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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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erfasste mich Panik. Hysterisch schrie ich Dujok an:
    » Ich soll still sein?« Meine Stimme dröhnte durch den Abwasserkanal. » Wieso soll ich still sein! Ihretwegen hätten sie uns beinahe umgebracht! Haben Sie das nicht mitbekommen? Sie hätten uns fast umgebracht!«
    » Halten Sie endlich den Mund!«
    » Nein, das könnte Ihnen so passen!« Dujok versuchte, mich weiterzuzerren. Ich wehrte mich heftig und stieß ihn zurück. Er verlor das Gleichgewicht und wäre fast in den Kanal gestürzt. Er konnte sich gerade noch zur Seite drehen, landete jedoch mit den Knien unsanft auf dem Steinboden.
    Es war ein dumpfer Aufprall. Dujoks Waffe fiel mit Getöse zu Boden, rutschte weiter und verschwand im Kanal. Hasserfüllt sah Dujok mich an. Ich dachte schon, er würde sich wütend auf mich stürzen. Doch da, als er sich wieder aufrichtete und seine schmerzenden Knie rieb, entspannte sich wider jede Logik sein Gesichtsausdruck! Er verharrte reglos und lauschte. » Haben Sie es bemerkt?«, flüsterte er schließlich.
    Seine unverhoffte Gefasstheit verwirrte mich vollends. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    » Merken Sie nichts?«, fragte er noch einmal, während er in den Abschnitt des Tunnels zurückblickte, den wir gerade hinter uns gelassen hatten. » Man hört nichts!«
    » Nichts…«, wiederholte ich.
    Der Armenier hatte recht. Stumm lauschten wir nach Geräuschen, die die Anwesenheit anderer Menschen im Abwasserkanal verraten könnten. Doch wir nahmen nur das Plätschern des Wassers wahr, das über den Steinboden rann– unsere Verfolger schienen sich in Luft aufgelöst zu haben.
    » Keine Sorge, Mrs Faber. Alles wird gut!«, unterbrach Dujok schließlich die Stille.
    Sehr weit weg, oberhalb des steinernen Gewölbes, gewiss schon außerhalb des Geländes von Santa María a Nova, war plötzlich Sirenengeheul zu hören und wir setzten uns wieder in Bewegung.
    » Wissen Sie was«, sagte Dujok jetzt versöhnlich, » Sie haben gerade den Job von Jakob gemacht.«
    » Von Jakob? Von welchem Jakob?«
    Der Armenier lächelte.
    » Von dem biblischen Stammvater, Mrs Faber. Wie Sie wissen, führte Jakob ein erstaunliches Leben. Er kaufte seinem Bruder Esau das Erstgeburtsrecht ab. Er kämpfte mit einem Engel aus Fleisch und Blut, der ihn an der Hüfte verletzte. Vor allem aber wurde er zu einer so bekannten Figur, weil er auf dem Weg ins Gelobte Land eine außerordentliche Vision hatte, und zwar dank eines Adamanten, wie Sie ihn besitzen.«
    » Dank eines Adamanten?« Während ich versuchte, Dujok auf den Fersen zu bleiben, fragte ich mich, wie dieser Mann in so einem Moment überhaupt an biblische Geschichten denken konnte.
    » Jakob schlief eines Tages auf ihm ein und sein Traum erstaunte ihn sehr«, erklärte Dujok. » Plötzlich öffneten sich die Himmel und Jakob betrachtete verwundert, wie sich wenige Schritte von ihm entfernt eine feuerfarbene Treppe entfaltete. Kurz darauf begannen viele Geschöpfe die Stufen hinab und hinauf zu steigen, ohne sich um seine Anwesenheit zu kümmern. Ohne recht zu wissen, wie, hatte Jakob die Boten Gottes angelockt und ihnen mit seinem Stein einen Weg hinunter zur Erde eröffnet.«
    » Was wollen Sie mir mit alldem sagen, Mr Dujok?« Ich schnappte nach Luft. » Haben Sie meinen Adamanten für so etwas eingesetzt? Haben Sie etwa eine Brücke zum Himmel geschlagen?«
    Dujok lächelte verschmitzt:
    » Das haben Sie gesagt, nicht ich.«
    Ein plötzliches Geräusch in der Ferne, so als ob in der Kirche, die wir hinter uns gelassen hatten, eine Mauer einstürzte, ließ uns anhalten.
    » Und wer steigt Ihrer Meinung nach jetzt gerade hinab?«
    » Engel. Lichtgestalten. Die Boten, von denen alle Religionen sprechen, Mrs Faber. Wenn sie kommen, werden sie uns helfen, die Apokalypse zu besiegen, auf die wir gerade zusteuern.«
    » Glauben Sie das im Ernst?«
    » Nicht nur ich glaube das, Mrs Faber.« Dujok zupfte an meinem Arm und zog mich zu einer hellen Stelle, wenige Meter zu unserer Linken. » Martin glaubt das auch.«
    Ich sagte eine Zeitlang nichts mehr. Dann aber raffte ich mich auf:
    » Jetzt wo Sie Martin erwähnen… Ich habe Sie immer noch nicht gefragt, ob Sie wissen, warum man ihn entführt hat…«
    Dujok antwortete sofort.
    » Aus dem gleichen Grund, aus dem sie auch uns verfolgen, Mrs Faber. Sie wollen Ihre Steine haben, um diese unsichtbare Pforte zu öffnen, von der alle Religionen unseres Planeten sprechen, diese Pforte, die zwischen der anderen und unserer Welt besteht. Sie

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