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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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kein Mardoryx. « Dass sie ihn selbst für einen irren Mörder gehalten hatte, behielt sie besser für sich.
    » Einhorn. « Das klang abwertend.
    » Er ist kein Freund der Mardoryx. Und die Kentauren mögen uns auch nicht. Wir wollen nur hier weg. «
    » Kein Weg. «
    » Es gibt immer einen Weg! « Una behauptete das mit einer Zuversicht, die sie nicht verspürte. » Durch die Quellen. Durch die Berge. Drüber weg. Irgendwie. « Die beiden starrten sie wieder an, als wäre sie total verrückt.
    » Wesen zu groß für tiefen Schlupf « , sagte Yurli ein weiteres Mal. » Kein Weg. Große Gänge bringen Tod. SIE ist dort. «
    Also gab es große Gänge. Das war doch schon mal etwas. Kanura wusste das nicht. Dieses massive Gebirge, das aussah wie eine schwarzgraue, großkristalline Wand, hatte offenbar Löcher. Todbringende Löcher und zu kleine Löcher. Aber immerhin Löcher.
    » Menschen ertrinken im Wasser « , sagte der Schamane. » Über die Berge führt kein Weg. Sie reichen in den Himmel. Ohne Ende. «
    Una erinnerte sich, dass sie die Gipfel nicht gesehen hatte. Nur Wolken. Aber dass man das obere Ende des Gebirges nicht sah, hieß nicht, dass es keines gab. Und ein Volk, das lieber still in dunklen Höhlen verharrte, als sich zu wehren, hatte gewiss keine Bergexpeditionen ausgerüstet, um rauszufinden, ob es nur rauf oder auf der anderen Seite wieder runter ging und ob es dazwischen vielleicht freundliche Klöster oder gastliche Yetis gab.
    » Alles hat ein Ende – nur die Wurst hat zwei « , sagte Una ernsthaft und fügte dann hinzu: » Dies ist das Wort des Neuen Gesetzes. «
    Vielleicht sollte sie mit diesen Menschen einen riesigen Fesselballon bauen und einfach über die Berge hinwegfliegen. Doch zuerst musste sie Kanura finden. Und dazu musste sie aus diesem Sack raus.

Kapitel 64
    Dass Irene ausgerechnet an weiche Pferdenüstern denken musste, als die Lippen ihres Gastes sie zart an der Wange berührten, verunsicherte sie. Sie lag im Bett und zitterte. Der Tag war einfach zu viel gewesen. Sie fühlte sich wie ein Uhrwerk, das man zu weit aufgezogen hatte und das vor lauter Spannung auseinanderzubrechen drohte. Sie vibrierte regelrecht von innen heraus.
    Sie war so müde, aber an Schlaf war nicht zu denken. Sie schaffte es nicht einmal, die Augen zu schließen. Immer wenn sie es tat, droschen die Bilder ihrer Erlebnisse wieder auf sie ein. Gesprächsfetzen tobten ihr durch den Kopf, als hörte sie sie immer noch, wieder und wieder. Und immer der Schrei der blutenden Una, die im Wasser versank. Es war nicht ihre Tochter gewesen, versuchte sie sich ein ums andere Mal zu sagen. Aber was sie gesehen hatte, war nicht zu leugnen, auch wenn es nicht die Wahrheit war. Vermutlich nicht die Wahrheit. Hoffentlich.
    Dann die Göttin und der Held. Mit ihnen wusste Irene gar nichts anzufangen. An die reale Existenz altirischer Götter hatte sie ganz gewiss nicht geglaubt.
    Sicher waren die beiden keine Betrüger. Sie hatten gewusst, wer Esteron und Perjanu waren, ohne dass diese in ihrer eigentlichen Erscheinungsform zu sehen gewesen wären. Sie hatten gespürt, dass etwas geschehen war.
    Doch man konnte ihnen nicht trauen. Irene wusste nicht, was die Göttin wollte. Ergötzte sie sich an Krieg und Tod? War alles, was sie tat, darauf ausgerichtet, Unheil zu stiften – und Schmerz und Kampf? Und warum hatte Irene zugelassen, dass sie ihr Haus betraten? Warum hatte sie so leichtfertig ein Versprechen gegeben, von dem sie nicht wusste, was es bringen würde?
    Große, starke Hände strichen über Irenes Rücken. Esteron hatte sie dicht an sich herangezogen. Sie empfand das nicht als Zudringlichkeit, auch wenn ihr im Moment kaum nach Sex zumute war. Sie war viel zu aufgewühlt. Er spürte das.
    » Du hast Angst « , flüsterte er ihr ins Ohr. » Ich bin bei dir. Versuche zu schlafen. «
    Er sagte nicht, dass sie keinen Grund zur Angst hatte. Er war kein Lügner. Kein » Hab keine Angst, ist schon alles gut « kam ihm über die Lippen. Die weichen Lippen. Sie liebkosten ihr Gesicht ganz sacht. Etwas kippte in ihr, und sie konnte mit einem Mal ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Er küsste eine nach der anderen von ihren Wangen.
    » Weinen hilft « , sagte er. » Weine nur. Ich halte dich. «
    » Ich bin zu alt zum Weinen! « , wehrte sie sich.
    » Man ist nie zu alt für Gefühle « , widersprach er. Eine Weile schwiegen sie. Sie konnten beieinanderliegen. Sie konnten miteinander schweigen. Das allein war schon

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