Die Rache der Engel
Faber sprach darüber in einem Tonfall, als ging es um einen Versuch mit einem Laboraffen.
» Und wie kommen Sie auf die Idee, dass das zu etwas führt, Mr Faber?«
» Ganz einfach«, antwortete er lächelnd. » Diesem Edward Kelly, dem Seher, den John Dee im 16 . Jahrhundert für die Kommunikation mit den Engeln einsetzte, gelang es bei zahllosen Sitzungen, Henochisch anzustimmen. Und zwar hat er das stets im Beisein der drei Gegenstände getan, die wir hier zusammengeführt haben: die beiden Adamanten und der heilige Tisch. Die Verknüpfung ihrer Energiefelder potenziert die Gabe, die wir von dir benötigen. Dein Hirn, die Neuronenklänge, die es hervorbringt, und diese drei Dinge werden wie ein einziges Instrument agieren.«
» Amrak.«
» In einem weiteren Sinne, ja«, pflichtete er mir bei. » Der gesamte Kasten. Deshalb sind unsere Erfolgsaussichten sehr hoch.«
» Wird es mir wehtun?«
» Die Seher, die Dee eingesetzt hat, sind stets unversehrt daraus hervorgegangen.«
» Aber sie haben niemals das versucht, was Sie heute beabsichtigen, oder?«
Bill Faber zuckte mit den Schultern.
» Du musst dir keine Sorgen machen, Julia. Du bist von Engeln umgeben.«
» Natürlich.« Mein Lächeln war nicht gerade überzeugt. » Das hatte ich fast vergessen.«
» Dann, meine Liebe, lass uns so bald wie möglich anfangen.«
96
Tom Jenkins krallte sich mit aller Kraft im Schnee fest und kroch bis zum Rand des Abgrunds. Er wusste, dass er ab sofort jeden Schritt millimetergenau setzen musste, wenn er nicht die gesamte Operation gefährden und sechs Meter in die Tiefe stürzen wollte. Reflexartig überprüfte er zum x-ten Mal sein Satellitentelefon, nur um verärgert festzustellen, dass er nach wie vor keinen Empfang hatte.
›Wir sind allein.‹
Von seinem Posten aus hatte er eine perfekte Sicht auf die Höhle. Mit einem Blick konnte er das Labor kontrollieren, den Eingang zu der Spalte und sogar die Öffnung in der Eisdecke, die den Ort mit der Außenwelt verband. Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl, sich in Rom auf dem Pantheon zu befinden und wie eine Taube durch das berühmte Kuppelauge den Boden zu betrachten. Deshalb richtete er sich mit äußerster Vorsicht auf dem Felsvorsprung ein, installierte sein Fernglas auf einem kleinen Stativ und stellte sich darauf ein, das Schauspiel zu beobachten, das zu seinen Füßen gegeben würde. Es gab offenbar keinen Grund, schnell einzugreifen. Er hatte sich die Unterstützung von Nick Allen gesichert und besaß einen enormen Vorteil, der bei militärischen Operationen unbezahlbar ist– den Überraschungsfaktor. Wenn alles glatt lief, würde er bald mit seiner Kollegin, dem geretteten Ehepaar Álvarez-Faber sowie den beiden Steinen, die sie dem Präsidenten versprochen hatten, von hier verschwinden.
Jenkins’ Sorge bestand nun darin, wie er Ellen darüber informieren könnte, dass das 7 . Kavallerie-Regiment zu Hilfe gekommen war. Davon hing zum Teil der Erfolg ihres Planes ab. Aber wie sollte er das einrichten?
Ellen Watson wirkte versteinert. Ihre Gestalt war sogar in der Thermokleidung unverwechselbar. Sie beobachtete, wie Artemi Dujok und der jüngere Mann im roten Overall Julia auf eine Krankenliege halfen. Seine Kollegin sah keineswegs so aus, als wollte sie einschreiten.
» Sehen Sie das?«, flüsterte Allen Jenkins zu, während er auf den Metallschrank ein paar Meter links von Ellen hinwies. » Ich glaube, das ist das Lager für die Waffen.«
Tom nickte verdrossen. Irgendetwas an Ellens Körpersprache versetzte ihn in Alarmbereitschaft, aber er konnte nicht ausmachen, was genau.
» Wenn wir dorthin kommen und uns ein paar davon nehmen könnten, könnten wir die Situation klären. Es sind sieben gegen zwei, und sie sind nicht darauf vorbereitet.«
Jenkins biss sich auf die Lippen, er war sich nicht sicher.
Während die beiden Männer ihre Möglichkeiten abwogen, veränderte sich die Szene im Labor. Ein 50 -Zoll-Flachbildschirm zeigte die Zeit bis zum Eintreffen des ersten, höchst energiereichen Protonenangriffs gegen die Erde an. Die NASA hatte aufgrund von Andrew Bollingers Prognosen die Geschwindigkeit des Protonentsunamis mehrfach nachberechnet, und die Gruppe um Bill Faber hatte mithilfe einer Spezialantenne, die außerhalb des Gletschers installiert war, deren Zahlen abgefangen.
Zwanzig Minuten, vierzig Sekunden.
Der Zähler markierte die Zeit bis zum ersten Kontakt mit der Ionosphäre und dem Zeitpunkt, an dem die gesamte Kommunikation
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