Die Rache der Liebe
wie auch der kurze schwarze Umhang, den er mit goldenen Spangen an seinen Schultern befestigt hatte. Um seine muskulösen Oberarme wanden sich Goldreifen, die ebenfalls in einen Drachenkopf mit funkelnden Rubinaugen ausliefen. Die Reifen saßen perfekt, ein Beweis, dass er seine Muskelkraft und sein Gewicht wiedererlangt hatte.
Er trug eine Goldkette, die weit dicker als Erikas Ketten war und vermutlich doppelt so schwer. An der Kette hing eine massive Goldscheibe, in die Reliefs dreier Wölfe unterschiedlicher Größe, auch diese mit Rubinaugen, eingearbeitet waren.
Sein schwarzes, überschulterlanges Haar glänzte und schimmerte - er hatte am Morgen ein Bad genommen, bei dem Erika, wie jedes Mal , den Blick an die Wand geheftet hatte - und wippte bei jeder Bewegung geschmeidig mit. Der Kontrast zwischen seinen rabenschwarzen Haaren und dem weißen Überrock war faszinierend.
Erika konnte den Blick nicht von ihm wenden und vergaß vor lauter Staunen sogar ihren Vorsatz, von sich aus kein Gespräch anzufangen. »Haben die Wölfe für deine Familie eine bestimmte Bedeutung?« fragte sie.
Er wandte nicht einmal den Kopf nach ihr, sondern zog sich nun einen Goldring über den Finger. Auch dieser pass te einwandfrei und war ein weiterer Beweis für seine Genesung.
»Nay. Ich hatte nur als Kind zwei junge Wölfe«, antwortete er schließlich.
Für Erika war das nichts Außergewöhnliches. Auch sie hatte mit acht Jahren ein Wolfsjunges gefunden und nach Hause gebracht. Allerdings hatte ihr Vater ihr verboten, es zu behalten.
»Warum befinden sich dann auf dem Anhänger drei Wölfe?«
»Den dritten habe ich aufgenommen, nachdem die beiden anderen an Altersschwäche gestorben waren.«
»Dann lebt der dritte Wolf noch?«
»Aye.« Er kam auf sie zu und blieb direkt vor ihr stehen. »Wickle deine Kette vom Hals, Weib!«
Sie glaubte zu wissen, was er vorhatte, und wandte ein: »Du brauchst mich während deiner Abwesenheit nicht an die Wand zu ketten. Es genügt, wenn du die Tür abschließt.«
Er bedachte sie mit jenem betörend schönen Lächeln, das ihr verriet, dass ihr seine Antwort nicht gefallen würde. »Seit wann hast du denn hier zu entscheiden, Weib?«
Das war die Rache für ihren Streit von vorhin und für diesen verdammten Kuss . Sie wußte es genau.
»Nay, du täuschst dich.« Er konnte offenbar tatsächlich Gedanken lesen - oder ihre Miene. »Du kommst mit mir nach unten.«
Das war das Letzte, was sie von ihm zu hören erwartet hatte. »In die Halle?«
»Aye.«
Ein winziges Stückchen Freiheit, auch wenn es nur vorübergehend wäre! Es war eine Belohnung, und deshalb sollte sie eigentlich miss trauisch sein. Aber ihre Freude war größer als ihr Argwohn.
Also wickelte sie ihre »Halskette« ab und reichte ihm das Ende. Er nahm es jedoch nicht, sondern griff statt dessen nach dem am Eisenband befestigten anderen Ende und hakte die Kette ab, ohne dass es ihn besondere Anstrengung gekostet hätte.
»Deine Kraft ist wieder vollständig zurückgekehrt«, stieß sie atemlos hervor.
»Nicht ganz, aber fürs erste ausreichend«, erwiderte er mit unverhohlener Freude.
Und im nächsten Augenblick hatte er die Kette auch schon wieder an ihrer Halsschelle befestigt. Erst jetzt verstand sie, dass er nur ausprobiert hatte, ob er in der Lage wäre, den Verschluß eigenhändig zu öffnen und zu schließen, damit Ivarr das nicht mehr zu tun brauchte.
Ihre Enttäuschung war unbeschreiblich. Sie spürte kaum, wie seine Hand entlang der Kette bis zu deren Ende glitt. Er wickelte das Ende um seine Faust und verließ dann, Erika hinter sich herziehend, den Raum.
Erst als sie die Treppe erreicht hatten, erwachte Erika aus ihrer Erstarrung. Während er die ersten Stufen hinunterging, wich sie zurück, so dass sich die Kette zwischen ihnen straff spannte.
»Du kannst die Kette jetzt loslassen. Ich ... «
Mit spöttischer Miene drehte er sich zu ihr um. »Habe ich dir nicht gesagt, dass du dich daran gewöhnen sollst?«
Sie runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Dachtest du etwa, ich würde dir dasselbe antun, was du mir angetan hast, Erika Herzlos?« Schon wieder dieses Lächeln - eine Warnung! »Nay, mit einer Frau kann ich das nicht machen, nicht einmal mit dir. Aber es gibt auch andere Qualen, wie die Qual der Demütigung und der Scham.« Er zerrte an der Kette, dass sie die Stufen hinunter stolperte Lind fast auf ihn gefallen wäre. »Bleib nicht noch einmal zurück!«
Also keine
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