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Die Rache der Horden

Die Rache der Horden

Titel: Die Rache der Horden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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und streckte die Hand aus, um John wieder auf die Beine zu ziehen.
    »In Ordnung, ich schreibe den Befehl und schicke ihn ab«, sagte John. »Sie erhalten das Material übermorgen.«
    Er legte eine Pause ein und blickte nach Süden zu der dunklen Linie aus Erde hinüber, die einst ein Kiefernwald gewesen war. Falls diese Stellung rechtzeitig fertig wurde, würde sie sich als mörderisches Schlachtfeld erweisen.
    Über dreißig Kilometer vom Meer bis zum Wald, die Berge an manchen Stellen fast vierhundert Meter hoch. Den Wald hatte man hier direkt im Rücken – man brauchte also nur noch die Bäume zu fallen und aufzustapeln. Der einzige Nachteil bestand in der harten, steinigen Erde, ganz anders als der Lehmboden an der Potomac-Front, der es zum Vergnügen gemacht hatte, Schützengräben auszuheben. In einem Monat konnte hier eine einzelne befestigte Linie entstehen, in drei Monaten regelrechte Bastionen, Rückzugsstellungen und Festungen, die jeden Pass blockierten, der Gebirgshang außerdem in einen Irrgarten aus Verhauen verwandelt. Zeit – immer lief es auf Zeit hinaus.
    Er blickte über die Schulter. Knapp hundert Meter hangaufwärts arbeitete eine Gruppe hart. Ein niedriges, doppelwandiges Blockhaus entstand dort und wurde zusätzlich durch Erdaufschüttungen an den Wänden verstärkt. Die Männer kamen gut voran, und wenn das Blockhaus erst mal fertig war, würde es fast jedem Angriff standhalten.
    »Wie viel Zeit bleibt uns noch?«, fragte Emil. »Ich war hier oben ohne Verbindung.«
    »Sie haben gestern Abend einen schweren Angriff über die Furt vorgenommen und konnten sich vorübergehend auf unserer Seite festsetzen; erst am Morgen gelang es uns, sie zurückzutreiben. Wir haben tausend Mann verloren – das 1. Orel und das 2. Roum wurden schwer getroffen. Ich habe vergessen, es Ihnen zu sagen, aber bis zum Abend wird ein ganzer Zug mit ihren Verwundeten eintreffen.«
    Emil nickte geistesabwesend.
    »Ich denke, ich lege mich lieber etwas schlafen – es wird eine lange Nacht.«
    John schwieg. Seine tiefste Angst war, dass er eines Tages als Patient zu Emil gebracht wurde. Bislang hatte er den Krieg ohne einen Kratzer durchgestanden, aber er hatte schon zu viele Feldlazarette besucht – erfüllt von Schreien, scharrenden Sägen und blitzenden Skalpellen – um etwas anderes als eine urwüchsige Angst vor ihnen zu empfinden. Er sah Emil an und fragte sich, wie ein so sanfter Mann – denn schließlich sprudelte unter dem reizbaren Äußeren ein unerschöpflicher Quell an Güte – mit dem Skalpell in das zerrissene Fleisch so vieler junger Soldaten schneiden konnte. John spürte das Übelkeit erregende Bedürfnis zu fragen, wie viele Arme, wie viele Beine Emil schon amputiert hatte, als er dessen verwitterte Hände betrachtete, die permanent gerötet schienen von den ätzenden Spülungen, mit denen der Doktor Infektionen vorbeugte.
    »Angst?«, fragte Emil sanft.
    »Nacktes Grauen«, flüsterte John.
    »So geht es uns derzeit allen. Eine Zeit lang fürchtete ich, Andrew darin untergehen zu sehen. Ich erkenne die Angst aber auch in Ihnen, Fletcher, Kai und ganz tief sogar in dem jungen Hawthorne.«
    »Aber nicht in Pat. Ich denke, er liebt es richtig.«
    »Ein tumber Kerl, aber wir brauchen Leute dieses Schlages. Es betrifft jedoch alle anderen von uns. Schon beim ersten Mal hatten wir Angst, nur denke ich, waren wir einfach zu sehr von unseren Aufgaben in Anspruch genommen, um uns Sorgen zu machen. Die Sache vergangenen Sommer, die hat uns völlig überrumpelt. Ich denke, sie hat unsere Zuversicht ein bisschen erschüttert, obwohl wir gesiegt haben. Sie hat uns nervös gemacht. Als dann jedoch die Katastrophe von vor zwei Wochen eintrat, als sie durch uns hindurchbrausten, das hat uns alle bis ins Mark erschüttert und uns deutlich gemacht, dass wir diesmal wirklich geschlagen werden könnten.«
    »Ich erinnere mich an diesen Tyrann in meiner Heimatstadt Waterville«, sagte John, und ein Lächeln spielte kurz über seine Züge. »Er hat mich wochenlang verspottet, und ich hatte fürchterliche Angst vor ihm. Schließlich bin ich explodiert, und bei Gott, ich habe die Scheiße aus ihm herausgeprügelt! Und ich habe mich wirklich großartig gefühlt. Als ich am nächsten Morgen zur Schule ging, habe ich ihn mit seinem blauen Auge gesehen. Hinter ihm stand sein großer Bruder, der doppelt so groß war wie ich und mich dermaßen verprügelte, dass es mich fast das Leben kostete.
    So ähnlich lief es mit den

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