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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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zurückzuschalten. » Sie meinen, was ich Ihnen gerade erzähle, hilft, Martin zu finden?«
    » Bestimmt.«
    » Gut, dann lassen Sie mich die Geschichte zu Ende erzählen. Das mit den Adamanten war nur der Anfang. Ich glaube, das war der Zeitpunkt, an dem ich mich mit meiner Gabe versöhnte. Auch wenn ich das niemals hätte tun sollen…«
    » Wirklich nicht?«
    » Absolut nicht!«
    » Bitte, erzählen Sie mir mehr darüber.«

17
    Also, Sheila ging zu dieser Vitrine, die mich so neugierig gemacht hatte, öffnete die Glastür und holte ein Holzkästchen mit prächtigen Silberverzierungen heraus. Als sie das Kästchen neben das Teeservice stellte, dachte ich zuerst, sie habe sich geirrt. Meine Erwartung, vielleicht zwei imposante Smaragde präsentiert zu bekommen, wurde auf der Stelle zunichtegemacht. Auf dem roten Samtfutter lagen zwei schlichte schwarze Steine. Sie sahen aus, als wären sie gerade einem Flussbett entnommen worden. Sie vermittelten wahrlich nicht den Eindruck, irgendeinen besonderen Wert zu haben. Es waren ja auch keine Schmuckstücke im üblichen Sinn. Die Steine waren glatt, aber ungeschliffen, sie waren schmal, in etwa so groß wie eine Münze, und hatten ungefähr die Form einer Niere.
    » Such dir einen Stein aus und halt ihn ans Fenster, meine Liebe.«
    Ich tat, wie Sheila mir geheißen. Ich nahm den etwas größeren der beiden Steine und ging damit zum Fenster.
    » Und jetzt sieh ihn dir gegen das Licht an.«
    Ich gehorchte. Sheila sprach weiter.
    » Es gibt Medien, die versichern, dass diese Art Steine aktiviert werden, wenn sie das Sonnenlicht empfangen und dabei im Uhrzeigersinn gedreht werden. In bestimmten Momenten verändert die Sonneneinstrahlung ihre Molekularstruktur und setzt etwas in ihrem Inneren in Bewegung.«
    » Wirklich?«
    Skeptisch drehte ich den Stein zwischen den Fingern hin und her, ohne etwas Besonderes festzustellen. Der Stein, den ich gewählt hatte, war opak, schwer und genauso tot wie jeder andere Stein auch.
    » Sieh ihn dir genauer an«, beharrte Sheila. » Versuch deinen Atem zu kontrollieren und dreh ihn immer weiter, meine Liebe.«
    Je länger ich den Stein betrachtete, desto mehr war ich überzeugt, dass ich nur einen einfachen Stein in Händen hielt und dass Martins Freunde einfach ein paar durchgeknallte Irre waren.
    » Es gibt folgende drei Möglichkeiten«, begann Sheila da sehr feierlich. » Entweder spürst du nichts, weil dein Verstand nicht darauf vorbereitet ist, diesen Talisman zu empfangen. Oder seine Kraft wird, sobald er aktiviert ist, vorübergehend deinen Verstand verwirren. Oder er bringt dich um.«
    » Dieser Stein kann… mich töten?«
    Meine Frage war eher höflich gemeint, ich lächelte dabei etwas dümmlich. Der Stein war zwar der harmloseste Gegenstand, den ich je gesehen hatte, doch Sheilas Kommentar enthielt einen so warnenden Tonfall, dass ich verblüfft war.
    » Du kennst bestimmt die Geschichte von Ussa, oder?«, sagte sie.
    » Ussa?«
    » Nach dem Alten Testament war Ussa einer der Wagenführer, die die Bundeslade transportierten. Unglücklicherweise hatte dieser Sklave nicht das Wissen der Leviten über die heilige Reliquie. Die Leviten hatten ihn zwar immer wieder angewiesen, die Bundeslade unter keinen Umständen zu berühren, aber eines Tages kam Ussa nicht umhin, dies doch zu tun. Es geschah bei einer ihrer zahlreichen Reisen. Der Wagen mit der Bundeslade stieß gegen einen Stein und Ussa hielt instinktiv die Bundeslade fest, damit sie nicht auf die Erde fiel.«
    » Ja, daran erinnere ich mich«, stellte ich fest, ohne meinen Blick von dem Stein zu heben. » Ussa verbrannte, oder?«
    » Ja. Aber nicht die Bundeslade tötete ihn.«
    » Sondern?«
    » Die Bundeslade enthielt die Gesetzestafeln mit den in Stein gemeißelten Zehn Geboten. Diese beschrifteten Platten bestanden aus dem gleichen Material wie der Gegenstand, den du gerade in Händen hältst. Deshalb sage ich, dass der Stein dich umbringen kann.«
    Ich spürte einen leichten Schauder, als ich das hörte. Ich wollte den Adamanten gerade in sein Kästchen zurücklegen, als mich irgendetwas daran erschreckte. Ich kann nicht genau sagen, was es war. Es schien mir ein flüchtiger Glanz zu sein, ein Schimmer, wie ihn ein Prisma ausstrahlt, wenn es von einem Sonnenstrahl getroffen wird. Aber der Stein war ja opak, keine Maserung und auch keine glänzenden Oberflächen hätten das Licht reflektieren können. Ich sagte kein Wort, führte aber, neugierig geworden, den Stein wieder

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