Die Rache der Jagerin
ich was mache?«, fragte ich und drückte ihm einen dritten Kuss in den Nacken.
Er wand sich, und sein Atem wurde unruhig. »Ich meine es ernst. Und die Tatsache, dass du praktisch nackt bist, macht es nicht unbedingt besser.«
Ich neckte ihn nicht weiter. »Tut mir leid.«
»Ist schon okay.«
Nein, ist es nicht. Aber danke für den Versuch.
Er zog meine Hand an seine Lippen und küsste meine Knöchel. Ich ließ meinen Kopf ins Kissen sinken, während ich ihn weiterhin umarmt hielt. Und ich war froh, ihn für eine Weile nur für mich zu haben.
Für eine Weile war das genug.
18. Kapitel
Sonntag, 15:37 Uhr
D a mir die Hühnerbrühe gut bekam, durfte ich außerdem drei Kekse essen. Wyatt war so lieb und aß sein Schinkensandwich auf dem Flur, damit ich es nicht sehen und riechen musste. Gerade humpelten wir gemeinsam – ich in Jenners Morgenmantel gekleidet – in dem Gästezimmer auf und ab, als Phin noch einmal hereinschaute.
»Ich muss gehen«, sagte er.
Ich nickte. »Sobald du etwas weißt …«
»Melde ich mich.«
Bevor ich etwas hinzufügen konnte, war er schon wieder weg. Ihm viel Glück zu wünschen wäre ohnehin überflüssig gewesen. Ich musste ihm vertrauen. Abgesehen davon, dass er mich erstochen hatte, hatte er all seine Versprechen gehalten. Ich sträubte mich lediglich dagegen, zurückbleiben zu müssen.
»Glaubst du, wir können die Verbände abnehmen?«, fragte ich Wyatt. »Solange meine Beine so fest eingewickelt sind, kann ich schwer entscheiden, ob ich mein Knie wieder belasten kann oder nicht.«
»Ja, setz dich hin.«
Er nahm eine Schere aus der Nachttischschublade, während ich mich aufs Bett warf. Die Bandagen fixierten meine Beine in einer beinahe gestreckten Haltung, und ich konnte es kaum erwarten, herauszufinden, ob meine Knochen richtig verheilt waren. Waren sie das nicht, wäre ich keine große Hilfe, wenn sich heute Nacht etwas Schlimmes ereignen sollte.
Wyatt kniete sich vor mich hin und hob mein rechtes Bein, so dass die Ferse auf seinem Schenkel lag. Zentimeter für Zentimeter schnitt er die Binde auf. Darunter kam rosafarbene Haut zum Vorschein, auf der der stramme Verband Abdrücke hinterlassen hatte. Er erreichte das Knie und schnitt auch noch das letzte Stück bis zur Mitte des Oberschenkels auf. Ich machte eine kleine Bewegung und spürte nur ein leises Ziehen, als die Muskeln sich allmählich lockerten. Ich beugte das Knie, drehte das Fußgelenk und stellte meinen Fuß auf dem Boden ab.
»So weit, so gut«, sagte ich. »Das linke Bein.«
Er wiederholte die Prozedur mit dem linken Bein, und rein oberflächlich war kein Unterschied zum rechten zu erkennen. Diesmal bewegte ich zuerst das Fußgelenk. Dann hob ich das Bein und beugte dabei leicht das Knie. Keine Schmerzen. Während ich meinen Schenkel an den Oberkörper zog, beugte ich das Knie weiter durch. Dabei dehnte ich die Oberschenkel- und Wadenmuskulatur. Wyatt stand auf und hielt mir die Hand hin.
Ohne sie zu ergreifen, stand ich auf. Außer einem leichten Ziehen im Knie spürte ich nichts, und ich knickte nicht ein. Kein Stechen, keine Schmerzen.
»Und?«, fragte Wyatt.
»So gut wie neu.«
»Streng dich nur nicht zu sehr an.«
Ich konnte nicht anders, ich musste loslachen.
Er runzelte die Stirn. »Was denn?«
»Mich nicht zu sehr anstrengen? Dir ist schon bewusst, dass du mit mir sprichst, oder?«
»Willst du damit sagen, dass ich tauben Ohren predige?«
»Genau das.«
Er stimmte in mein Lachen ein, und die Heiterkeit war wohltuend. Zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich von den Sorgen und der Anspannung befreit. Die Erleichterung breitete sich von meinem Bauch bis in die Zehen und Fingerspitzen aus. Tränen rollten mir über die Wangen, und ich lachte so sehr, dass ich das Gleichgewicht verlor und japsend aufs Bett fiel.
»Du solltest öfter so lachen«, meinte Wyatt, als er sich neben mich setzte.
Ich versuchte verzweifelt, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. »Warum das?«
»Weil du schön bist, wenn du lachst.«
Das brachte mich schneller zur Besinnung als ein Eimer mit Eiswasser. Die Ausgelassenheit verschwand, und an ihre Stelle trat Betroffenheit wegen seines Kompliments. Mit dem Handrücken wischte er mir die Tränen von den Wangen und fuhr mir mit dem Finger übers Kinn. Dann hob er meinen Kopf, so dass ich in das schwelende Feuer seiner vor Liebe glühenden Augen blickte. Sein Mund näherte sich meinem Gesicht, und sein warmer Atem strich sanft über meine Lippen …
Ein
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