Die Rache der Engel
einige sind sogar in der Mittelaltersammlung des Britischen Museums ausgestellt. Aber sie besitzen nicht die gleiche Kraft wie unsere Steine. Wir bewahren die einzigen und wahrhaften Adamanten von John Dee auf.«
» Ada… was?«
» Martin, also bitte!« Unsere Gastgeberin versetzte Martin amüsiert einen Klaps auf den Rücken. » Du hast Julia tatsächlich zu uns gebracht, ohne ihr etwas davon zu sagen?«
» Das hatte ich dir doch versprochen. Nicht ein Wort.«
» Guter Junge!«, lobte sie ihn.
Während sie ein wenig von dem Tee in kleine arabisch anmutende Gläser einschenkte, führte Daniel das Gespräch fort.
» Gut, dann werde ich es dir erklären«, begann er. Er nahm einen Schluck Tee, biss in ein Stück Baklava und sprach dann weiter. » Sieh mal, Julia, nach den wenigen schriftlichen Zeugnissen, die Dee hinterließ, sind diese Schätze das wertvollste Geschenk, das ihm die Engel gemacht haben. Sie sind himmlischer Herkunft. Sie sind so einzigartig wie die Steine, die die NASA vom Mond mitgebracht hat. Als die Engel Dee die Steine anvertrauten, legten sie Wert darauf, ihm zu erklären, dass es sich um Steine aus dem Paradies handelte, aus dem Garten Eden.«
Ich sah Daniel fassungslos an.
» Du kannst das selbstverständlich glauben oder auch nicht, aber seit Martins Vater sie uns übergeben hat, erstaunen sie uns immer wieder.«
» Wie bitte?«
» Also… Sie haben zwar niemals das Verhalten gezeigt, das in Dr. Dees Aufzeichnungen beschrieben wird, aber manchmal machen diese Steine merkwürdige Sachen. Ihr Gewicht verändert sich, oder ihre Farbe, es treten Zeichen auf, die dann wieder verschwinden, und sie sind so hart, dass nicht einmal ein Diamant sie durchschneiden kann.«
» Aber was hat das alles mit der Kommunikation mit den Engeln zu tun?«
» Wir haben die Steine renommierten Sehern anvertraut, so wie Dee im 16 . Jahrhundert, und einige konnten ihnen Töne und sogar Lichter entlocken.«
» Was sagen die Edelsteinkundler dazu? Hat sich schon einmal ein Fachmann auf diesem Gebiet die Steine angesehen?«
» Das ist ein anderes Thema.« Daniel lächelte rätselhaft und strich über seinen Bart. » Sagen wir einmal so, alle rationalen Versuche, den Adamanten ihre Geheimnisse zu entreißen, sind gescheitert. Nur gewisse Personen mit besonderen psychischen Fähigkeiten haben uns bisher helfen können, sie etwas besser zu verstehen. Und genau das erwarten wir von dir, nicht wahr, Martin?«
Mir fiel auf, wie sich Daniels Pupillen weiteten, als er die nächsten Worte aussprach:
» Martin meint«, sagte er noch, » dass du so eine Person bist. Du weißt schon, eine Seherin.«
» Ich?«
Mein Herz tat einen Satz. Was sollte das alles? War das eine Falle? Ich warf Martin einen fragenden Blick zu. Er wusste doch, dass ich diesen Dingen seit Jahren auswich. Wie konnte er mir das antun, noch dazu am Tag vor unserer Hochzeit?
» Julia«, meinte Daniel unbeirrt, » ich denke, der Zeitpunkt ist gekommen, an dem du dir diese Steine ansiehst und uns zeigst, was du mit ihnen anstellen kannst.«
16
» Das heißt also«, fiel mir der amerikanische Oberst ins Wort, der seine Ungeduld nicht mehr zügeln konnte, » Sie haben sich in einen Pilger verliebt, der auf dem Jakobsweg nach Noia kam. Dieser Mann hat Sie erobert und schon bei Ihrer ersten Begegnung Ihr wohlgehütetes Geheimnis entdeckt, Ihre visionäre Begabung. Aber bis zu Ihrer Hochzeit wussten Sie nicht, dass auch Martin ein Geheimnis besaß.«
» Genau«, war meine Antwort, » die Steine von John Dee.«
» Aber wieso hat Ihre besondere Gabe Sie nicht darauf vorbereitet?«
» Ich habe doch meine Fähigkeit gar nicht akzeptiert und erst recht nicht eingesetzt! Ich habe versucht sie zu verbergen, verstehen Sie? Ich habe schon seit Jahren darum gebetet, dass sie aus meinem Leben verschwindet! Und selbst wenn ich tatsächlich aufgrund meiner Intuitionsgabe etwas herausfand, habe ich das nie verwendet. Ist das denn so schwer zu verstehen? Bis Martin in mein Leben trat, wollte ich einfach nur ein normaler Mensch sein. Eine junge Frau, wie alle anderen auch.«
» Es fällt mir schwer, das zu glauben, Mrs Álvarez.«
» Die ganze Geschichte ist doch unglaublich, oder?«, wandte ich ein. » Ebenso wie die Tatsache, dass Sie hierher kommen und sich eine Schießerei mit einem Unbekannten liefern, der mir absolut nichts getan hat!«
» Aber er stand kurz davor, das steht fest.«
Die Selbstsicherheit des Amerikaners zwang mich, einen Gang
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