Die Quellen Des Bösen
sich länger als notwendig mit der Zeremonie aufzuhalten. Der undankbare Pöbel verdarb ihm seine Feierstimmung gründlichst, und Krutors Unpünktlichkeit trug das Übrige dazu bei.
Er begab sich in Position.
»Aufgrund des großen Andrangs und der Menschenmassen, die sich am Eingang drängen, machen wir es kurz«, verkündete er schlecht gestimmt und winkte nach Nesreca, der die neue Krone bereithielt. Sie bestand aus reinem, massivem Iurdum, geschmückt mit Rubinen und Diamanten. Gravuren und Segenssprüche vervollkommneten das Bild. Ohne Umschweife setzte er sich die Krone auf den Schopf. »Von heute an bin ich ¢arije. Aber nicht nur über Tarpol, sondern über den gesamten Kontinent. Das restliche Stückchen, das mir noch fehlt, wird in wenigen Monaten mir gehören, dank meiner brillanten, genialen und bezaubernden Schwester«, er lächelte Zvatochna an, »die ich mit sofortiger Wirkung zur Kabcara von Tarpol ernenne.«
Zvatochna verneigte sich tief vor ihrem Bruder, die Gäste applaudierten. Doch in der riesigen, säulengestützten Kathedrale erschien das Klatschen reichlich verloren und schwach.
»Als Kabcar war ich das geistige Oberhaupt, als ¢arije bin ich es nach wie vor.« Govan hob die Arme. »Das ist das neue Gotteshaus, wie es Tzulan würdig ist. Und er soll von nun an als einziger Gott über die Geschicke meines Reiches wachen. Anlässlich meiner Krönung verfüge ich, dass alle Riten, alle kultischen Handlungen zu Ehren Ulldraels bei Todesstrafe verboten sind.« Die Feuer in den Eisenschalen brannten höher, flackerten dunkelrot. »Wer den Namen Ulldraels nennt, ist des Todes. Schmückt das Symbol des Getreidegottes irgendeinen Gegenstand, wird er vernichtet, der Besitzer wandert in die Verlorene Hoffnung.« Der junge Mann umgab sich mit einer magischen Aura, es schimmerte und blinkte überirdisch um ihn herum. »Alle Priester, Mönche und anderen Anhänger Ulldraels müssen abschwören, oder sie sterben für ihren falschen Glauben. Das ist mein Wort, das Wort eines ¢arije. Und Gesetz.«
Die wenigen Menschen in der Kathedrale sprangen von den Stühlen auf, priesen seinen Namen und huldigten ihm.
»Meine tiefste Gratulation, Hohe Herrin«, raunte Nesreca Zvatochna zu. »So schnell kommt man an einen Titel, nach dem es einen verlangt.«
»Der nichts zählt, solange Govan an der Macht ist.« Sie betrachtete das entrückte Gesicht ihres Bruders. »Er ist wahnsinnig, Mortva. Seht Ihr das Flackern in seinen Augen? Entweder hat ihm die viele fremde Magie, die er sich geraubt hat, den Verstand genommen, oder es war der Gedanke daran, selbst ein Gott zu werden.«
»Die Magie ist daran nicht schuld. Ich bin kerngesund.«
»Ihr seid auch kein Mensch, Mortva.«
Die Kabcara und der Berater verneigten sich vor dem ¢arije, als er in ihre Richtung blickte. Albugast sank auf ein Knie herab; von unten schielte er allerdings zum betörenden Antlitz der jungen Kabcara auf. Was von Nesreca sofort bemerkt wurde.
»Ihr habt einen neuen Verehrer, Hohe Herrin«, machte er sie auf den Ritter aufmerksam.
»Govans Oberkettenhund?« Sie lachte verächtlich.
»Wartet es ab. Er wird ihm bald mehr vertrauen als Euch, wenn sich Albugast recht verhält«, sagte der Berater voraus.
»Und in einem entscheidenden Augenblick kann es von Nutzen sein, die Leibwache des ¢arije auf der eigenen Seite zu wissen«, vollendete sie, reckte sich ein wenig und warf dem blonden Jüngling einen vorgetäuscht schüchternen Blick zu, bevor sie sich rasch abwendete. Sie hatte ihren Haken ausgeworfen. Der Fang würde selbst ohne Köder so lange schnappen, bis er an ihrer Leine hing.
»Lasst uns in meinem Palast feiern«, lud Govan die Gäste ein und bewegte sich, umringt von den Kriegern des Tzulanordens, zur Tür. »Die alten Zeiten sind nun endgültig vorbei.«
Der selbst ernannte Beherrscher des Kontinents trat hinaus und schaute auf die noch immer verwaisten Buden. Verfluchter Abschaum! Sie wollen mich auf diese Weise demütigen . Als er in der Entfernung eine Gestalt am äußersten Rand des Platzes durch die Schneeflocken eilen sah, reagierte er.
Eine knappe Geste, und magische Kräfte griffen nach dem Ulsarer. Sie warfen ihn auf den Boden und zerrten ihn rasend schnell durch den Schnee, bis er vor den Stufen der Kathedrale angelangte und sich hustend aus dem Weiß stemmte. Überall an ihm hingen Schnee und Dreck, seine Nase blutete. Sein Körper hatte eine breite Bahn hinterlassen.
Sofort verneigte er sich vor dem Herrscher.
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