Die Rache der Engel
der gerade noch der Sarkophag gelehnt hatte. » Se-te-da-visionada« war nur noch ein Haufen Splitter und Brocken.
Ich war immer noch wie betäubt.
» Los! Folgen Sie mir!«
Ich wusste, dass es in der Richtung keinen weiteren Ausgang gab, trotzdem trottete ich hinter ihm her. Dabei wäre ich fast über ein Hindernis gestolpert. Als ich einen von Dujoks Männern erkannte, begann ich die Lage zu begreifen. Es war der Mann mit dem rasierten Schädel. Er lag mit bleichem Gesicht da und presste die Hand auf eine heftig blutende Wunde.
» Gehen Sie weiter!«, drängte mich Dujok.
» Was ist mit ihm?«
» Janos weiß, was er zu tun hat. Laufen Sie endlich!«
Während der Armenier in der Rauchwolke verschwand, benötigte mein Gehirn eine weitere Sekunde, um das Geschehen zu verarbeiten: eine Bombe– oder ein anderer Sprengkörper– war mitten in Santa María a Nova explodiert und dabei waren zahlreiche der im Boden eingelassenen Grabplatten zerborsten. Der Furcht erregende Gegner, über den Artemi Dujok mir nichts hatte sagen wollen, hatte uns offensichtlich gefunden. Das Unheil, das er angerichtet hatte, war verheerend: Tausend Jahre alte Grabplatten waren durch die Luft geflogen und hatten das gesamte Kirchenschiff mit Trümmern gefüllt. Die Kraft der Explosion hatte sogar die Steinplatte mitgerissen, die etwas abseits ausgestellt wurde, eine sehr alte Grabplatte, die etwas dunkler als die übrigen war und die bis zu diesem Zeitpunkt die Basis für das Monument des Winzers gebildet hatte. Dieser Stein war zerborsten und hatte sechs oder sieben schmale, verdreckte Stufen freigelegt, die in den Untergrund führten.
Am Anfang hielt ich den Anblick für ein Produkt meiner Fantasie. Für eine Nebenwirkung der Trance. Schließlich gab es in Santa María a Nova keine Krypta.
Doch ich irrte mich. Der Armenier stieg entschlossen die Stufen hinab und gab mir Zeichen, ihm zu folgen.
» Warten Sie!« Ich ruderte mit den Armen, um den Staub aus meinem Blickfeld zu vertreiben.
Dann folgte ich Dujok in die Tiefe.
Die Stufen endeten vor einem schmalen Durchlass.Dujok war bereits hindurchgeschlüpft.
» Worauf warten Sie?«, hörte ich ihn von der anderen Seite der Mauer rufen.
Ich zögerte, seine Aufforderung zu befolgen. Doch plötzlich hörte ich Schritte hinter mit. Feste Schritte. Soldatenschritte. Sie donnerten über den ebenerdigen Fußboden der Kirche. Wenn sie von den Männern stammten, die die Kirche attackiert hatten, oder von den Dieben der Steine, vor denen Martin mich gewarnt hatte, war es besser, dem Armenier zu folgen.
Ich zwängte mich genau in dem Moment in das Innere des Tunnels, als oben ein Schuss zu hören war.
» Um Gottes willen! Janos!«
Mit bangem Herzen und in der Überzeugung, dass sie soeben Janos umgebracht hatten, ging ich weiter. Der Tunnel– oder eher die Überreste eines alten Abwasserkanals– endete keine 30 Meter weiter westlich und vereinigte sich dort mit einem breiteren Tunnel, der zweifellos ein Teil der Kanalisation des Ortes war. Das wenige Tageslicht, das durch einen der Gullys eintrat, gab mir zumindest eine gewisse Orientierungshilfe. » Was ist passiert?«, fragte ich Dujok. Eine unangenehme Übelkeit lastete auf meinem Magen und ich hatte das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig zusammenzubrechen.
» Sie haben uns gefunden«, sagte er mit ernster Stimme.
» Wer? Colonel Allen?«
» Oder seine Leute. Aber das ist jetzt auch egal«, brummte er, während er mich weiterzog. » Tatsache ist, dass sie hinter Ihnen her sind… und hinter dem Ding.«
Der Armenier hielt meinen Stein in seiner linken Hand. Das Licht in seinem Inneren funkelte immer noch. Das Verglimmen einer Energie, die gegen ihr Verlöschen aufbegehrte.
» Bitte sagen Sie mir eins…« Ich musste, von dem Anblick fasziniert, schlucken. » Wir finden ihn, nicht wahr?«
» Martin? Selbstverständlich! Jetzt wissen wir ja, wo er ist. Nur einen Katzensprung vom Ararat entfernt. Leider habe ich jetzt nicht die Zeit, Ihnen alles ganz genau zu erklären, denn wir müssen so schnell wie möglich von hier weg.«
» Nein! So können Sie mich nicht abspeisen, Mr Dujok! Ich weiß doch nicht einmal, ob Sie nun diese verdammte Anrufung mit den Steinen durchgeführt haben oder nicht!« Ich war selbst überrascht, dass ich ihm diesen Wahnsinn zurief, während ich mit nur einem Schuh an den Füßen über die schmierigen und glitschigen Steine tappte.
» Mrs Faber, jetzt seien Sie endlich still und gehen Sie weiter!«
Da
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