Die Quellen Des Bösen
bereits auf einen Ablagestapel verbannt hatte, wieder hervor und stellte die Marker an ihre richtige Position. Stoiko ging ihm dabei zur Hand.
Dabei wurde ihnen rasch deutlich, dass sich größere Ansammlungen von tzulandrischen und ulldartischen Einheiten an bisher fünf verschiedenen Punkten entlang der Grenze bildeten.
Die Voraussetzungen für einen Überfall, betrachtete man die Topographie der Landschaft, schätzten beide Männer als durchaus gut ein. Die Meldungen der Kensustrianer deckten sich mit denen von Perdórs Spionen.
»Wer leitet diese Aufmärsche? Wissen wir das?«, erkundigte sich Stoiko. »Nach dem Tod von Varèsz dachte ich, dass sich die Tzulandrier um die Nachfolge des zugegebenermaßen brillanten, wenn auch rücksichtslosen Feldherrn schlagen würden. Doch die Soldaten marschieren, als gäbe es keinerlei Unterbrechung.«
»Ein guter Hinweis. Da alles so reibungslos weiterläuft, wird jemand den Marschallstab übernommen haben, der entweder in der Rangfolge weit oben steht oder sich aufgrund seiner Fähigkeiten Respekt bei den Tzulandriern und Tarpolern verschafft hat.« Der ilfaritische König machte keinen Hehl daraus, dass auch er nichts wusste, sondern nur vermutete. »Nesreca ist schon lange zurück in Ulsar, Govan wird es nicht sein, er hat alle Hände voll mit den Vorbereitungen für die Inthronisation zu tun. Außerdem denke ich nicht, dass er über die notwendige Beherrschtheit und den taktischen Blick verfügt. Es käme nur Sinured in Frage.«
»Ich spreche diesem Ungeheuer jegliches feinfühliges Planen ab.« Stoiko schüttelte den Kopf. »Es muss ein Geist sein, der rücksichtslos und zugleich gewitzt ist. Wenn Zvatochna etwas von ihrer Mutter geerbt hat, könnte ich mir vorstellen, dass sie in der Lage wäre, die Heerscharen zu kommandieren.«
Perdór grübelte; hektisch knabberte er an dem mit Zuckerkristallen umgebenen Holzstöckchen. »Zuzutrauen wäre es ihr. Wenn sie tatsächlich an der Führung des Schlages gegen Kensustria maßgeblich beteiligt ist, wird sie bald in Richtung Front abreisen. Sonst dauert das Übermitteln der Nachrichten zu lange.« Seine Augen wurden schmal. »Und dann wäre es an der Zeit, ein kensustrianisches Sonderkommando auf den Weg zu schicken.«
»Bedenkt, auch sie ist magisch begabt.«
Perdór lächelte verschmitzt. »Und wir haben eine Geheimwaffe. Eine junge Frau, die im Gegensatz zu den anderen die Magie von ihrem Wesen her zu verstehen scheint und mit ihr kommuniziert. Soscha wird, wenn sich unsere Theorie über die Befehlsgewalt der gegnerischen Einheiten bewahrheitet, bald ihre Feuertaufe erhalten.« Er zählte die Aufmarschzonen an seinen Fingern ab. »Bislang fünf mögliche Orte, an denen die Einfälle stattfinden könnten. Vom Scheinangriff und der Konzentration auf einen Punkt bis zur gleichzeitigen Invasion ist im Augenblick alles möglich.« Vorsichtig ging er in die Hocke, stützte das Kinn auf die Tischplatte und betrachtete die Karte. Das wird mehr ein Lotteriespiel als strategisches Handeln .
Nach kurzem Klopfen öffnete sich die Tür, und ein Bediensteter brachte neben neuen Zuckerstangen zwei weitere Botschaften. Hastig öffnete Perdór sie und verzog dann das Gesicht.
»Es geht um Rogogard. Rudgass schreibt, eine Angriffsflotte sammele sich unter dem Befehl von Sinured, die sich wohl die Hauptinsel vornehmen soll.« Er senkte das Papier. »Fünfzig Schiffe, darunter wahrscheinlich fünfzehn Bombardenträger und andere Boote, hinter deren Bordwänden es von Geschützen nur so wimmelt. Das wird die Piraten ganz schön durchschütteln. Aber bei der Menge an Bombarden, die sie sich zusammengeentert haben, wird es den Kabcar einiges an Schiffen und Leuten kosten. Ich hoffe, die Rogogarder halten lange durch.«
»Mindestens so lange wie wir, das wäre wünschenswert. Wenn der Kabcar seine Kräfte aufteilen muss, kann es uns nur Recht sein.« Stoiko zuckte zusammen. »Was ist mit Norina?«
Der dickliche Herrscher suchte im Text herum. »Rudgass meinte, er werde sie von Rogogard wegbringen, sollte sich die Lage verschlimmern. Er ist sich sicher, dass sie und ihr Sohn eine wichtige Rolle im Kampf um Ulldart einnehmen werden.« Wortgetreu gab er die knappe Schilderung des Piraten von der kurzzeitigen Verbesserung ihres geistigen Zustandes und ihre Bemerkungen wieder. »Ich schätze, er macht sich stehenden Fußes … oder sagt man fliegenden Rumpfes … auf nach Kalisstron, um nach der Bande zu suchen.«
Sie leben! Stoiko
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