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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Berge öffnete sich im Weiher. Irene wusste nicht, ob das Zufall war. Sie blickte einfach nur darauf, nahm das als Information, was sie bekommen konnte, in dem Wissen, dass sie doch nichts tun konnte, um die Verbindung aufrechtzuerhalten. Nichts außer weiter und weiter und weiter zu spielen und zu hoffen.
    Der Boden war inzwischen rot von Blut. Eine Gruppe Einhörner hatte sich in der Mitte formiert, um ihre Gefallenen und Verwundeten herum. Ihre Hörner waren nach außen gereckt. Im Kampf war eine Pause eingetreten, doch dass er nicht vorbei war, konnte man spüren.
    Eine zweite Gruppe von Einhörnern umrundete die erste in knappem Abstand. Zahlreiche der pelzigen Wesen rollten und watschelten ebenfalls um die zentrale Truppe herum, als warteten sie auf neue Befehle.
    Dann waren da noch die Uruschge, die schwarzledrigen Untiere mit den doppelten Hörnern und dem ziegenbockigen Gesicht. Sie lauerten. Sie harrten. Sicher würden sie nicht mehr lange warten. Irene wurde klar, wenn sich die einzelnen Gruppen gegen die restlichen Streiter in der Mitte verbünden würden, dann gäbe es Letztere bald nicht mehr. Die Fürstin sah aus, als wüsste auch sie das. Irenes Herz schlug für Enygme. Sie hatte die Einhornstute nie getroffen, doch ihr war klar, auf welcher Seite sie sein musste. Fast konnte sie die Liebe, die Esteron seiner Fürstin entgegenbrachte, in sich selbst spüren, wie etwas Wertvolles, das er ihr zum Abschied geschenkt hatte.
    Entschlossen stimmte sie eine neue Weise an, wusste kaum, was.
    Hörner krachten gegen Hörner.
    Das Bild zerfloss, und Irene zischte frustriert. Zeit verrann. Die Dunkelheit schob sich manchmal wie eine Fotoblende von außen nach innen vor Irenes Augen. Ihre Müdigkeit forderte ihren Tribut. Sie riss die Augen wieder auf, zitterte vor Kälte.
    Nun konnte sie das Schattenwesen wieder im Spiegel des Wassers sehen. Es harrte in einem der Gänge, starrte auf etwas. Dann konnte Irene Una singen hören. Sie war offenbar ganz in der Nähe und wusste nicht einmal, dass sie in Gefahr war.
    » Una! Pass auf! « , rief Irene, doch weder das Schattenwesen noch Una hörten sie. Das Bild zerstob.
    Schließlich sah sie Einhörner in einem gigantischen Saal. Scheinbar Unmengen von Einhörnern. Sie stampften und stiegen, schrien und wirbelten wild herum. Ihre Augen waren vor Panik und Wut weit aufgerissen. Manche tänzelten rückwärts. Andere standen nur da, unendlich konzentriert, fast schon entrückt. Wieder andere versuchten wohl, eine Art Ordnung in das Geschehen zu bekommen, doch sie scheiterten. Weder eine Rang- noch eine Schlachtordnung ließ sich herstellen.
    Irene erkannte den Raum. Una war von hier durch die Energie nach oben gestiegen. Da hatten die Einhörner noch geruht. Nun ruhten sie nicht mehr. Auch hier war Krieg entbrannt. Menschen gegen Einhörner. Wer das gewinnen würde, war keine Frage.
    Schon schob sich ein erster Mensch von der Plattform, auf der sie dicht an dicht standen. Dann ein zweiter. Eng aneinandergedrängt schoben sie sich Zentimeter um Zentimeter in Richtung Tür. Manchmal bückten sie sich und hoben Waffen auf, die auf dem Boden herumlagen. Sie griffen nicht an, starrten nur argwöhnisch auf die sie umgebenden Vierbeiner. Hass lag in diesen Blicken – und Angst. Aber auch zunehmend etwas wie Genugtuung.
    Irgendwann formierte sich eine Gruppe Einhörner und stellte sich den Menschen entgegen. Sie konzentrierten sich. Jetzt würden sie mit ihrer Magie die Menschen vernichten!
    Eine provisorische Keule schlug nach einem Horn. Der Mardoryx taumelte. Seine Gefährten wandten ihre Hörner gegen die Menschen, erwarteten, dass etwas geschah.
    Doch sie bewirkten nichts.
    Die Menschen rannten. Sie wichen den Einhörnern aus, so gut es ging, im Vorteil gegenüber Feinden, die mit sich selbst noch allzu beschäftigt schienen. Es war, als suchten sie etwas, das nicht mehr da war.
    Man konnte sehen, dass sie schrien. Hören konnte man es nicht.

Kapitel 90
    Es war nicht einfach zu singen, wenn man Angst hatte. Und Una hatte fürchterliche Angst.
    Die Liebe, die sie und Kanura geteilt hatten, hatte sie zwar gestärkt, ihr Halt gegeben. An ihrer Situation aber hatte sich nichts geändert, sie wusste nur, dass sie das Einhorn liebte. Wie es weitergehen sollte, wussten sie beide nicht.
    Eine Erkenntnis jagte die andere. Wieder geschahen Dinge, brachen über sie herein; keine Zeit, über das eine oder andere länger nachzudenken.
    Dass sie in einer Höhle ohne Ausgang waren und hier

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