Die Quellen Des Bösen
zu beruhigen, könnte in eine Katastrophe münden. »Das werden sie mir büßen, mich vor den Gouverneuren und Vizekönigen so bloßzustellen.«
»Was wollt Ihr tun, Hoher Herr? Sie wegen Nichtfeierns einsperren?« Die Spitze konnte sich der Berater dann doch nicht verkneifen. Innerlich freute er sich, dass Govan einen Denkzettel erhielt. Andererseits verstand er es als Indiz dafür, wie wenig sich die Untertanen mit dem Herrscher identifizierten. Und das bedeutete nichts Gutes.
Als sie wieder einen der seltenen Zuschauer passierten, drückte der Kabcar die Scheibe nach unten und bewarf den armen Mann in seiner Rage mit Münzen. Wütend schmiss er den ganzen Sack Waslec aus dem Fenster der Kutsche, die er auf Anraten Mortvas als Almosen mitgenommen hatte.
»Nimm sie! Nimm sie alle und verschwinde!«, tobte er. Keuchend warf er sich in den Sitz. »Ich hasse dieses Lumpengesindel. Ich sollte sie allesamt Tzulan übergeben.«
Die Kutsche hielt vor dem Gotteshaus an, Diener bereiteten den Ausstieg Govans vor. Er trat ins Freie.
Ein leerer Platz bot sich ihm dar. Hinter den Ständen, an denen heißer Gewürzwein und Bier auf Kosten des ¢arije zum Ausschank harrten, langweilten sich die Lakaien und tranken die Gaben selbst. Bevor er einen neuerlichen Tobsuchtsanfall bekam, stand Zvatochna neben ihm, eingehüllt in dicke Pelze, und fasste ihn am Ellbogen, um ihn zu den Stufen der Furcht einflößenden Kathedrale zu führen. Ihre Anwesenheit wirkte augenblicklich mildernd auf seine Gefühle.
Am Eingang angekommen, drehte er sich noch einmal um und betrachtete sich den Tross, der ihn geleitete.
Fünfzig hochgerüstete Ritter bildeten seine neue Leibwache, die von keinem Geringeren als Albugast angeführt wurde. Der ehemalige Angorgläubige hatte seine Männer aus den Reihen fanatischer, kampfgeschulter Tzulani ausgesucht und schliff ihre Waffenfertigkeiten beständig nach. Die Ritter trugen dunkelrote Rüstungen, auf den Schilden und ihrer Brustpanzerung loderte eine aufgemalte Flammensäule, die nur eine von Tzulans möglichen Erscheinungsformen darstellte. Auf Anraten Albugasts waren die Metallplatten nicht ganz so dick geschmiedet worden, damit die Ordenskrieger zu Fuß nicht so schwerfällig waren. Dennoch boten sie genügend Schutz. Für den Nahkampf trugen die Männer neben ihren Schwertern jeweils zwei Handbüchsen mit sich.
Die Leibwache hatte rechts und links der Treppe Stellung bezogen und lief neben dem Herrscher her, um ein eindrucksvolles Bild zu präsentieren. Govan bezeichnete diese Männer vor Nesreca und seiner Schwester als seine »Kettenhunde«, die er nach Belieben von der Leine lassen würde, sollte ihm etwas in die Quere kommen, das man auf die Schnelle und dabei noch imposant lösen musste.
Er nickte Albugast zu; der junge Tzulanritter neigte den Kopf vor dem Kabcar und lief schräg versetzt neben ihm.
Govan hielt zu den Klängen von Fanfaren und Trommeln Einzug in das finstere Gebäude, von dem sich das Volk erzählte, dass man gelegentlich Schreie in seinem Innern höre, obwohl die Mauern so dick und massiv waren.
Das dunkle Glas in den Fenstern und Rosetten sorgte für Finsternis; die Sonnenstrahlen schafften es wegen des Schneetreibens nicht mehr, das Innere zu beleuchten. Licht brachten die aufgestellten Fackeln und Schalen, in denen große Holzscheite verbrannten.
Der junge Herrscher schritt über die absonderlichen Schatten am Boden hinweg an die Stelle, an der er sich erst vor wenigen Monaten selbst zum Kabcar gekrönt hatte.
Die vorderen Reihen waren von Ehrengästen belegt, die übrigen Sitzgelegenheiten blieben leer. Auf den Gesichtern der Männer spiegelten sich das Unwohlsein und die Beklemmung, welche die umgebaute Kathedrale bei ihnen hervorrief.
Govans Augen glitten suchend über die Anwesenden. »Wo ist Krutor?«, wollte er von seinem Berater wissen. »Er hat sich verspätet.«
»Ja, Hoher Herr. Ich rate dazu, dass wir trotzdem beginnen.« Nesreca verschwieg ihm absichtlich, dass sein Bruder in alle Frühe nach Ammtára abgereist war. Die Diener hatten ihm eine entsprechende Nachricht übermittelt. Vermutlich traute der Tadc dem Wort seines Bruders nicht und begab sich in die Stadt, um notfalls eingreifen zu können, sollte Sinured mit einer Streitmacht auftauchen. Würde Govan diese Neuigkeit jetzt erfahren, brächte es das Fass zum Überlaufen. Und da wollte er nicht unbedingt daneben stehen.
Govan stieß unwirsch die Luft aus. Er verspürte nicht die geringste Lust,
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