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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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vor meine Augen. Da entdeckte ich etwas: Der Stein, der immer noch genauso roh und harmlos aussah wie zuvor, besaß eine Besonderheit, die mir bis zu diesem Moment entgangen war. Wenn das Licht schräg darauf fiel, wurde eine winzige Stelle der Oberfläche heller, und die dunkle Farbe wurde grünlich. Es kam mir zwar verrückt vor, aber einen Moment lang hatte ich das Gefühl, dass Dees Adamant von einer Art Haut überzogen war. Von einer äußerst feinen Membran, die, je nachdem, wie man sie betrachtete, in ihrem Inneren eine Form erkennen ließ, die in etwa wie ein Dattelkern aussah.
    » Und, meine Liebe, hast du etwas gesehen?«
    Ich nickte sprachlos.
    » Ihr nicht?«
    Von meiner Entdeckung hypnotisiert, spielte ich noch ein wenig mit dem Stein. Ich drehte ihn so, dass das Sonnenlicht aus verschiedenen Winkeln darauf traf, versuchte mich dabei aber gleichzeitig zu überzeugen, dass dieser transparente Effekt nicht wirklich sein konnte. Es gelang mir nicht. Schon bald musste ich mir eingestehen, dass ich innerhalb des Bruchteils einer Sekunde den Stein nicht mehr wie einen harmlosen betrachtete, sondern ihn bewunderte, als wäre er ein Diamant.
    Daniel, Martin und Sheila, die hinter mir am Tisch sitzen geblieben waren, beobachteten mich zufrieden.
    » Du hast es bemerkt, nicht wahr?«
    Ich nickte wieder.
    Martin wurde von seinen Gefühlen übermannt. Er hatte die Teetasse abgestellt und ließ die Fingerknöchel knacken, wie immer, wenn er aufgeregt war.
    » Ich habe es euch doch gesagt«, stellte er schließlich fest, » Julia hat die Gabe.«
    » Ja, sieht ganz danach aus«, pflichtete Sheila ihm bei, ohne mich aus den Augen zu lassen. » Herzlichen Glückwunsch!«
    Aber noch bevor ich antworten konnte, geschah etwas. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, aber, sofern das überhaupt möglich ist, es war noch merkwürdiger als das Vorausgegangene. Es war etwas, was ich damals nicht einordnen konnte, und es war, ohne dass ich es wusste, dazu bestimmt, mein Leben für immer zu verändern: Der Stein mit dem durchsichtigen Inneren bewegte sich plötzlich zwischen meinen Fingern, als wäre er lebendig. Es war eine abrupte Bewegung, wie ein Handy im Vibrationsmodus. Ich sah Daniels erstauntes Gesicht. Und das von Martin. Doch diese Bewegung war nur das Vorspiel zu einem weiteren Phänomen. Der Adamant erhob sich ein Stück über meine Handfläche und begann ein Licht auszustrahlen, das kurz, aber äußerst heftig in dem Raum aufblitzte und unsere Schatten an die Wand projizierte.
    » Er… fliegt ja?«, stammelte ich nur.
    » Bei den Heiligen!«, brummte Daniel Knight. » Was machst du denn da, Mädchen?«
    Er hatte seine Frage noch nicht beendet, da lag der Stein wieder auf meiner Handfläche. Er war heiß, aber reglos. Er war wieder tot.
    » Ich weiß es nicht!«, schrie ich. » Das Ding hat sich von selbst bewegt!«
    Sheila durchbohrte mich mit dem Blick, während ein zufriedenes Lächeln ihr Gesicht umspielte.
    » Sie hat die Kraft der Antigravitation«, flüsterte Daniel.
    » Meine Güte! Ich muss dich beglückwünschen, Martin.« Sheila war hingerissen. » Julia ist genau die Frau, auf die wir gewartet haben. Da gibt es keinen Zweifel.«
    Dann wandte sie sich an mich:
    » Du kannst den Adamanten behalten, meine Liebe. Ganz offensichtlich gehorcht dir der Stein. Von nun an wird er dein Talisman sein.«

18
    Die Polizisten Pazos und Mirás waren bereits eine halbe Stunde tot, als sich zum ersten Mal das Funkgerät in ihrem Fahrzeug einschaltete, um zu kontrollieren, ob alles in Ordnung war. Es produzierte nur ein Knacken und ging dann wieder aus. Der Streifenpolizist, dem man die Verantwortung für diesen Abschnitt übertragen hatte, befand sich zu dem Zeitpunkt mit seinem Walkie-Talkie gegenüber vom Café La Quintana. Da brach zum zweiten Mal in dieser Unwetternacht die Stromversorgung in dem gesamten Gebiet zusammen.
    » So eine Scheiße aber auch«, fluchte er.
    Aus einem Grund, den sich der Polizist nicht erklären konnte, versagte nun auch noch sein Funkgerät den Dienst. Er schüttelte das Gerät mehrmals, aber ohne jeden Erfolg. Als es nicht einmal mehr den Ladestatus anzeigte, fiel dem Polizisten ein, dass es immer noch die Nacht von Allerseelen war.
    » Da haben wohl die Meigas ihre Finger im Spiel…«, flüsterte er, während er einen Schauder unterdrückte und sich für den Fall, dass diese galicischen Hexen wieder einmal ihr Unwesen treiben könnten, bekreuzigte.
    Ganz in der Nähe, am Ende der Mauer

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