Die Quellen Des Bösen
Distanzwaffen vermochte sie schwer einzuordnen.
Zumindest beherrschten sie die Kunst des indirekten Beschusses, was in ihrem Heer dank der Anschläge der Modrak auf »Spielzeug« beschränkt blieb. Ihr Bruder war so ungestüm, dass er auf den Einsatz der neuesten Erfindungen pfiff und einen Angriff verlangte, ehe sie nach Séràly gebracht werden konnten. Siegessicher verließ er sich ganz auf seine Magie und die zahlenmäßige Überlegenheit.
Zu siegessicher, wie sie fand.
Die Geschichte berichtete von Schlachten, bei denen Heere im Verhältnis von eins zu fünf unterlegen waren und dennoch ungeschlagen den nächsten Tag erlebten.
Über die Vorgehensweise der Kensustrianer in offenen Gefechten hatte sie nichts in Erfahrung bringen können. Die Aufzeichnungen berichteten lediglich von zwei Begebenheiten. Eine spielte sich im Jahre 135 n. S. ab, als die Grünhaare mit nur viertausend Soldaten und einer Flotte von hundert Schiffen einen K’Tar Tur namens Braggand zur Zeit der Großen Pest mit Stumpf und Stiel vernichteten. Als sich Kensustria 342 n. S. das Seehandelsrecht nahm, versenkten nur zehn ihrer Schiffe eine Flotte von sechzig agarsienischen und palestanischen Koggen. Die erste echte Niederlage steckten sie gegen ihren Vater ein, der die Schwarze Flotte versenkte. Aber keiner der Chronisten bemühte sich bei der Wiedergabe um militärische Genauigkeit.
Seufzend betrachtete sie die Pläne. Es muss gelingen.
Die »Schmeißfliegen« würden vor dem Wald auf der rechten Flanke aufmarschieren, die Sumpfkreaturen und Tzulani deckten die linke Flanke. Die Mitte übernahm zunächst eine Abordnung der ulldartischen Freiwilligen, die verheizt werden und die viel wertvolleren tzulandrischen Verbände dahinter schützen würden. Sollten ihre Landsleute flüchten wollen, hatten die Tzulandrier den Befehl, sie an Ort und Stelle zu töten. Die berittenen Einheiten sollten in die Schlacht eingreifen, wenn die Bombarden nichts mehr ausrichteten und der Nahkampf begann.
Zvatochna schrieb die Angriffsbefehle auf, siegelte sie und schloss sie in die Stahlschatulle, wo sie zusammen mit den Karten bis zum Beginn der Offensive sicher lagen. Ein Plan blieb offen liegen. Dann wartete sie auf ihren Besucher.
Es klopfte.
Sofort ordnete sie ihr Kleid, zog die Ränder des Dekolletés nach unten, um ihre Reize besser zur Geltung zu bringen, und ließ die Tür öffnen.
Albugast, gekleidet in die gleiche Art von purpurnen Gewändern, wie Varèsz sie zu tragen gepflegt hatte, erschien in ihrem Gemach. An seiner Seite hing eine aldoreelische Klinge, die ihm Govan überlassen hatte.
Ein Zufall hatte für den Fund gesorgt. Eine Patrouille war durch das aufgeregte Gurren der Tauben aufmerksam geworden, hatte den Posten durchstöbert, in dem sich Tokaro verborgen hatte, und dieses besondere Schwert gefunden. Der Anführer des Tzulanordens trug es mit Stolz.
Wenn es mir gelingt, ihn auf meine Seite zu ziehen, könnte er meinem Bruder im entscheidenden Augenblick den Kopf von den Schultern trennen. Und Mortva gleich mit.
»Ihr habt mich rufen lassen, hoheitliche Kabcara?« Der blonde Mann neigte sein Haupt vor ihr.
»Setzt Euch, Albugast.« Sie lächelte ihn hinreißend an und erkannte augenblicklich, dass sie ihn wie alle anderen Männer in ihren Bann schlug. Sehr gut. »Ich wollte Euch instruieren, falls es mein Bruder noch nicht getan hat.« Der Mann schüttelte den Kopf. »Er wird mit mir zusammen beim Kontingent der Tzulandrier reiten, zu der Seite gewandt, auf der die Sumpfwesen stehen.« Zvatochna deutete auf die Karte. »Ihr werdet mit Euren fünfundzwanzig besten Männern immer in seiner Umgebung sein, und wenn die Welt um Euch herum im Geschützfeuer der Gegner versinkt.« Ihre Hand legte sich auf seine. »Wärt Ihr bereit, sein Leben für ihn zu geben, Albugast?«
»Sofort.«
Sie rückte etwas näher, drückte seine Finger. »Und wie steht es um mein Leben?«
»Ich gebe Euch ebenfalls fünfundzwanzig Ritter«, antwortete er unverzüglich. Sein Blick wurde unsicher. »Wenn der ¢arije nicht in die Schlacht reiten würde, so würde ich persönlich für Eure Unversehrtheit sorgen, hoheitliche Kabcara«, gestand er ihr. »Ich wäre Tag und Nacht an Eurer Seite.«
Jetzt habe ich dich. »Wie gern nähme ich Euer Angebot an.« Die Kabcara senkte den Blick. »Ich gestehe, diese Unterredung über die Schlacht war nur ein Vorwand. Albugast, Ihr werdet es gewiss bemerkt haben«, geschickt legte sie eine Pause ein, »wie ich den
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