Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
vorkam. Und jetzt bereute er es auch, aber das war nicht mehr zu ändern.
Er lauschte. Außer dem Atem seiner Frau war nichts mehr zu hören. Er sah, dass die kleine Öllampe immer noch flackerte, sie waren eingeschlafen, ohne sie zu löschen.
Endlich! Der besoffene Störenfried, wer immer es auch war, schien Gott sei Dank aufgegeben zu haben und weitergegangen zu sein. Bechthold drehte sich wieder zu seiner Frau und schmiegte sich an ihren weichen Körper. »Bist du auch so wach wie ich?«, flüsterte er nicht ohne Hintergedanken und küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss, seine Hand begann schon, unter ihre Tunika zu gleiten, seine Frau kicherte leise, was er als hoffnungsvolles Zeichen nahm, weitere Körperregionen zu erforschen. Als er ihr Hinterteil erreichte, stöhnte sie lustvoll auf, und auch ihre Hände wanderten langsam und tastend seinen Bauch hinunter, so dass ihm die Glut der Leidenschaft in die Lenden schoss …
Wumm wumm wumm, schepperte es lauter als je zuvor vom Tor her. In drei Teufels Namen – das ging jetzt wirklich zu weit! Diese Trunkenbolde da draußen wollte er Mores lehren! Er sprang aus dem Bett, fluchte zum Gotterbarmen, schlang sich die dicke Decke um die Schultern, schlüpfte in seine Holzpantinen, zog seine Schlafmütze zurecht, griff nach der Öllampe und dem armdicken Knüppel, den er immer bereitgestellt hatte für solche Eventualitäten, und klapperte die Außentreppe hinunter in seinen Innenhof, wo er es schon wieder an das Tor hämmern hörte.
»Ja, bei allen Heiligen, ja!! Ich komme ja schon!«, rief er, blinzelte in die Schneeflocken, die aus dem pechschwarzen Himmel rieselten, es dämmerte noch nicht, und stapfte durch den knöcheltiefen Schnee zum Tor.
»Wer ist da?«, rief er und packte seinen Knüppel fester. »Wisst Ihr, wie spät es ist? Oder besser: wie früh? Was wollt Ihr?!«
»Ich bin’s«, ertönte eine weibliche Stimme. »Die Medica.«
Die Medica? Dieses junge Ding, die Nachfolgerin seines alten Medicus Aaron, die mit ihrer Salbe einen fürchterlichen Ausschlag bei seiner bildhübschen Frau geheilt hatte, der ihr Gesicht und ihren ganzen Körper verunstaltet und auch noch grauenhaft gejuckt hatte, bis sich seine arme Frau blutig gekratzt hatte? Die Medica, der er damals so dankbar war – er liebte seine Frau –, dass er ihr versprochen hatte, was immer sie sich wünschen würde – wenn er könnte, würde er diesen Wunsch erfüllen? Sie war doch auf Nimmerwiedersehen mit diesem jungen Grafen verschwunden. Das konnte nicht sein …
Er zog die Decke enger um seine Schultern und brauchte eine Weile, bis er den schweren Holzbalken so weit in seinen Eisenhalterungen zurückgeschoben hatte, dass er das Tor einen kleinen Spaltbreit öffnen konnte, um einen Blick auf die Straße zu werfen.
Er sah drei Gestalten mit ihren Pferden am Zügel draußen stehen, dick vermummt gegen den Schnee und die Kälte.
»Verzeiht, dass wir Euch aufgeweckt haben, aber Ihr seid der Einzige, der uns helfen kann. Wir kommen in einer dringlichen Angelegenheit, sonst hätten wir nicht gewagt, Euch zu behelligen«, sagte die kleine Gestalt mit der schneebedeckten Kapuze über dem Kopf, die sie jetzt vom Kopf schob, so dass Haare und Gesicht im Lichtkegel der Öllampe erkennbar waren. Es war tatsächlich die Medica.
»Dann kommt herein, in Gottes Namen«, seufzte Bechthold und zog den Torflügel so weit auf, dass sie mit ihren Pferden in den Innenhof konnten. Rasch schob er den massiven Querbalken wieder vor und ging voraus zum Stall. Dort öffnete er einen Torflügel und ließ sie hinein.
Die drei klopften sich erst einmal den Schnee von ihren Umhängen. Bechthold kam sich mit seiner Decke um den Schultern und der Schlafmütze auf dem Kopf ziemlich albern vor, aber die Neugierde über den unerwarteten Besuch überwog. »Was um Gottes willen ist denn so wichtig, dass Ihr bei diesem Sauwetter Leib und Leben aufs Spiel setzt und durch die Nacht reitet?«, fragte er. »Und wer ist das an Eurer Seite?«
»Das ist Graf Chassim von Greifenklau«, stellte die Medica vor. »Und das ein Pferdeknecht.«
Bechthold verbeugte sich vor Chassim, als eine weibliche Stimme von draußen zu hören war. »Bechthold – was ist los? Wer ist das? Wo steckst du?«
»Das ist meine Frau«, entschuldigte sich Bechthold.
»Erfindet eine Ausrede. Schnell!«, bat ihn die Medica.
Bechthold schlüpfte durch das Tor nach draußen und rief hoch zum ersten Stock, wo seine Frau in ihrer Tunika stand und
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