Die Quellen Des Bösen
zu schnell über Tokaros Lippen. »Ich meine, so, wie ich Euch einschätze, seid Ihr auch ein Netter.« Er nickte zu seinem weißen Reittier. »Schaut, Treskor ist der gleichen Meinung. Er hätte sich sonst sicherlich gegen Euch zur Wehr gesetzt. Ihm sind Rang und Namen herzlich gleichgültig. Und wer kein gutes Herz hat, dem verpasst er einen Tritt.«
Überglücklich jauchzte Krutor auf und legte die Mähne des Streitrosses zurecht, als müsste es einen Schönheitswettbewerb und keinen Lanzengang bestehen. »Ihr seid mindestens genauso nett wie Tokaro.« Er wandte sich dem Gerüsteten zu, der in seinem metallenen Schutz gehörig ins Schwitzen kam. »Wollt Ihr mich einmal im Palast besuchen, zusammen mit Treskor? Ich würde mich freuen.«
Na, wunderbar. Ausgerechnet ins Nest der Schlange Zvatochna werde ich eingeladen. Artig verbeugte er sich vor dem Tadc. »Wenn ich Gelegenheit bekomme, mache ich Euch gern meine Aufwartung.«
Schon fiel die Hand des Krüppels auf seine Schulter. »Wunderbar! Zeigt mir noch Euer Gesicht, Herr Ritter. Ich will wissen, wer hinter dem Blech steckt.«
»Oha, hoheitlicher Tadc, das geht nicht.« Tokaro zog sich langsam zurück. »Mein Visier klemmt, es muss sich verhakt haben. Ich bin auf dem Weg zum Schmied.«
»Soll ich mal kräftig ziehen?«, bot Krutor sofort an. »Ich bin sehr stark.«
»Nein, nein«, wehrte der angehende Ordenskrieger eilig ab und sprang zum Ausgang des Pferdezeltes. »Aber Ihr werdet mich an meinem Pferd erkennen.« Nur weg hier . Tokaro hob die Hand zum Gruß und drehte sich um.
Dass jemand vor ihm stand, registrierte er zu spät.
Mit einem dumpfen Poltern prallte er gegen das unvermutete Hindernis, das er durch die einengende Maske nur undeutlich wahrnahm. An dem überraschten, hellen Aufkeuchen seines Opfers erkannte er, dass er wohl eine Frau gerammt hatte, die soeben zu Boden ging.
Umständlich schob er das Visier hoch und schaute nach der Verunglückten. »Zvatochna!« Sofort schlug er den improvisierten Sichtschutz wieder nach unten. »Ich meine, hoheitliche Zvatochna … ich … Tadca.«
Wutschnaubend wischte die junge Frau einige schwarze Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. Ihre Augen funkelten erbost. Warum haben meine magischen Kräfte vorhin versagt? Sie hätten mich vor dem Fall bewahren müssen. »Wenn das nicht der Ritter ist, der mich vorhin so aufdringlich angeschaut hat«, begrüßte sie ihn von unten. Dann hielt sie ihm den rechten Arm entgegen. »Worauf wartest du? Sind das die Manieren, die man von einem halben Ritter erwarten darf?«
Einerseits verlangten seine Beine, dass er losrannte, andererseits sagte ihm sein Verstand, dass Flucht das Dümmste war, was er in dieser Lage tun konnte.
Zaudernd packte er ihre Hand und zog sie in die Höhe. »Ich habe Euch nicht gesehen, hoheitliche Tadca«, entschuldigte er sich und hoffte, dass das Zittern in seiner Stimme nicht zu hören war. »Das Visier«, klopfte er zur Erklärung gegen die Klappe.
»Und warum öffnest du es dann nicht?«, fauchte sie patzig. »Es sieht nicht so aus, als würden Reiterhorden oder Pfeilschauer über uns hereinbrechen, gegen die du dein Augenlicht schützen müsstest.«
»Nun, vielleicht muss ich mich gegen Eure Schönheit abschirmen?!«, schlug er vor und absolvierte endlich die längst überfällige Verbeugung.
Zvatochnas Augenbrauen wanderten in die Höhe. »Nanu? Steckt in diesem Berg aus Metall ein Poet mit schmeichelnder Zunge?« Neugierig warf sie einen Blick durch die dünnen Gitter des Visiers, ohne die Gesichtszüge zu erkennen. Sie machte lediglich ein paar dunkelblaue Augen aus.
Angor, dieser Helm ist mit Gold nicht zu bezahlen , richtete Tokaro ein Stoßgebet an seinen Gott. »Die Scharniere sitzen fest, hoheitliche Tadca«, erklärte er seine Unhöflichkeit erneut.
»Weshalb hast du mich vorhin so angesehen?«, verlangte sie zu wissen.
»Ist das ein Wunder, bei der Schönheit, die Ihr Euer Eigen nennen dürft?«, lachte er hohl unter seinem Helm hervor. »Sollte ich denn wegschauen und mich an anderen ergötzen?«
Zvatochnas Lippen spitzten sich. Auf alle Fälle hat er keine Angst vor mir. »Nun, ich stelle dir mein Antlitz gern zur Verfügung, damit du dich satt sehen kannst. Aber tue es weniger auffällig, wie andere auch. Du hast Unmut in den Reihen der Brojaken und Adligen erregt.«
»Das lasst meine Sorge sein, hoheitliche Tadca. Die meisten von ihnen sind Maulhelden, die sich hinter ihren Wachen verstecken, wenn es darauf ankommt.
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