Die Quellen Des Bösen
erzählt, die einer deiner Spähtrupps bei der Festung Windtrutz gefunden hat? Diese Überreste kensustrianischer Gleiter?«
Govan starrte auf ihr Dekolleté. »Ja«, sagte er langsam. Es dauerte eine Weile, bis er die Tragweite ihres Einfalls erkannte. »Aber sie waren beinahe vollständig zerstört.«
Zvatochna fasste seine Hände. »Wir haben Ingenieure, die das Fehlende schnell ergänzen können. Ich lasse die Überreste suchen und instand setzen.« Sie lachte aufgekratzt, überwältigt von dem Gefühl, einen Ausweg gefunden zu haben. »Wer braucht schon die Modrak?« Sie warf sich jauchzend in seine Arme.
Ihr Bruder erwiderte die Zärtlichkeit hastig, seine Hände tasteten an ihrem Kleid entlang und fühlten die Form ihres warmen Körpers. In seiner Vorstellung umarmte er eine nackte Schwester, und die Umarmung ging über in ein Liebesspiel, die Erfüllung seiner Träume.
Doch der Moment der intensiven Nähe endete viel zu bald, Zvatochna drückte sich von ihm ab und sprang auf. »Noch heute wird der Bote losreiten.« Sie raffte die Schuhe an sich, drückte ihm einen schmatzenden Kuss auf die Wange und lief hinaus. »Gute Nacht, mein Kabcar.« Die Tür knallte ins Schloss.
Mit diesem unromantischen Geräusch lösten sich die letzten Phantasien Govans in Luft auf. Das Gefühl der Ruhe wich von einer Sekunde auf die andere, sein Puls beschleunigte sich, die Erregung steigerte sich weiter und schlug um in Wut darüber, wieder nicht ans Ziel gelangt zu sein.
Noch immer roch er ihr Duftwasser, was Öl ins Feuer seiner Leidenschaft goss. Sie muss sich eines Tages beugen . Er benötigte göttlichen Beistand, da er ahnte, dass seine Magie in diesem Fall nichts ausrichten würde. Und was lag näher, als den anzurufen, der ihm bisher gnädig gewesen war?
Tzulan muss mir helfen. Er soll bewirken, dass Zvatochna mein wird. Und wenn ich ihm dafür ganz Ulsar opfern muss. Der Tadc schnellte aus dem Stuhl hoch, befahl seinen Wachen, sie sollten sich zur Ruhe begeben und verschwand in seinen Gemächern.
Kurz darauf hetzte eine dunkel gekleidete Gestalt ihr Pferd zu einer der kleinen Pforten hinaus und ritt durch die Gassen der nächtlichen Hauptstadt in Richtung der Kathedrale.
An diesem Abend erwartete Zvatochna eigentlich, dass ihr Bruder in ihrem Schlafgemach erschien, um ihr die Haare zu bürsten. Doch die Tadca musste diese Aufgabe selbst erledigen. Ich hoffe, er macht keine Dummheiten. Das Fehlen des Amuletts scheint ihn sehr aufgeregt zu haben. Ich hätte ihn nicht provozieren dürfen. Ach, Mutter, wir beide würden das Land viel unproblematischer regieren.
In Gedanken versunken, bürstete sie die Strähnen und schlüpfte anschließend in einem leicht durchsichtigen Gewand zwischen die Laken des geräumigen Betts, in dem sie Nacht für Nacht allein schlief. Mit den Männern und ihren Gelüsten zu spielen bedeutete für die schöne junge Frau nicht, sich von ihnen berühren zu lassen.
Dadurch, dass sie ihnen mit Worten, Gesten, Blicken alles versprach, schürte sie Hoffnungen. Weil eben noch niemand von sich behaupten konnte, die Gunst der Tadca gespürt zu haben, lieferten sich die Adligen und Einflussreichen ein Rennen, der erste Glückliche zu sein. Ihre Jungfräulichkeit schien ein zusätzlicher Ansporn zu sein.
Ihr Anspruch an die Bewerber hatte allerdings einen entscheidenden Nachteil: eine leere Schlafstätte.
Noch kannte sie die Freuden der körperlichen Liebe nur aus Erzählungen ihrer Mutter und aus Büchern und konnte sich so gar nichts darunter vorstellen, wenn andere in blumenreichen Sätzen, mal derb, mal sehr vornehm, von Gefühlen und Empfindungen beim Akt sprachen. Es war nicht so, dass sie keine Lust verspürt hätte. Zvatochna zügelte im Gegensatz zu ihrer Mutter die Neugier und wartete auf den Mann, dem sie erlauben würde, »die Rose der Weiblichkeit zum Erblühen und Beben zu bringen«, wie es in einer der Schriften umschrieben wurde. Die ganzen Tchanusuvos und auch ihr Bruder Govan kamen als »Gärtner« allerdings nicht in Frage. Eher blieb die »Rose« eine Knospe.
Ein einziges Mal, und dann auch noch zum unpassendsten Zeitpunkt überhaupt, hatte sie ein heißer Schauder durchlaufen, als sie in die Augen eines Mannes blickte.
Es waren die blauen Augen des forschen Räubers gewesen, der sie damals in ihrer Kutsche so dreist überfallen und ihr dazu den Anhänger gestohlen hatte.
Es wird seine Tollkühnheit gewesen sein, die mir imponierte , versuchte Zvatochna ihre Empfindungen als
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