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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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die Engel als solche zu identifizieren. Anders als viele glauben, sind Engel nicht diese naiven Geschöpfe mit Flügeln auf dem Rücken, die wie Spatzen über unseren Köpfen herumschwirren. Oder, mein Junge?«
    Martin auf dem Stuhl neben mir nickte mit einem strahlenden Lächeln. Daniel sprach weiter.
    » Was wird das denn?«, flüsterte ich Martin verwirrt zu. » Will uns dieser Typ jetzt ein Referat halten?«
    » Ich dachte, dir gefallen die Mythen«, antwortete Martin mit einem leisen ironischen Unterton, ohne den Altar aus dem Blick zu lassen. » Deshalb habe ich ihn, dein Einverständnis voraussetzend, gebeten, uns eine kleine Vorlesung über Angelologie zu halten.«
    » Aber Martin!«
    » Pst. Möchtest du den beiden jetzt bitte zuhören, Chérie?«
    Daniel sah zu uns, ohne seine Rede zu unterbrechen.
    » Ich möchte euch erklären, wie diese Engel ursprünglich ausgesehen haben«, sagte er und hob dabei die Stimme. » In den letzen Kapiteln des Henochbuches steht etwas über Lamech, Noahs Vater, der wie alle seines Stammes große Angst vor diesen schönen blonden Geschöpfen hatte, die sich unbemerkt zwischen uns bewegen können. Lamech bezeichnete sie als ›Wächter‹, weil er glaubte, dass Gott sie nach der Vertreibung aus dem Paradies auf die Erde geschickt habe, um dafür zu sorgen, dass wir nicht wieder in Ungnade fallen. Diese göttlichen Gesandten gingen in die Städte, Märkte und in Schulen, wo sie Acht gaben, ob alles in Ordnung war. Sie ermahnten diejenigen, die Gottes Gesetz übertraten, oder diejenigen, die den sozialen Frieden gefährdeten. Sie waren also eine Art Geheimpolizei. Sie genossen tatsächlich Respekt, bis eines Tages ein schreckliches Gerücht über sie in Umlauf kam.« Daniel zog die buschigen Augenbrauen hoch und verlieh seinen Worten eine wachsende Spannung: » Angeblich hatten einige Wächter menschliche Frauen geschwängert, und die daraufhin geborenen Kinder sahen ihnen tatsächlich ähnlich. Deshalb wurde Lamech misstrauisch, als seine Frau einen Sohn mit blauen Augen und hellen Haaren gebar. Er nannte das Kind Noah– das bedeutet ›Ruhebringer‹– und beobachtete den Jungen besonders kritisch. Lamech starb jedoch ohne zu wissen, dass Gott diesen Mischlingsjungen und seine Familie auserwählt hatte, um uns vor der Sintflut zu retten. Und zwar aus dem Grund, weil sein Sohn, ohne sein Menschsein aufzugeben, die Fähigkeit entwickelte, Gottes Stimme zu hören und mit Ihm in Verbindung zu treten. Wie ein Medium…«
    » Ja, ja«, brummte der Geistliche hinter Daniel und brachte damit die Gäste und mich wieder zum Schmunzeln und nahm der Rede so etwas von ihrem Ernst. » Das ist ja alles schön und gut. Aber wir sollten jetzt mit der Trauung beginnen, und wir haben immer noch nichts von Henoch und seinem Buch gehört.«
    » Aber ja. Selbstverständlich, Father Graham.«
    Daniel Knight blickte noch eine Sekunde zu Martin, als benötigte er dessen Einverständnis, um weiterzusprechen. Als er dieses ausgemacht zu haben glaubte, setzte er seine Ansprache fort.
    » Father Graham hat recht. Das Medium Noah hatte in dem Patriarchen Henoch einen berühmten Vorgänger. Henoch war einer der wenigen Menschen, die vor der Flutkatastrophe direkten Kontakt zu diesen Wächtern hatten, und er lernte Vieles von ihnen. Trotz seines Standes als einfacher Bauer gelang es ihm, ihre Freundschaft zu gewinnen. Er lernte ihre fremde Sprache, er wurde ihr engster Vertrauter unter den Menschen und zur Belohnung kam er in den Himmel, ohne die Phasen des Alterns und des Todes durchmachen zu müssen. Henoch hat tatsächlich so viel von ihnen gelernt, dass er, als er von seiner Reise ins Jenseits zurückkam, mit einem ungeheuren Wissen ausgestattet war. Er bestand hartnäckig darauf, dass eine schlimme Katastrophe die Erde bedroht. Und dass uns nur wenig Zeit bleibe, uns dagegen zu wappnen. Aber seine Zeitgenossen ignorierten ihn. Niemand hat seine Warnungen ernst genommen, bis sein Urenkel Noah wieder davon sprach. Und wie ihr alle wisst, haben auch sie nicht auf ihn gehört.«
    » Verzeihen Sie bitte, wenn ich darauf bestehe, Mr Knight«, unterbrach der Vikar ihn noch einmal, » aber können Sie den Anwesenden auch erklären, wer dieser Henoch gewesen ist? Hat es ihn wirklich gegeben?«
    » Aber gerne«, erwiderte Daniel, während er sich mit einem Taschentuch die Schweißtropfen abtrocknete, die auf seiner Stirn perlten. » Meine Freundin Sheila und ich beschäftigen uns schon seit einiger Zeit mit

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