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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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dass Luft über den Inhalt des Kastens strich. Als er aber einen Blick darauf geworfen hatte, bot sich ihm ein unbeschreiblicher Anblick: Es war eine raue schwarze Oberfläche voller Beulen und Wülste, die durch so etwas wie altertümliche Schriftzüge miteinander verbunden waren. Sie hatte mit nichts Ähnlichkeit, was er jemals gesehen hatte. Und als wäre das nicht schon genug gewesen, hatte dieses Ding seine Farbe verändert, sobald es mit der feuchten Atmosphäre von Noia in Kontakt gekommen war. Die » Tafel« wurde rötlich und gab eine Abfolge klagender Ächzlaute von sich, die ihn restlos verwirrte.
    » Aber was zum Teufel…?«
    Waasfi hatte ihm über das Headset befohlen, Amrak neben dem markierten Grab abzustellen und sich nicht weiter darum zu kümmern. Was er dann auch getan hatte.
    Und wie er es vergaß.
    Ein Projektil hatte Janos im Rücken erwischt und zu Boden geworfen. Der Einschuss war so brutal, dass Janos spürte, wie sein Herz drei Sekunden lang stillstand und er keine Luft mehr bekam.
    In dem Augenblick sah Waasfi den Angreifer an der Mauer mit den vermoosten Steinen entlangrennen, die den Friedhof abgrenzte. Er war mit einer Waffe ausgerüstet und wirkte gut trainiert. Und er lief in Zickzacklinien, so als befolgte er Fluchttechniken, die Waasfi selbst bestens vertraut waren. ›Womöglich ein Navy- SEAL ?‹ Der Armenier bewegte keinen Muskel. Er blieb reglos stehen und wartete ab, bis er seine Zielperson deutlich erkennen konnte. Doch leider hatte der andere ihn gleichzeitig entdeckt.
    Waasfi blieb keine Wahl. Er drückte auf den Abzug und ein Kugelhagel von sechs Schüssen pro Sekunde schleuderte den Mann gegen die Grabplatten. Er war sofort tot.
    Waasfi blieb keine Zeit, seinen Treffer zu feiern. Das nächste unverwechselbare Geräusch hinter seinem Rücken– Stiefel, die auf dem Kies knirschten– zog eine erneute Feuersalve auf sich. Und eine weitere bewaffnete Krähe der Navy- SEAL s ging zu Boden.
    Schon zwei.
    Adrenalin durchströmte den Armenier nun von Kopf bis Fuß.
    Plötzlich dachte er an Haci. Auch wenn seine Angreifer Schalldämpfer verwendeten, hätte er ihre Schüsse hören müssen: Dieser Ort war ein Amphitheater aus Beton. Das Gelände mit Santa María a Nova war von Wohnhäusern umgeben, die fast alle höher waren als der Kirchturm. Schon ein Händeklatschen hätte hier überall widergehallt. ›Sie haben ihn umgebracht. Bestimmt‹, war Waasfis Schlussfolgerung. Gleich darauf erinnerte er sich daran, dass amerikanische Spezialeinheiten niemals paarweise handelten. Sie bestanden stets aus mindestens sechs Männern.
    » Waffen runter! Hände hoch! Kommen Sie sofort raus!«
    Eine Stimme, die durch ein Megaphon verstärkt wurde und die Englisch sprach, beseitigte seine letzten Zweifel.
    » Sie sind umzingelt!«, rief die Stimme noch.
    Waasfi warf sich zu Boden, gab aber keine Antwort. Er konnte ein paar Meter weiter zu einem alten Steinkreuz kriechen, das von einer Steinplatte beschützt wurde, und verschanzte sich dahinter. Wenn er herausfinden konnte, woher die Stimme kam, hatte er vielleicht noch eine Chance.
    Da sah er einen dritten Soldaten zur Tür der Kirche schleichen, in der sich immer noch Dujok und Julia Álvarez aufhielten. Offenbar hatten sie nichts von der Situation mitbekommen. Der Scheich und die Seherin waren mit anderen Dingen beschäftigt. Deshalb überlegte Waasfi nicht einmal. Er nahm den Soldaten ins Visier und sein zielsicherer Schuss zerfetzte ihm den Helm, so dass sein Schädel am Scheitelbein mit einer tödlichen Verletzung aufriss. Als er den dritten Mann zu Boden gehen sah, dankte der Armenier Gott und seinem Onkel dafür, ihn mit solch durchschlagstarker Munition ausgerüstet zu haben. » Ergeben Sie sich und verlassen Sie Ihre Positionen!« Die letzte Aufforderung der Stimme ging in Waasfis präzisem Schuss unter. » Wenn Sie die Waffen nicht ablegen, werden wir schweres Feu…«
    ›Schweres Feuer?‹
    Waasfis Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
    ›Verfügen die Angreifer etwa über Artillerie?‹
    Er hatte sich die zweite Frage kaum gestellt, als schon fünf Projektile dicht neben ihm mit voller Wucht einschlugen und dabei alte lateinische Inschrift zerstörten. Der Armenier mühte sich mit dem Riemen seiner Uzi ab, der jetzt voller Marmorstaub war, und dann gelang es ihm gerade noch, sich wieder rechtzeitig auf den Boden zu werfen, bevor eine neue Breitseite die Steinplatte in die Luft jagte, auf die er seinen Kopf stützte.
    Als er

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