicht hatte sie lediglich Angst, ohne ihn verloren zu sein.
    Das Klacken von Hufen auf dem Steinboden riss Kanura aus seinen Gedanken.
    » Hier rein! « , flüsterte er hastig. Er wollte hochspringen, um die Türautomatik mit seiner Schläfe auszulösen, doch Una hatte bereits tief am Boden eine Art Knauf gefunden, mit dem sie die Tür öffnete. Tatsächlich sprang denn auch nur der untere Teil einer zweigeteilten Türe auf, und sie mussten wieder auf den Knien hindurchkriechen. Hinter sich schloss Kanura leise die Türklappe. Dann kam er wieder auf die Füße, stellte sich schützend vor Una. Die Schritte hörten vor der Tür auf. Einen Augenblick lang hörte Kanura nur sich und Una atmen. Dann vernahm er schlecht gelaunte Stimmen.
    » Ich habe was gehört. Ich wette, sie stecken da drin. «
    » Es ist eine Sperrtür. Nur Einhörner können sie öffnen. Und Sklaven können unten durchkrabbeln, um zu dienen. «
    » Wenn das Einhorn drin ist, weiß es jetzt, wozu es gehört. «
    Meckerndes Gelächter erklang – unnatürlich und viel zu laut, als müssten sich die Kentauren selbst beweisen, wie lustig sie waren.
    » Das Keinhorn, meinst du wohl! « , grölte einer schließlich.
    Wieder dieses gezwungene Gelächter. Kanuras ballte die Fäuste. Er fühlte Wut in sich aufsteigen und unterdrückte den Impuls, gegen die Tür zu hämmern oder nach draußen zu stürmen, um den widerlichen Kreaturen eins auf die Nase zu geben, nur mühsam.
    Unas Hand berührte ihn am Oberarm. Sie fühlte wohl, was in ihm vorging, und versuchte, ihn zu beruhigen. Doch ihre Geste war nicht beruhigend. In seinem Zorn wollte er nicht angefasst werden.
    Er atmete tief durch, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Das Wesen der Kentauren war ansteckend. Sie versprühten dummdreiste Aggression, und wenn man nicht aufpasste, ließ man sich ebenfalls dazu verführen. Natürlich würde er gegen sie verlieren, wenn er sie in seiner jetzigen Gestalt bekämpfte. Abgesehen davon würde er ihr Versteck preisgeben und Una damit in Gefahr bringen. Sie waren hier sicher. Die Kentauren konnten nicht durch die Sperrtüren. Diesen einen Vorteil hatte er noch, solange er genügend Magie zusammenkratzen konnte, um sie mit der Schläfe zu öffnen – oder als Sklave mit Una auf allen vieren durch die unteren Öffnungen krabbelte.
    Sklave. Es war ein Begriff, den er zutiefst verabscheute. Er sah sich um. Der Raum war reich geschmückt und wirkte wie ein wichtiger Vorraum, noch prächtiger als die Gänge, mit edelsteinglitzernden Mosaiken, die ernste und mächtige Einhörner zeigten. Verblasste Gobelins hingen von goldenen Ketten. Die Fenster waren mit buntem Glas verziert. Auf einer Seite befanden sich riesige Flügeltüren, die mit wuchtigen Schnitzereien verziert waren. Hier ging es sicher in ein wichtiges Gelass.
    Er lauschte.
    Von draußen ertönten Schläge und Tritte gegen das Holz der Tür, die sie als Einziges von ihren Feinden trennte. Damit, dass die Kentauren tatsächlich versuchen würden, die Tür aufzubrechen, hatte er nicht gerechnet. Offenbar hatten sie keine Angst vor den Mardoryx, die so etwas in ihrer Burg sicher nicht gutheißen würden.
    Was sagte das über die Mardoryx aus? Warum waren Una und er bislang noch keinem von ihnen begegnet?
    Una war

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