Die Quellen Des Bösen
lehnte sich zurück, um nach einem Pokal mit Wein zu greifen.
Die Tadca legte sich bereits verstohlen ihr Taschentuch zurecht, was ihr älterer Bruder sehr genau zur Kenntnis nahm.
Es scheint so, als hätte sie den Recken in ihr Herz geschlossen . »Kennst du ihn, Zvatochna?«, erkundigte er sich neugierig und legte eine Hand auf die ihre. »Du zückst so schnell das Tuch, obwohl er nicht einmal vor unserer Loge steht und es nicht mal sicher ist, dass er dich zu wählen wagt.«
Die schwarzhaarige junge Frau lächelte ihren Bruder gewinnend an. »Govan, was denkst du von mir? Ich will nur nicht stundenlang suchen müssen, wenn es ein Knappe endlich wagt, die Scheu zu überwinden und die Tadca als Dame zu benennen.«
Aus den Reihen der Wartenden preschte unvermittelt ein anderer Anwärter vor, überholte den Ziehsohn Nerestros und brachte sein Pferd vor der Loge zum Stehen.
»Ich, Albugast von Butillana, möchte zu Ehren der hoheitlichen Tadca fechten«, verkündete der Bursche keck.
Zvatochna beherrschte sich vollendet und schenkte dem Bewerber einen tiefen Blick, verfluchte innerlich jedoch seine Familie bis ins letzte Glied, während sie ihr Taschentuch an der stumpfen Spitze seiner Lanze befestigte. »Reitet und siegt für mich, Albugast.«
Der Knappe riss die Lanze nach oben, grüßte mit einem Nicken und passierte Tokaro, der angehalten hatte, mit verächtlicher Miene.
Nun waren alle Töchter der Reichen und Mächtigen an die Knappen vergeben. Tokaro stand vor der Wahl, entweder ohne Favoritin ins Feld zu ziehen oder ein unstandesgemäßes Mädchen zu wählen, was zugleich eine Kränkung für alle anderen darstellte.
Andererseits, diesen Spaß könnte ich mir erlauben. Zvatochna wird toben, wenn ich ihren Streiter aus dem Sattel fege . Tokaros blaue Augen suchten die Reihen der Tribünen ab, ob ihm jemand ins Auge fiel. Da haben wir doch eine würdige Vertretung . Er lenkte Treskor nach rechts.
Eine Marketenderin, die mit dem Verkauf von Bier beschäftigt war, spürte, dass sich unvermittelt alle Blicke auf sie richteten. »Was ist? Will noch jemand einen Krug?«, fragte sie vorsichtig und fuhr herum, als sie das Schnauben eines Pferdes hinter sich hörte.
Tokaro senkte die Lanze. »Würdet Ihr mir die Ehre erweisen, holde Jungfrau?«
»Jungfrau?«, wunderte sie sich dreckig grinsend, und die Besucher lagen vor Heiterkeit in ihren Sitzen. »Wenn Ihr ein paar Jahre früher erschienen wärt, dürftet Ihr mich noch so nennen.« Dann aber begriff sie, dass es dem Knappen der Hohen Schwerter ernst war.
Geschmeichelt und etwas verlegen fummelte sie an ihrem verschwitzten Halstuch herum, das halb zwischen ihren Brüsten klemmte, und band es an der Lanze fest. Anschließend gab sie dem Ende der langen Waffe einen frivolen Kuss.
»Er war zu lange mit dem Räubergesindel zusammen«, meinte Herodin knapp.
Nerestro begutachtete amüsiert die entsetzten Gesichter der Adligen. »Ich finde, er bringt ein wenig Auflockerung in die Angelegenheit. Vergesst nicht, Seneschall, sein Einsatz für die einfachen Tarpoler liegt ihm unauslöschbar im Blut. Schließlich haben wir in ihm einen selbsternannten Beschützer eines Totendorfes vor uns, erinnert Euch.«
»Aber eine Marketenderin?«, seufzte Herodin leicht verzweifelt. »Warum hat er nicht gleich eine Dirne genommen?«
»Als gäbe es einen wirklichen Unterschied.«
Zvatochnas Innerstes schäumte vor Wut, als sie das Zeichen der anderen Frau im Wind flattern sah. Absichtlich schaute der Recke mit den dunkelblauen Augen in ihre Richtung.
»Nun ist es genug!«, erboste sich Tchanusuvo künstlich. »Er hat es schon wieder getan und die hoheitliche Tadca angestarrt.« Er erhob sich von seinem Sitz und verbeugte sich vor der schönen Frau. »Ich werde anschließend von ihm Genugtuung fordern, hoheitliche Tadca.«
»Tut, was Ihr nicht lassen könnt, Tchanusuvo«, lächelte sie ihm zu. »Aber bleibt bitte in einem Stück. Es wäre schade.«
Stolz setzte sich der Adlige an seinen Platz, die neidischen Blicke der anderen trafen ihn.
»So ein impertinenter Kerl«, meinte Govan und stützte sein Kinn auf die Hand. »Aber seine Respektlosigkeit imponiert mir ehrlich gesagt. Endlich mal jemand, der unterhaltsam ist. Ich will später unbedingt mit ihm sprechen.«
Nach einer kurzen Veränderung des Turnierplatzes sollte ein so genannter Buhurt ausgetragen werden. Die Anwärter auf den Rittertitel teilten sich in zwei Gruppen auf und führten Massenlanzengänge durch. Wer in
Weitere Kostenlose Bücher