Die Rache der Engel
beleidigen.«
» Du beleidigst nicht mich«, knurrte Daniel. » Viele Menschen sind bei dem Versuch gestorben, dieses Geheimnis herauszufinden. Schließlich und endlich geht es bei den großen Geheimnissen der Menschheit um die direkte Verbindung mit Gott: Die Bundeslade, der Heilige Gral oder die Kaaba sind doch nichts anderes als Werkzeuge, um sich an Gott zu wenden. Du musst wissen, dass Dr. Dee die letzte Person in der Geschichte war, die diese Fähigkeit besaß. Sein außerordentliches Renommee in England verdankte er seiner Kommunikation mit den himmlischen Heerscharen. Und all das gelang ihm auf dem Grundstück, auf dem wir uns befinden. Deshalb ist Sheila hierher gezogen.«
» Ist dieser Platz so wichtig?«
» Ja, selbstverständlich. Man hat nie ganz verstanden, wie es Dee gelungen ist, diese Brücke zu der Welt der Engel zu schlagen. Deshalb achten wir die Orte, die unsere Vorfahren für ihre Kontakte auswählten.«
» Aber glaubt ihr denn wirklich, dass John Dee mit den Engeln sprach?«
Mein Gesprächspartner wand sich in seinem Ohrensessel, während Martin mich amüsiert betrachtete.
» Meines Erachtens gibt es einen Beweis, der das zweifelsfrei belegt«, erwiderte Daniel in einem Tonfall, als hätte ich soeben sein Ego angegriffen. » Diese höheren Wesen setzten ihn über hunderte Ereignisse in Kenntnis, die noch bevorstanden. Seine Gesprächspartner konnten sich in der Zeit vorwärts und rückwärts bewegen. Königin Elisabeth I. schätzte diese Gabe sehr und kam einige Mal hierher, um Dees prophetische Dienste in Anspruch zu nehmen.«
» Und, lag er richtig?«
» Ich weiß nicht, ob das die passenden Worte dafür sind…«
» Schon gut«, gab ich nach. » Prophezeite er etwas?«
» Mädchen, das musst du selbst beurteilen. Dee sagte die Hinrichtung der schottischen Königin Maria Stuart voraus, aber auch die Sterbedaten des spanischen Königs Philipp II ., von Kaiser Rudolf II . und sogar von der Königin selbst. Jawohl. Ich würde sagen, er war ein großartiger Futurologe.«
» Sieh mal, Julia«, unterbrach uns Martin, während er neben mir Platz nahm, als wollte er mich vor den Launen seines klugen Freundes schützen. » Meine Eltern beauftragten Daniel und Tante Sheila vor zwanzig Jahren damit, das Leben von John Dee zu erforschen, und vor allem die Werkzeuge, die er entwickelte, um mit den Engeln zu sprechen. Sie selbst zogen in die Vereinigten Staaten, aber Sheila und Daniel blieben in London, weil sie meinten, es würde ihnen die Aufgabe erleichtern. Wir wussten, dass Dee zumindest zwei Seher anwarb, die die Gegenstände benutzen konnten, die er von den Engeln erhielt, aber wir konnten die Tragweite dessen, was sie damit sahen, nicht genau abschätzen. Jedenfalls war es offensichtlich etwas Außerordentliches.«
Martin legte eine Pause ein, ehe er weitersprach.
» Heute müssen wir uns diese Gegenstände wie eine Art Satellitentelefone jener Zeit vorstellen. Von außen sehen sie wie schlichte Steine aus, aber sie haben eine enorme Kraft. Mit ihrer Hilfe gelangte Dee an beeindruckendes Wissen auf den Gebieten der Optik, Geometrie, Medizin… Seine Informationen waren von revolutionärer Bedeutung. Dee war von ihrem Wert überzeugt und investierte ein Vermögen in die Konstruktion eines heiligen Tisches, in den er diese Steine einlegte. Er erwarb einen Obsidianspiegel, den die Spanier aus Mexiko mitgebracht hatten, und er baute sogar eine kleine Sammlung von Edelsteinen auf, damit seine Medien weitere und noch bessere Botschaften der Engel empfangen konnten. Er befolgte getreu alle ihre Anweisungen, vor allem die des Erzengels Uriel, und er initiierte eine Kommunikation mit dem Himmel, wie es sie seit der Antike nicht gegeben hatte.«
» Aber warum interessiert sich deine Familie dafür?« Ich traute meinen Ohren nicht. Meinem Verlobten war schon vor einer Weile das Lächeln vergangen, und seine aufgekratzte Stimmung hatte sich in Ernst verwandelt. Er strahlte eine feierliche Stimmung aus. » Heißt das, dass die Familie Faber solche Dinge sammelt?«
Sheila ließ Martin keine Gelegenheit, um zu antworten. Sie erschien in diesem Augenblick mit einer Kanne heißem Tee, der nach Pfefferminze duftete, und stellte sie zwischen uns. Anschließend machte sie keinerlei Anstalten, sich vom Fleck zu rühren.
» Junge Frau«, legte sie los, » in Wahrheit geht es darum, dass wir die beiden Steine haben, die Dr. Dee für seinen Austausch mit den Engeln benutzte. Es gibt noch ein paar andere,
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