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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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gewachsen sein. Keiner konnte sagen, wo Siedlungen lagen und was die Angreifer alles erwartete.
    Diesen Umstand hatte Zvatochna mehr als einmal verflucht.
    Den Einmarsch nach Überschreiten der Landesgrenze weiter zu planen machte keinen Sinn. Die Truppen würden improvisieren müssen. Sie als Befehlshaberin würde improvisieren müssen. Allerdings würden die vorgesehenen Erkundungsflüge der Modrak, die sie von Govan verlangte, das Risiko verringern. Um die Aufständischen in Karet konnte man sich immer noch kümmern! Sie dagegen benötigte Korridore, durch die ihre Kavallerie schnell zu den Feinden gelangen konnte. Hatte man erst die Hauptstreitmacht der Grünhaare ausgeschaltet, würde man in aller Ruhe zur restlichen Eroberung schreiten.
    Theoretisch.
    Nichts, absolut nichts ist bei diesem Feldzug zwingend und vorhersehbar . Zvatochna schnaubte unzufrieden. Sie war sich sicher, dass umgekehrt die Spione Perdórs, der irgendwo in Kensustria abgeblieben war, eifrig notierten und meldeten, mit welchen Zahlen die Verteidiger rechnen mussten.
    Wer nichts wagt … , dachte sie. Unsere Technik und die Masse an Menschen werden die vielen unbekannten Komponenten in diesem Überfall wettmachen.
    Die Tadca siegelte die Befehle an die Garnisonsobristen und Werberoffiziere, schrieb die letzten Marschrouten und stellte Zeitpläne auf, wann die einzelnen Kontingente sich wo zu melden hatten, um eine Kontrolle des Ablaufs zu ermöglichen. Dabei waren die Wege der Einheiten, die sie absichtlich klein gehalten hatte, so gewählt, dass die Ziele nicht sofort sichtbar wurden, um die Spitzel des dicklichen Königs lange im Unklaren zu lassen.
    Eine Überraschung wird unser Einfall sicherlich. Hoffen wir auf einen raschen Erfolg.
    Widerstrebend nahm sie ihren zweiten strategischen Entwurf in die Hand, den ihr Vater als »zu hart« bezeichnet hatte.
    Einerlei, sie würde ihn zur Anwendung bringen, wenn ihr erster Plan fehlschlagen würde. Dennoch sah auch sie ihn als hart an. Ihr behagte nicht, dass große Teile des Landes verwüstet würden. Wenn sie Glück hatten und Tzulan auf ihrer Seite stand, würde dieser Plan in der Dunkelheit des Schrankes verharren.
    Eine andere Sache schmeckte ihr ebenfalls nicht. Wegen der Unberechenbarkeit der Lage in Kensustria musste sie mit den Truppen reisen. In drei Wochen wollte sie aufbrechen, um zu ihnen zu stoßen. Sie machte sich dabei weniger Sorgen um sich, sondern vielmehr um ihren soeben gekrönten Bruder.
    Hoffentlich macht er in meiner Abwesenheit bei den Adligen nicht alles zunichte, was ich mühevoll und trotz der Trauerzeit erreicht habe. Sein Temperament ist zu unstet. Dennoch führte an ihrer Reise kein Weg vorbei.
    Sorgsam packte sie die Unterlagen zurück in den Schrank, als es gegen die Tür pochte. »Nein!« rief sie herrisch zum Eingang. In ihrem gelockerten Zustand wollte sie niemanden empfangen.
    »Ich bin’s«, kam Krutors Stimme gedämpft durch das Holz. »Darf ich hereinkommen, Schwester?«
    Schnell überprüfte Zvatochna ihr leidendes Antlitz in einem der allgegenwärtigen Spiegel, in denen sie sich zu bewundern pflegte, schuf mit ein wenig Konzentration Tränen in ihren Augenwinkeln und schluchzte leise. Vollkommen. »Natürlich«, rief sie mit erstickter Stimme.
    Die Tür schwang auf. Der helle Durchgang verdunkelte sich schlagartig, als sich die gewaltige Gestalt ihres verkrüppelten Bruders durch den Rahmen schob.
    Als hätte der Architekt des Palastes vor vielen Jahrzehnten geahnt, dass sich einmal ein übergroßer Mensch durch die Korridore und Türen bewegen müsste, schien alles auf den Maßstab des Tadc ausgelegt. Der Jüngste des Geschwistertrios passte bei seinen fast schon monströsen Ausmaßen gerade eben durch die Öffnung. Mit der Kraft der hoheitlichen Missgeburt konnte sich schon lange niemand mehr messen.
    Krutor übte das richtige Gehen. Aus den grotesken Hüpfern war ein schnelles Humpeln geworden, das ihn etwas menschlicher erscheinen ließ. Ein Blick auf sein missgestaltetes Gesicht hingegen erschreckte nach wie vor die unvorbereiteten Besucher des Palastes.
    Meistens trieb sich Krutor bei den Dienstboten herum und half, wo er nur konnte, vom Stallausmisten bis zum Fegen der Küche. Er bestand darauf, den anderen zur Hand zu gehen.
    In letzter Zeit pendelte er zwischen dem Steinbruch und der zu errichtenden Statue hin und her. Zvatochna wusste, dass es ihn innerlich beinahe zerriss, weil er sich nicht entscheiden konnte, was ihm wichtiger

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