Die Rache-Agentur
Die Frau lachte rasselnd.
«Und wie hat er ausgesehen?» Georgie spürte, wie sie von Angst erfasst wurde, aber Angst wovor? Da war sie sich nicht sicher.
«Oh, sehr gut. Attraktiv. Wirkte sehr – wie sagt man? – beschützend. Als würde er auf sie aufpassen. Allerdings sollte man glauben, dass ein so großes Mädchen wie sie auch allein zurechtkommt, stimmt’s?»
«Das hoffe ich», murmelte Georgie. «Haben Sie mit ihr gesprochen? Hat sie gesagt, wann sie zurückkommt?»
«Nein, Liebes, so aufdringlich bin ich nicht. Aber sie hatte eine Tasche bei sich. So eine, die man für ein paar Übernachtungen packt. Sie dürfen sie wohl nicht vor morgen früh zurückerwarten!» Noch mehr keuchendes Gegacker.
Georgie lächelte matt. «Und der Mann? Würden Sie ihn wiedererkennen?»
Die Miene der Frau wurde plötzlich misstrauisch. «Wofür halten Sie mich? Ich will mich doch nicht wichtigmachen. Groß war er – groß und dunkelhaarig. Mehr habe ich nicht gesehen. Könnte sein, dass er ordentlich was auf der hohen Kante hat, bei diesem Wagen. Groß und glänzend, keine Ahnung, welche Marke. Sie hatten es ganz schön eilig.» Die Frau ging weiter, als die Hunde an ihren Leinen zerrten, und Georgie blieb allein und nachdenklich auf der Treppe zurück.
Flick kam sich vor wie eine dieser supergestylten Frauen in den Immobilienanzeigen der Sonntagsblätter. Sie hatte bei ihren Fahrten über den Fluss schon immer die Besitzer solcher Penthouse-Wohnungen wie dieser beneidet, und nun stand sie selbst hier auf einem Balkon mit Blick auf den Schiffsverkehr und die Themse, die im Sonnenlicht glitzerte.
Das alles schien ihr reichlich unwirklich. Nach einigen Ablenkungsmanövern, um den Mann in dem Astra loszuwerden, war Ben langsam von seinem Büro aus vorgefahren, damit Flick ihm in ihrem Wagen folgen konnte. Er hatte sich dann in dem fast fertiggestellten Parkplatz des Gebäudekomplexes – offenbar waren pro Wohnung zwei Parkplätze vorgesehen – von ihr verabschiedet und sie Richards Obhut übergeben, da er zurück ins Büro musste, um den verschobenen Termin wahrzunehmen. Richard, der freundliche Gebäudemanager in den Dreißigern, hatte sie durch die automatischen Glasschiebetüren in eine gigantisch große Halle mit riesigen Pflanzen, fast Bäumen, geführt, die vom Tageslicht beschienen wurden, und ebenso gigantischen Fenstern, die im Erdgeschoss einen Blick auf den Fluss boten. Flick war zu perplex gewesen, um noch etwas fragen zu können, doch Richard hatte ihr unverdrossen alles gezeigt und ihr erklärt, dass fast alle Wohnungen verkauft wären und dass sie in dervollmöblierten Musterwohnung untergebracht sei. Er schien sich nicht zu wundern, dass ihm der Boss ohne langen Vorlauf eine Mieterin schickte, ein Notfall offensichtlich, und tat, als käme dies alle Tage vor.
«Tut mir leid, dass ich Ihnen so viele Umstände mache.» Flick lächelte Richard an, während der Außenfahrstuhl sie geschmeidig nach oben brachte. Sie zwang sich, nicht nach unten zu blicken, während der Boden unter ihr verschwand. Ihr war ein wenig flau im Magen. «Es muss Ihnen seltsam vorkommen, Sie wissen schon, dass ich einfach so aufgetaucht bin …» Sie ließ den Satz unvollendet.
«Das ist kein Problem.» Richard suchte einen Schlüssel aus dem Bund in seiner Hand heraus und hielt ihn bereit, als der Fahrstuhl geräuschlos und sanft zum Stillstand kam.
Es gingen nur zwei Türen von dem Flur ab, und Flick sah ihren Verdacht bestätigt, dass diese Apartments jeweils die Hälfte der gesamten Etage einnahmen. Richard schloss die Tür zu ihrer Linken auf und öffnete sie weit, um Flick vorangehen zu lassen. Was sie sah, raubte ihr den Atem. Ein riesiger Wohnbereich mit hellem Holzfußboden wie aus einem James-Bond-Film, dunkelrote Sofas, die auf die bodenlangen Fenster mit Blick auf die Londoner Skyline ausgerichtet waren. Richard wollte ihr den Küchenbereich und die Flure, die zu den Schlafzimmern führten, zeigen, doch Flick beachtete ihn nicht, sondern schob die Balkontüren auf und ließ gierig den Ausblick auf sich einwirken. Dies entsprach ihrer Vorstellung vom Paradies – modern und hell, als tauche man nach endlos langer Zeit unter Wasser wieder auf. Sie hatte das Gefühl, hier atmen zu können, und, was noch besser war, sie fühlte sich sicher. Sicher mit Ben.
Richard betrat den Balkon. «Schöner Ausblick, nicht wahr?»
«Wunderschön. Man könnte glatt vergessen, dass diese Stadt ein Moloch ist!»
«Ich weiß, was
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