Die Rache
letzten Jahren hatte sie noch an Gewicht zugelegt, und das dicke Make-up und die Solariumsbräune verbesserten ihr Aussehen nicht gerade.
Aber sie war immer nett zu Dante gewesen, und bei ihrem Anblick musste er an die Grillabende der Bandits denken, an Shopping-Ausflüge und daran, wie er mit Joe in einem Zelt geschlafen hatte, als sie noch kleiner waren.
»Wie schön, dass du ein paar Freunde mitgebracht hast«, rief Marlene fröhlich. »Möchtet ihr Pepsi und Chips, oder soll ich euch ein paar Schinkensandwiches machen, wenn ihr Hunger habt? Tut mir leid, dass ich pingelig bin, aber würdet ihr im Haus bitte die Schuhe ausziehen?«
Als Dante sich die Turnschuhe auszog, fiel ihm wieder ein, wie sehr er die Sandwiches von Joes Mum gemocht hatte, weil Butter darauf war, während sich seine Mum immer nur Margarine leisten konnte.
»Oh ja, ich bin am Verhungern«, sagte Joe.
»Ehrlich gesagt, ich bin Vegetarierin«, warf Lauren ein.
»Ich auch«, fügte Anna hinzu.
»Kannst du auch ein paar andere machen?«, fragte Joe. »Schinken, Käse und Pickles oder was sonst da ist, und vielleicht ein paar Chips?«
»Heutzutage sind so viele Teenager Vegetarier«, sagte Marlene und lächelte die Mädchen an. »Ich bringe die Sandwiches in Joes Zimmer.«
»Deine Mum ist echt nett«, stellte Anna fest, als sie die Treppe hinaufgingen.
Das Haus war hübsch eingerichtet und hätte durchaus einem ganz normalen reichen Geschäftsführer
gehören können, wenn man von ein paar gerahmten Bikerfotos und dem einen oder anderen Nazi-Emblem absah.
»Ist dein Dad also wirklich ein Nazi?«, wollte Lauren wissen.
»Nee«, antwortete Joe. »Er interessiert sich nur für die Geschichte und so.«
»Ich hab gehört, dass die Bandits nur WeiÃe in ihren Club lassen«, sagte Anna.
Joe wies auf Lauren. »Wie sie schon gesagt hat, man kann sich seine Eltern nicht aussuchen. Mein Vater hat einen Haufen Mist gebaut. Manche Sachen wie die Touren und die Motorräder und so sind echt cool, aber das extreme Zeug nervt mich total.«
Dante fragte sich, ob der Mord an seinen Eltern etwas mit Joes Meinung zu tun hatte. Aber vielleicht war es auch nur die typische Entwicklung eines jeden Teenagers, der irgendwann feststellen muss, dass seine Eltern keine Götter sind. Auf jeden Fall fühlte sich Dante in Gegenwart seines alten Freundes plötzlich viel wohler, auch wenn er kaum die Chance sah, nützliche Informationen aus ihm herauszubekommen.
»Das ist also mein Zimmer«, sagte Joe und öffnete eine Tür. Er hatte ein groÃes Bett, einen coolen Spiele-PC und einen groÃen LCD-Bildschirm mit Surround-Lautsprechern.
»Hey, du verwöhntes Balg«, grinste Dante. »Diese Lautsprecher müssen ja irre laut sein!«
»Allerdings«, bestätigte Joe und nahm die DVD Bullet
in a Bible von Green Day in die Hand. »Surround ist irre, willst du mal hören?«
»American Idiot «, verlangte Dante. »Das ist ein Mega-Song.«
Während die DVD die üblichen Copyright-Warnungen abspielte, lieà sich Lauren auf einen Sitzsack fallen. Anna und Dante setzten sich aufs Sofa und küssten sich, bis die Musik begann.
»Mann, ist das laut!«, schrie Lauren, aber niemand hörte sie. Sie begann zu lachen, als sie sich umdrehte und sah, dass Dante auf und ab hüpfte, Luftgitarre spielte und wie wild den Kopf schüttelte, dass seine langen Haare nur so flogen.
Joe drehte den Ton noch lauter, warf die Fernbedienung weg und sprang aufs Bett, um Dantes Show an Verrücktheit noch zu übertreffen. Lauren folgte ihm, und sie hüpften händchenhaltend auf dem Bett herum, so hoch, dass Laurens Haar gegen die Decke schleuderte.
Beim dritten Sprung verfehlte Joes Fuà das Bett und er stieà gegen Dante und Anna. Lauren wurde vom Bett gezogen und fiel auf Joe. Annas Bein war unter ihnen eingeklemmt und Dantes stinkende Socke hing vor ihrem Gesicht.
Kichernd versuchten sie, sich aus dem Knoten zu lösen, als Joes Mum mit einem Tablett mit vier Gläsern, einer Flasche Cola und einem Teller mit kleinen Sandwiches und Chips hereinkam.
»Macht die Musik leiser!«, brüllte sie, hob die Fernbedienung
auf und versuchte, den richtigen Knopf für die Lautstärke zu finden. Als sie es endlich geschafft hatte, war nur noch das Lachen der vier Teenager zu hören, jetzt allerdings leicht
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