Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
Backwaren und gebratenem Fisch. Er musste sich geradezu durchkämpfen bis zu Veit, der mit seiner Schürze mit Töpfen und Kesseln hantierte. Bruder Thomas sah in alle Kessel und schöpfte dann Dinkelbrei in eine Schüssel, den er selbst mit Honig beträufelte und mit Zimt abschmeckte. Er ließ Veit davon probieren, kostete anschließend selbst davon und wollte sich damit gerade wieder durch die zahlreichen herumwuselnden Küchenhelfer zum Treppenturm durchschlängeln, als Graf Georg von Landskron ihn heranwinkte. Der Graf sah so aus, als wüsste er vor lauter Beanspruchung durch Haus- und Hofangelegenheiten so kurz vor dem großen Ereignis nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Nebenher begrüßte er auch noch Gäste und kümmerte sich mit Fragen der Organisation, Repräsentation und Koordination, obwohl diese Aufgaben eigentlich in den Zuständigkeitsbereich des Haushofmeisters und der Gräfin fielen, die sich aber vor allem um ihre weiblichen Gäste kümmern mussten. Trotzdem war er insgeheim ganz auf den einen, zentralen Punkt fokussiert: die Genesung des Königs. Er und Bruder Thomas warteten ab, bis sie sich sicher waren, nicht belauscht zu werden. Das war gar nicht so einfach, denn es ging zu wie in einem Bienenstock. Vorräte wurden hereingetragen, es wurde gekocht, gebacken, gebraten, durcheinandergeschrien, gebrüllt, geschimpft, befohlen, kurz, es herrschte das reinste Chaos. Der Graf versuchte, in all dem Durcheinander nicht den Überblick zu verlieren, während Bruder Thomas sein Hauptaugenmerk darauf richtete, dass ihm seine Schüssel, die er mit einem Deckel abgesichert hatte, nicht aus den Händen gestoßen wurde. Endlich konnte er dem Grafen zuzischen: »Es geht aufwärts. Wir spielen schon Schachzabel miteinander.«
Der Graf sah ihn an, als wäre Bruder Thomas ein dringender Fall für einen Exorzismus. »Seid Ihr noch bei Trost, oder habe ich mich verhört?«
»Nein, nein«, beruhigte ihn Bruder Thomas mit einem fröhlichen Lächeln. »Der König braucht Ablenkung. Sonst verliert er sich in düsteren Gedanken.«
»Gott steh uns bei! Das Reich droht im Abgrund zu versinken, und Ihr spielt seelenruhig Schachzabel!«
»Wenn es Konrads Genesung förderlich ist …«
Graf Georg bedeckte für einen kurzen Moment seine Augen mit der Hand und rieb seine Stirn, bevor er wieder einen Blick auf das Durcheinander um sich herum warf. »Ich kann nur hoffen, Ihr wisst, was Ihr tut.«
»Keine Sorge, Konrad ist bei mir in besten Händen.«
»Hat er das Bett schon verlassen?«
»Nein, das kann er noch nicht. Dazu ist er noch zu schwach.«
»Wie lange, denkt Ihr, braucht er noch?«
»Schwer zu sagen. Er ist auf dem besten Wege. Wenn wir weiterhin so gute Fortschritte machen, kann er zum Jahreswechsel ein paar Schritte machen, ohne gleich umzufallen.«
»Zum Jahreswechsel!«, stöhnte der Graf. »Bis dahin ist alles zu spät.« Er schüttelte verzweifelt den Kopf. »Habt Ihr keine Nachricht von Anna?«
Bruder Thomas zuckte mit den Schultern. »Sie wird rechtzeitig kommen. Und sie wird uns Hilfe bringen. Welcher Art auch immer. Vertraut ihr.«
Damit wollte Bruder Thomas gehen, aber der Graf hielt ihn am Ärmel fest. »Woher nehmt Ihr nur Eure Zuversicht?«
Bruder Thomas wies mit den Augen nach oben und bekreuzigte sich. »Woher wohl?«
»Euer Gottvertrauen in Ehren – aber versetzt Euch in meine Lage! Heute soll der Erzbischof samt Gefolge eintreffen! Es heißt, Wilhelm von Holland ist dabei!«
»Und was bedeutet das?«
»Das bedeutet, dass er Wilhelm als Gegenkönig vorstellen, einsetzen und krönen will.«
Bruder Thomas brauchte eine Weile, bis er diese Neuigkeit verdaut hatte. »Das sage ich unserem König besser nicht.«
»Und was sage ich dem Erzbischof, wenn er nach Konrad fragt?« Dem sonst so besonnenen und ruhigen Grafen stand die Panik ins Gesicht geschrieben.
»Haltet ihn hin! Wie besprochen.«
»Ihr habt gut reden.«
»Verzeiht, aber ich muss zum König«, sagte Bruder Thomas, dem das Gespräch allmählich zu heikel wurde. Er hielt seinen Topf mit dem Brei hoch, um die Dringlichkeit seines Aufbruchs zu unterstreichen.
»Geht nur, spielt Schachzabel, während hier unten alles in Trümmer fällt.« Mit diesen Worten zog der Graf seinen Umhang fest um seinen Körper, als könne er sich damit unsichtbar machen, und stürmte auf den Küchenmeister zu, der sich schon aufgeregt bemerkbar machte, weil irgendwo ein neues Debakel zu vermelden war und der Graf eine dringende Entscheidung treffen
Weitere Kostenlose Bücher