Die Quellen Des Bösen
Ulldart.«
»Ich werde verrückt. Der kleine Koloss von Meddohâr ist ja schon wach!«, tönte Fiorells Stimme durch das große Zimmer. Ein vorwurfsvoller Blick traf den exilierten Herrscher. »Und natürlich hat er schon die ganzen Brote gefuttert.« Er strich an seinen Hüften entlang. »So wird niemals etwas Fleisch an mich dünnen Haken kommen«, jammerte er und sicherte sich die restlichen Schnittchen. Neugierig beäugte er die stilisierte Landschaft. »Allmählich bekomme ich eine seelische Erschütterung. Ich bin doch eigentlich Hofnarr und kein Kartenleser. Und dennoch mache ich nichts anderes als das.« Er seufzte, schob sich sein Frühstück in den Mund und kaute unglücklich auf beiden Backen. »Das waren noch Zeiten, als man meine Jonglier- und Akrobatikkünste forderte.«
»Und als wir dir eine Katze zuwarfen, kam prompt die Beschwerde«, erinnerte ihn Perdór und bedeutete dem Diener mit einem Nicken, dass er Nachschub an Essbarem wünschte.
Derweil leerte sein Possenreißer die Karaffe Schokolade, indem er aus der Tülle trank. Dann balancierte er die Tülle auf seiner Nasenspitze aus und lief damit umher, ohne dass der Behälter ins Wanken kam. »Ich kann es immer noch, Majestät.« Ohne die Karaffe aus den Augen zu lassen, fischte er nach Zuckerstücken und jonglierte damit. Eines seiner Beine spreizte er vorsichtig im rechten Winkel ab. »Na?«
»Eine Katze müsste man haben«, grinste der König. »Oder einen Worrpa. Den würde selbst der Beste der Spaßmacher nicht in der Luft halten. Aber du wirst alt. Du klingst ein wenig angestrengt.« Perdór tat so, als wäre ihm etwas aus der Hand gefallen, bückte sich und band in aller Heimlichkeit und mit enormer Flinkheit den Schnürsenkel des Hofnarren am Kartentisch fest.
Stoiko beobachtete ihn und schickte einen Blick zur Decke. Kindsköpfe, alle beide . Er fuhr sich über den breiten Schnauzer und wartete ab.
»Ich wette, dass du es nicht schaffst zu hüpfen, ohne dass die Sachen herunterfallen.«
»Um was?«, kam es von Fiorell wie aus der Büchse geschossen.
»Du wirst einen Tag lang als Hulalia durch die Gegend laufen.« Perdór lächelte. »Und wenn ich verliere, darfst du mich ein Leben lang mit ›hoheitliches Pummelchen‹ ansprechen.«
»Ha!«, rief Fiorell. »Dann bereitet Euch schon mal darauf vor. Und nun seht her! Das könnte ich mit verbundenen Augen.«
Das Unglück nahm seinen Lauf.
Der Spaßmacher konzentrierte sich und wollte tatsächlich ein wenig springen, doch der Hopser wurde jäh durch den dünnen Riemen beendet. Am überraschten Antlitz Fiorells erkannte Stoiko, dass er die hinterlistige Tat seines Herrn nicht bemerkt hatte.
Das ruckartige Abbremsen brachte den Hofnarren aus dem Gleichgewicht und dem Takt, schon griff er an dem Zuckerstückchen vorbei, die Karaffe begann zu pendeln und stürzte zu Boden. So ziemlich alles, was der akrobatische Ilfarit eben noch unter Aufbietung größter Geschicklichkeit zum Fliegen gebracht hatte, landete auf dem harten Boden.
Perdór brach in schallendes Gelächter aus und hielt sich den Bauch. »Das wird besonders Moolpár freuen, wenn er Hulalia einmal sehen darf«, prustete er und wollte sich nicht mehr beruhigen, bis ein Livrierter den Nachschub an mundgerechten Leckerbissen brachte. Kichernd nagte der Herrscher an einer mit Vanille aromatisierten Zuckerstange. »Ich sage dir, wann ich die hinreißende Hulalia sehen möchte.«
Fiorells Augen sprühten Tod und Verderben. »Das war unlauter!« Schmollend löste er den Schnürsenkel vom Tischbein. »Das zahle ich Euch heim, Majestät.«
»Aber natürlich«, winkte Perdór großzügig ab. »Nun wollen wir uns aber an die Arbeit machen, nicht wahr, Stoiko?«
Der einstige Vertraute des Kabcar strich sich die schulterlangen Haare aus dem Gesicht, die Belustigung stand auch ihm ins Gesicht geschrieben. »Diese kleine Einlage hat ihre Spuren hinterlassen«, wies er auf die Karte, auf der alle Markierungen verschoben waren. »Jetzt dürfen wir alles neu ordnen.«
Zufrieden feixte der Hofnarr in die Runde. »Das hat der Pralinige nun davon.« Er streckte dem verdrießlich schauenden König die Zunge heraus und ging. »Ich werde nach Soscha sehen. Meinetwegen können sich Majestät die Finger wund schieben.« Wie eine Diva, das Kinn in die Höhe gereckt, rauschte er davon.
»Er scheint bereits für seine Rolle zu üben«, bemerkte Perdór und kraulte seinen Bart aus langen, grauen Locken. Dann kramte er die Nachrichten, die er
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