Die Quellen Des Bösen
begangen, die ihn eines mehrfachen Todes schuldig sprachen.«
»Wenn aber einer der Strahlen dich, Fatja oder Arnarvaten durchbohrt, zu Asche verglüht hätte? Was dann?«, rief er verzweifelt und sprang auf. »Ich muss einen Weg finden, um diese Kräfte entweder loszuwerden oder sie zu kontrollieren. Beides wird schwierig, aber es muss mir gelingen.« Sonst treffe ich eines Tages wirklich die Falschen. »Ich muss mit Kalfaffel reden.«
Jarevrån erhob sich. »Komm. Waljakov wartet ganz in der Nähe mit einem Fuhrwerk.« Hand in Hand erreichten sie die Stelle vor dem Wald, an der der K’Tar Tur Posten bezogen hatte.
Der glatzköpfige Hüne nickte den beiden zu.
»Bring mich bitte zu Kalfaffel«, bat Lorin.
»Wir schauen nach, ob er erholt genug ist, sich mit uns zu unterhalten«, dämpfte sein Waffenmentor ab. »Er war die ganze Nacht damit beschäftigt, die kleine Hexe am Leben zu halten.« Er warf dem jungen Mann einen beruhigenden Blick zu. »Dass Soini starb, war rechtens. Nur über die Art sollten wir miteinander reden. Ich habe genau das, was ich gestern auf der Lichtung sah, schon einmal erlebt. Und es hat mir nicht gefallen.«
Die Kalisstronin gab ihm einen leichten Stoß in den Rücken, um ihm zu bedeuten, dass er nicht weiter von der Sache sprechen solle.
Doch Lorin horchte auf. »Wie meinst du das?«
Waljakov setzte den Karren in Bewegung und lenkte das Lastpferd in Richtung Bardhasdronda. »Dein Vater hatte die gleiche Begabung. Und dieselben Schwierigkeiten damit. Wenn er wütend wurde oder aus anderen Gründen die Beherrschung verlor, wurde er ein Opfer seiner Fertigkeiten.«
»Was tat er dagegen?«, wollte Lorin fasziniert wissen.
Das Gesicht des Mannes verfinsterte sich. »Ich weiß nicht, ob er etwas dagegen tat. Dieser Nesreca wies ihn an, wie man die Gabe einsetzte. Nur ob er sie wirklich im Griff hatte …«
Keine guten Aussichten. Enttäuscht sackte Lorin auf der Pritsche zusammen und kaute auf dem Brot herum, das ihm seine Frau reichte. In Gedanken ging er all die Ereignisse durch, bei denen seine Kräfte ein Eigenleben entwickelt hatten. Er sah das geschundene Gesicht Byrgtens, er sah die Seitengasse, als sich schon einmal ein Blitz aus seinen Fingerspitzen gelöst hatte. Und immer war ich wütend. »Ich wage es nicht mehr, sie einzusetzen.«
»Wenn du versuchst, in allen Situationen Ausgeglichenheit zu bewahren, könnte es etwas bringen«, schlug der Krieger vor.
Unglücklich lachte Lorin auf. »Das ist aber sehr einfach gesagt, Waljakov. Dir mag es gelingen, alter Eisblick, aber diese Disziplin besitze ich nicht.«
»Noch nicht«, meinte der K’Tar Tur schlicht. »Ich werde mir etwas ausdenken.« Er klopfte ihm auf die Schulter. »Wenn wir die Magie nicht beherrschen können, machen wir eben aus dir einen unerschütterlichen Mann.«
Waljakov schwieg wie immer, Jarevrån begnügte sich damit, ihrem Mann liebevolle Blicke zuzuwerfen. Am Stadttor hielten sie kurz an, Lorin bat Rantsila, ihn zum Bürgermeister zu begleiten.
Kalfaffel befand sich tatsächlich in der Verfassung, sich mit ihnen unterhalten zu können. Sie absolvierten davor einen Kurzbesuch bei der schlafenden Fatja.
Beruhigt sah der junge Mann, wie sich die Brust seiner großen Schwester in regelmäßigen Atemzügen hob und senkte; ihr Gesicht war blass, aber nicht von Schmerzen gezeichnet.
»Ich hoffe, sie hat alles gut überstanden«, raunte der Bürgermeister. »Tjalpali und ich haben bis zur Erschöpfung die Gabe Kalisstras angewandt. Es stand auf der Kippe, denn wir trafen sehr spät bei ihr ein. Dennoch war die Bleiche Göttin ihr gnädig.« Er zog die Tür zu und gönnte der Verwundeten die nötige Ruhe. »Es tut mir Leid, Jarevrån, aber ich fühle mich noch nicht in der Lage, gegen deinen Schnitt etwas zu tun.«
Sie winkte ab. »Es ist nur eine Schramme, die auch so heilen wird.«
»Was wollt ihr nun von mir?«, meinte Kalfaffel neugierig. Alle Augen richteten sich auf Lorin, während sie in die Wohnstube des Stadtoberhauptes gingen und Platz nahmen.
»Es dreht sich um Soini«, begann der junge Mann bedrückt.
»Nein, Seskahin. Du bist der Stellvertreter Rantsilas, du hast einen Verbrecher zur Strecke gebracht. Die Art und Weise, nun ja. Aber du musst dir keine Vorwürfe machen.«
Jarevrån streichelte Lorins Rücken. »Siehst du?«, sagte sie leise.
»Darum geht es doch gar nicht«, erhob er seine Stimme. »Soini hat im Glauben, dass er mich ohnehin töten würde, davon gesprochen, dass er mit
Weitere Kostenlose Bücher