Die Rache der Liebe
die ihn endgültig aufwachen ließ. Denn plötzlich stieß er sie von sich und rollte sich zurück. Erika fiel zu Boden.
Er setzte sich auf und funkelte zu ihr hinunter. »Bei Thors geheiligtem Hammer, was erlaubst du dir überhaupt?«
»Ich?« Mühsam erhob sie sich; vor Empörung konnte sie kaum sprechen. Ach habe nur versucht, dich aufzuwecken ! Du hattest einen bösen Traum - nay, wahrscheinlich war es ein guter Traum, der dir nur nicht gefallen hat!«
Als hätte er sie nicht schon genug beleidigt, wischte er nun auch noch mit dem Handrücken über den Mund. »Ich erinnere mich an keinen Traum.«
Erika antwortete erst, nachdem sie ebenfalls ihren Mund von seinem Geschmack gereinigt hatte. Höhnisch sagte sie dann: »Zu schade!«
» I ch warne dich, Weib!«
»Halte an dich, Wikinger!« schnappte sie zurück. »Du bist hier der Schuldige, nicht ich. Und wenn du mich das nächste Mal zu küssen versuchst, sei gewarnt - ich werde meine Zähne gebrauchen! «
Heißes Blut schoss in seine Wangen, er war unendlich zornig - und unendlich gekränkt. »Sei versichert, dass es kein nächstes Mal geben wird! Eher würde ich das Hinterteil eines Schweins küssen!«
Erikas Gesicht nahm dieselbe Schattierung an wie das seine. »Das gibt auch meine Gefühle exakt wieder! «
Er warf seine Decke zurück, um aus dem Bett zu steigen. Erika war viel zu aufgebracht, um Angst zu empfinden. Herausfordernd stemmte sie die Hände in die Hüften, reckte das Kinn angriffslustig nach vorn. Gottlob trug er seit Beginn seiner Laufübungen stets eine Hose, aber sie wäre auch nicht zurückgewichen, wenn er nackt gewesen wäre.
»Was geht hier vor?«
Erika würde nie erfahren, was geschehen wäre. Später, als sie sich etwas beruhigt hatte, war sie dafür dankbar. Als Selig und sie sich nun umdrehten, entdeckten sie seine Mutter, die in der offenen Tür stand. Sie wirkte nicht gerade erfreut.
Selig legte sich wieder in seine Kissen zurück. »Eine kleine Meinungsverschiedenheit, Mutter«, seufzte er.
»Klein?« herrschte sie ihn an. »Eher laut! Aber ich bin froh, dass du wieder in der Lage zu sein scheinst, dich körperlich zu verausgaben!«
Er stützte sich auf den Ellbogen. Sein hoffnungsvoller Gesichtsausdruck war schon beinahe komisch. »Dann ist meine Bettruhe beendet?«
»Leider.« Brenna klang nicht besonders erfreut. »Ich muss zugeben, dass du dein Gewicht fast wiedererlangt hast. Aye, du siehst völlig gesund aus. «
Selig grinste. »Da du darüber nicht sehr glücklich zu sein scheinst, frage ich mich, weshalb mir diese Begnadigung überhaupt zuteil wird?«
»Ein Bote ist gekommen und hat die Ankunft des Königs verkündet. Er wird in einer Stunde hier eintreffen. Royce meint, dass der König mit dir über den Überfall, der ihm einen seiner Bischöfe gekostet hat, sprechen will. Wenn du dich also kräftig genug fühlst, um nach unten in die Halle zu kommen ... «
»Dazu wäre ich schon letzte Woche in der Lage gewesen.«
»Es ist gerade mal zwei Wochen her, Selig! Wenn es nach mir ginge ... «
»Ich weiß, Mutter«, fiel er ihr abermals ins Wort. Noch immer grinste er über das ganze Gesicht. »Ich werde mir mit dem Ankleiden gebührend Zeit lassen, um meine Kräfte nicht unnötig zu strapazieren. Vielleicht solltest du jetzt gehen, damit ich schon einmal anfangen kann. Alfred wird sicherlich nicht vor Ablauf einer Stunde hier eintreffen.«
Brenna warf ihrem Sohn zwar einen skeptischen Blick zu, verließ aber dennoch umgehend den Raum. Sogleich eilte Selig zu der Truhe.
Erika stieß einen Schnalzlaut aus. »Du solltest dich schämen, deine Mutter so anzulügen! «
»Wieso?« gab er fröhlich zurück. Nach wie vor strahlte er vor Freude und schien ihre Auseinandersetzung völlig vergessen zu haben. »Sie weiß sehr wohl, dass ich binnen zehn Minuten in der Halle sein werde. Du verkennst sie, denn diese bezaubernde Lady zu täuschen ist nahezu unmöglich.«
24
Selig hatte die kurze Zeitspanne, die er zum Ankleiden benötigte, genau richtig berechnet, und als er fertig war, sah er dennoch so aus, als habe er Stunden dafür verwendet. Denn man konnte es drehen und wenden, wie man wollte er sah einfach umwerfend aus. Die Hose aus gegerbtem Rentierleder war mit einem schwarzen Lederband über Kreuz geschnürt; sein weißer, ärmelloser Überrock steckte in einem breiten Wikinger-Gürtel, dessen Schnalle ein kunstvoller Drachenkopf zierte.
Seine weichen, schwarzen Lederstiefel waren mit weißem Fell gefüttert,
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