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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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etwas Hilfreiches in Erfahrung bringe, lasse ich es dich wissen. Ansonsten rechne nicht mit mir.«
    »Wyatt …«
    Damit legte er auf, und ich musste mir eine Bemerkung über mangelnde Höflichkeit verkneifen. Da ich seinen Jähzorn kannte, hätte ich darüber erstaunt sein müssen, dass er das gesamte Telefonat durchgehalten hatte, ohne ihr Schimpfworte an den Kopf zu werfen. Allerdings hatte er sich nicht völlig von ihr losgesagt. Das würde er niemals tun. Schließlich hatte er die Geburt der Triaden miterlebt und sowohl Kismet als auch zahllose andere unterrichtet. Diese Sache war für uns beide mehr als persönlich.
    »Tja, das war nun irgendwie nutzlos«, stellte Phin fest.
    Wyatt brummte. »Kommt auf die Sichtweise an.«
    Jemand klopfte an die Tür, und wir drehten uns um. Schüchtern schob sich hinter der halb geöffneten Tür ein Lockenkopf ins Zimmer. Als sie lächelte, bildeten sich Falten um ihre blauen Augen. »Du bist wach«, sagte Aurora.
    Ich grinste. Sie mit eigenen Augen zu sehen nahm mir ein wenig die Last der Sorgen vom Herzen. Mit geröteten Wangen trat sie vollends ins Zimmer. Sie trug ein sich rekelndes Baby im Arm. Es war in eine blaue Decke gewickelt und wedelte mit den kleinen Fäustchen in der Luft, als würde es um Aufmerksamkeit kämpfen. Seine Augen waren ebenso rund und blau wie die der Mutter, und als sein Blick auf Phin fiel, kreischte es los.
    »Sie ist wunderschön«, bemerkte ich. »Ist sie nicht erst gestern zur Welt gekommen?«
    Aurora lachte mit ihrer Nachtigallenstimme. »Unsere Kinder wachsen schnell heran.«
    »Wie heißt sie?«
    »Eigentlich wollte ich sie dir zu Ehren taufen. Aber unsere Tradition gibt vor, dass der Name des Kindes mit demselben Buchstaben wie der der Mutter anfangen muss. Deshalb habe ich den Namen Ava ausgesucht.«
    Es gab nur wenig, was mich wirklich sprachlos machte, doch Auroras Großzügigkeit, das Kind nach mir zu benennen, raubte mir die Worte. Was um alles in der Welt hatte ich bloß getan, um diese Ehre verdient zu haben?
    »Das ist ein schöner Name«, sagte ich schließlich.
    »Willst du sie mal halten?«
    »Ich lasse sie bestimmt fallen.«
    »Ach, Quatsch.«
    Trotz meines Widerspruchs drückte Aurora mir das Baby in die Hände. Die Decke rutschte mir von den Schultern. Als ich so mit dem Kind auf dem Schoß dasaß, war plötzlich jede Scham vergessen. Avas kostbares Herz schlug emsig. Sie war so zerbrechlich und duftete, wie Säuglinge eben so riechen. Und sie war umgeben von Leuten, die aufrichtig um ihr Wohl besorgt waren. Und um meines. In Sicherheit.
    Wyatt ließ seinen Finger an Avas Ärmchen hinabwandern. Mit ihren kleinen Händen griff sie seinen Finger, zog ihn an ihren Mund und kaute daran. Wyatt lachte.
    »Evangeline, darf ich dich um einen Gefallen bitten?«, fragte Aurora. Mit einem Mal war ihr Tonfall nicht mehr ausgelassen, sondern ernst, und dieselbe Verwandlung ging mit ihrem Gesicht vor sich. Ein Schatten legte sich über ihre runden Augen, so dass sie in einem intensiveren Blau leuchteten.
    »Natürlich«, antwortete ich.
    »Sei Avas Aluli.«
    Phins Kopf fuhr zu ihr herum, weshalb ich annahm, dass das unbekannte Wort eine ziemlich wichtige Bedeutung hatte.
    »Was ist das?«, erkundigte ich mich.
    »Das Wort in eurer Sprache, was es am ehesten trifft, ist ›Patin‹«, erklärte Aurora. Mein Herz geriet in Wallung. »Phineas ist bereits ihr Agida. Falls mir etwas zustößt, möchte ich, dass ihr beide euch um meine Tochter kümmert.«
    »Dir wird nichts zustoßen.«
    »Das kann man nie wissen. Mag sein, dass ich erlebe, wie Ava zu einer schönen Frau heranwächst und selbst Kinder bekommt, aber sicher kann ich mir da nicht sein. Bitte sag ja.«
    Ich hatte keine Erfahrung mit Kindern. Auf öffentlichen Plätzen mied ich sie und hatte nie den Wunsch verspürt, eigene großzuziehen. Ich hatte noch nie eine Windel gewechselt, babygesittet oder auch nur ein Baby im Arm gehalten – bis jetzt. Daher hatte ich allen Grund, ihre Bitte auszuschlagen und sie darauf hinzuweisen, dass sie sich die falsche Frau ausgesucht hatte.
    »Ja«, gab ich zurück. »Ich fühle mich geehrt.«
    »Du bist eine Kriegerin, Evangeline. Deshalb erweist du mir eine Ehre, indem du einwilligst. Nun mache ich mir keine Sorgen mehr um sie.«
    Wyatt stieß mich sacht mit der Schulter an. Neugierig sah ich zu ihm hinüber. Sein Mund war zu einem amüsierten Lächeln verzogen, und eine Braue hatte er dramatisch hochgezogen. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick

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