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Die Rache der Horden

Die Rache der Horden

Titel: Die Rache der Horden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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an, Andrew Lawrence Keane aus Yankee Maine. Falls ich schon mein Volk verraten habe an jenem Tag, als ich von seinem Fleisch aß, dann ist es umso leichter, die zu verraten, die mich dazu gezwungen hatten.«
    Beide schwiegen, während die Uhr tickte und die Stille von neuem mit lauter Stimme durchbrach.
    Juri blickte sie an.
    »Die Stimme der Zeit«, sagte er und lachte leise. »Eine seltsame Maschine! Wisst Ihr, Euch bleibt nicht mehr viel Zeit, und sobald sie kommen, wird es wie ein Sturm aus der Hölle sein.«
    Andrew nickte, blieb nach wie vor unverbindlich.
    »Glaubt mir, Jubadi hat unzählige Stunden darauf verwandt, von Euch zu lernen. Er hat dafür den Verräter Hinsen zur Hand und die wenigen Yankee-Seeleute des großen Schiffes, die immer noch Gefangene sind und ihre Ehre gegen ihr Leben eingetauscht haben. Jubadi verwendet viel Zeit darauf, in Eure Gedanken einzudringen, und Ihr habt keine Möglichkeit, seine Gedanken zu erkunden.«
    Andrew blickte auf, als Hinsens Name fiel. Mit diesem Namen war inzwischen so viel düstere Bedeutung verbunden wie mit dem von Benedict Arnold – ein Name, den man nur voller Verachtung ausspie. Hinsen war der Einzige, der den Merki erklärt haben konnte, wie man Wasserstoff für ihre Maschinen gewann, und noch vieles mehr.
    »Habt Ihr Hinsen gesehen?«
    Juri nickte.
    »Oft. Wie er vor Jubadi katzbuckelte, ihm viel versprach, ihm von Euren Kampfmethoden berichtete, den benutzten Formationen, der Art, wie Ihr denkt, wie Ihr führt.«
    »Und die anderen?«
    »Die meisten Yankee-Seeleute und die suzdalischen Seeleute sind tot; einige weigerten sich zu helfen, andere versuchten zu fliehen. Eine Hand voll sind allerdings übrig geblieben. Dann sind da noch die anderen Seeleute zu erwähnen, die Eure Sprache beherrschten und vom südlichen Meer stammten. Sie brachten einen Eurer Dampfwagen nach Cartha, aber als die Nachricht von Eurem Sieg eintraf, schlichen sie sich davon.«
    Er lachte leise.
    »Sie stahlen eines der Eisenschiffe, die Cromwell herstellte, das aber noch nicht bereit war für den Kriegseinsatz. Etliche Suzdalier und ein paar Yankee-Seeleute gingen mit ihnen. Sie flohen nach Süden, und seither hat man nichts mehr von ihnen gehört. Jubadi war wütend.«
    Er brach ab.
    »Er hat fünftausend Menschen, die an der Küste lebten, aus Rache umgebracht.«
    Zu schade, dass diese Seeleute nicht nach Norden geflohen sind, dachte Andrew. Die Maschinen von Cromwells Schiffen waren zwar primitive, aber zugleich solide Konstruktionen. Erneut verfluchte er diesen Mann dafür, dass er seine Kenntnisse zurückgehalten hatte, als sie am dringendsten gebraucht wurden.
    »Und Cromwell? Was ist aus ihm geworden?«
    »Das Mondfest. Es hieß, er wäre tapfer gestorben.«
    Andrew sagte nichts. Obwohl der Mann ein Verräter gewesen war, konnte Andrew jeden nur bemitleiden, der ein solches Schicksal erlitt. Und obwohl gegen seinen Willen dazu gezwungen, war Juri ebenfalls ein Verräter. Er musste den Horden gegenüber völlig loyal sein, andernfalls hätten sie ihn schon vor Jahren umgebracht. Zwanzig Jahre bei ihnen mussten ihn gezeichnet haben.
    »Wir hatten einfach schon zu viele Verräter«, sagte Andrew leise und blickte Juri offen in die Augen.
    »Benutzt mich, und ich berichte Euch, was die Horden fürchten. Ich berichte Euch von Jubadi, von Vuka, von Shaga und von Tamuka.«
    Diese heruntergerasselten Namen klangen düster und bedrohlich, und Andrew wurde auf einmal klar, wie wenig er von seinem Feind wusste. Sie waren eine gesichtslose Masse, eine dunkle brodelnde Masse des Grauens, wie die schattenhaften Dämonen der Apokalypse. Und er wusste nichts von ihnen – wer sie wirklich waren, wie sie dachten und wovon sie träumten. Hier vernahm er die erste Stimme, die aus jener Dunkelheit hervor erklang und die es ihm vielleicht erklären konnte.
    Und zugleich wusste er, dass nicht ein einziger Rus, mit dem er heute Abend gesprochen hatte, eine Spur von Vertrauen zu diesem Mann aufbrachte. Ein paar erinnerten sich noch an Juri, bevor er verschwunden war, ein damals schon verachteter Kaufmann. Ein Mann, der heute den Geruch von verbranntem Fleisch verbreitete. Ein Mann, der das eigene Volk verriet, um sein Leben zu retten, ein Leben, das auf diese Weise wertlos geworden war, ohne Hoffnung auf Wiedergutmachung. Die menschlicheren Forderungen liefen darauf hinaus, ihn nur zu vertreiben, aber alle Rus, sogar Kai, verlangten die übliche Bestrafung für ein entlaufenes Schoßtier: ihm die

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