Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
höfliche Begrüßung beiderseits war unumgänglich, obwohl beide Parteien wussten, dass sie der anderen Seite alles andere wünschten als ein herzliches Willkommen und Gottes Segen.
Bruder Thomas wurde es jetzt wirklich zu kalt, es schien ihm, als wäre die Temperatur mit der Ankunft des Erzbischofs noch einmal rapide gefallen. Ein Schaudern durchlief seinen Körper, als er Konrad von Hochstaden aussteigen sah, schnell wandte er sich ab und machte, dass er von seinem Ausguck wieder nach unten und in die warmen Gemächer des Königs gelangte, wo das Kaminfeuer flackerte und sein Schützling friedlich wie ein Kind schlief.
Bruder Thomas beschloss, im Vorraum auf dem Strohlager, das eigentlich dem Kammerherrn des Königs als Schlafstelle diente, ebenfalls ein kleines Nickerchen zu halten. Mit geschlossenen Augen dachte er noch an die Medica. Allmählich wurde es Zeit, dass sie eintraf, sonst gab es nicht mehr viel zu retten. Er malte sich aus, wie sie sich allein auf weiter und weißer Flur, in ihre Kutte gewickelt, mit ihrem Pferd gegen ein dichtes Schneetreiben stemmte, verloren in einer unendlichen, weißen Landschaft im Nirgendwo; es reichte gerade noch für ein kurzes Stoßgebet, bevor er eingeschlafen war.
VII
W ieder hämmerte es ans Tor, dass es bis ins häusliche Schlafgemach zu hören war.
»Jajaja, klopf du nur, bis dir die Knöchel abfallen, du kannst mich mal!«, brummte Bechthold, der Weinhändler, und drehte sich herum, um weiterzuschlafen.
Herrgott im Himmel – was war seit ein paar Tagen bloß los in dieser Stadt? Spielten jetzt alle verrückt?, fragte er sich, als das Klopfen wieder heraufdröhnte. Er lag neben seiner Frau im warmen Bett, es war mitten in der Nacht in der Adventszeit, draußen schneite es und war bitterkalt, und er hasste es, aus seinem wohlverdienten Schlaf aufgeschreckt zu werden, nur weil ein paar Besoffene es furchtbar lustig fanden, an fremde Türen und Tore zu klopfen und sämtliche Hausbewohner zu wecken. Dabei hatte er gerade heute, einen Tag vor Weihnachten, außerordentlich gut geschlafen, schließlich waren die Geschäfte geradezu glänzend gelaufen. Dieser Hoftag auf Burg Landskron oberhalb der Stadt hatte, so unerwartet er gekommen war, genauso überraschend eine Menge Geld in seine Schatulle gespült. Er hatte dem Haushofmeister des Grafen von Landskron nicht nur alle Fässer seines besten und teuersten Rheinweins verkauft, sondern auch noch den feinsten toskanischen Rotwein, dessen Preis er geistesgegenwärtig verdoppelt hatte, als er hörte, dass nur allerhöchste Herrschaften mit Gefolge eingetroffen waren und entsprechende Ansprüche an Küche und Keller des Grafen stellten. Sogar der König persönlich sollte anwesend sein. Wenn das kein Grund für eine saftige Preiserhöhung des größten Weinhändlers in Oppenheim war, wann dann?
Der Haushofmeister, sonst ein knickriger und hartnäckiger Schacherer, hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt und alles mit barer Münze aus seiner prall gefüllten Geldbörse bezahlt.
Noch am Abend hatte Bechthold sich hingesetzt und seiner jungen Frau auf Heller und Pfennig vorgerechnet, wie hoch sein Reingewinn war. Sie hatte ihn Halsabschneider genannt, aber dabei einvernehmlich gelächelt mit diesem seltsamen Glitzern und Glänzen in den Augen, das er liebte, weil es die Seligkeit versprach und weil sie dieses Versprechen auch umgehend einlöste. Und zwar im Schlafgemach. Und dann auch noch so, wie er es sich in seinen kühnsten Träumen nicht besser hätte ausmalen können. Danach waren sie beide Arm in Arm eingeschlafen, so wunderbar erschöpft waren sie.
Und jetzt dieser Krach am Tor, das in den Innenhof führte, aber nachts immer mit einem schweren Holzbalken von innen abgeriegelt war.
Wumm wumm wumm, machte es erneut. So laut, dass seine Gattin ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen stieß. »Willst du nicht endlich gehen und nachsehen, wer das ist?«
»Mir egal, wer das ist. Von mir aus der Kaiser höchstpersönlich. Irgendwann wird es ihm schon zu dumm werden«, sagte er und zog sich seine Decke über den Kopf. Normalerweise war eine Dienstmagd oder der Hausknecht dafür zuständig, in solchen Fällen nachzusehen, wozu bezahlte er sie schließlich. Aber ausgerechnet heute waren keine Bediensteten im Haus. Sie wollten an Weihnachten ihre Verwandtschaft besuchen, und die blendenden Geschäfte hatten ihn dermaßen in Hochstimmung versetzt, dass er ihnen ein paar Tage freigegeben hatte, was sonst so gut wie nie
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