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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Perjanu hätte schieben oder schleppen können, er hätte es getan. Das alte Einhorn blieb immer weiter zurück.
    Endlich näherten sie sich der Brücke. Sie war nicht breit genug, als dass man zu dritt nebeneinander darüber hinweglaufen hätte können. Nacheinander also.
    » Du zuerst! « , kam auch schon der Befehl seines Vaters.
    Kanura verstand, dass der Hra ihn schonen wollte. Er selbst hätte Perjanu zuerst hinübergelassen, doch der lag inzwischen eine Einhornlänge hinter ihnen. Kanura diskutierte nicht, er sprang mit einem großen Satz auf die Brücke. Seine Hufe ließen sie laut klappernd unter ihm erbeben. Auf den glatt geschliffenen Holzplanken hatte er etwas weniger Halt als auf der weichen Erde, und er schlitterte eher ans andere Ufer, als dass er lief.
    Er blickte sich um. Perjanu und sein Vater hatten sich vor der Brücke herumgeworfen und standen nun kampfbereit davor, die Hörner nach vorne gereckt.
    » Lauf! Berichte dem Hof! « , rief sein Vater.
    » Ich lasse euch hier nicht allein! « , begehrte Kanura auf und warf sich ebenfalls herum. Wenn er jetzt ging, würde er die beiden nie wiedersehen. Dann wäre dies ein Abschied für immer.
    » Es ist wichtig, dass der Hof weiß, was hier geschieht. Du bist der Prinz – dir darf nichts zustoßen. Renn! «
    Jedes Gefühl in Kanura sträubte sich dagegen, seinen Vater und den alten Lehrer dem sicheren Tod zu überlassen, um sich selbst zu retten. Noch während Kanura mit sich rang, erreichten die Uruschge die Brücke, und die ersten stürzten sich auf die beiden älteren Einhörner. Horn traf auf Horn, und das knöcherne Knallen hallte weit über die Ebene.
    Drei Uruschge, vier. Nacheinander kamen sie angerannt, wurden mehr, wurden unbesiegbar. Wieder krachten Hörner aufeinander, die ersten Uruschge wichen zischend zurück, als aus dem Horn seines Vaters Blitze gegen die Feinde zuckten. Der Hra kämpfte mit mehr als nur Muskelkraft, seine ganze Magie warf er den Feinden entgegen. Kanura stand starr vor Erschütterung. Er hatte das noch nie gesehen.
    Kanura wusste, er sollte auf seinen Vater hören und den Hof in Kerr-Dywwen alarmieren, aber er konnte nicht. Schon war es auch zu spät dafür, denn die letzten drei Uruschge, die angaloppiert kamen, hielten nicht auf den Brückenaufgang zu, sondern glitten ins Wasser, in dem sie vollständig verschwanden. Sie waren auf dem Weg zur anderen Seite, zu ihm!
    Der Fluss wurde still, dann brodelte es, und bevor Kanura noch darüber nachdenken konnte, ob er den Befehl seines Vaters nicht doch noch ausführen sollte, brachen die drei Feinde aus den Fluten hervor und stürzten auf ihn zu – er musste sich dem Kampf stellen!
    Kanura konnte keine Blitze aus seinem Horn schleudern. Er hatte es noch nicht gelernt, war noch nicht Fürst – und würde es wohl auch nicht mehr werden. Denn jetzt galt es nur noch, tapfer zu sterben.
    Er sprang mit allen vier Hufen gleichzeitig in die Luft und drehte sich dabei so weit, dass er mit einem Hinterlauf ausschlagen konnte. Sein Huf traf auf harte Muskeln und ein erbostes Zischen verriet ihm, dass er seinen Gegner verletzt hatte.
    Schon stand er wieder, fuhr herum und stach mit seinem geschundenen Horn zu. Doch damit konnte er nur in eine Richtung stechen, und die drei Uruschge hatten ihn inzwischen eingekreist.
    Mit voller Wucht krachte ihm einer der Feinde in die Seite und schob ihn in Richtung Wasser. Kanura versuchte, mit den Hufen Halt auf dem rutschigen Boden zu finden, doch da stieß und schob ihn schon ein zweiter. Spitze Hörner stachen nach seinen Augen, und er riss den Kopf im letzten Moment steil hoch, um ihnen zu entgehen.
    Ein Biss von unten in den Hals ließ ihn aufschreien. Das letzte Ausweichmanöver war nicht gut durchdacht. Er versuchte, dem Beißer auszuweichen, kam dabei abermals ins Rutschen, und wieder krachten zwei riesige Leiber gegen ihn und rissen ihn von den Füßen.
    » Kanura, gib acht! « , erschallte ein Schrei von der anderen Seite des Sannen. Kurz durchzuckte Kanura die Gewissheit, dass dies das Letzte war, was er je von seinem Vater hören würde. In Bruchteilen von Sekunden begriff er, dass er sich nicht genug Mühe gegeben hatte, herauszufinden, wer seine Eltern waren – wer und wie sie waren, wenn sie etwas anderes als eben nur Eltern waren. Nun war es zu spät. Sein Vater würde hier sterben, ebenso wie er.
    Wasser schlug über Kanura zusammen. Er war kein schlechter Schwimmer, doch Tauchen lag den Tyrrfholyn nicht. Es gelang ihnen nicht,

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