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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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Ärmel schmückten auf rotem Grund Zierblätter aus Goldfäden und Perlen. Über der Dalmatika war die Alba gezogen, sie war aus weißer Seide und an den Säumen goldbestickt. Um seinen Hals hing ein langer, schmaler Stoffstreifen aus violetter Seide, die Stola, sie hatte lange goldene Quasten, war auf der Brust gekreuzt und an den beiden Gürteln aus Silber- und Goldfäden befestigt. Um die Schultern lag ein mit Taft gefütterter Mantel aus rotem Seidenstoff, das Pluviale, der durch eine goldene Schulterspange zusammengehalten wurde. Auf der Rückseite des Mantels war mit Goldfäden der Lebensbaum eingestickt, der von einem Löwen auf der einen und einem Kamel auf der anderen Seite flankiert wurde. Seine Handschuhe waren aus Purpurseide und bestickt mit Perlen und Juwelen. An den Beinen trug er rote Seidenstrümpfe, und seine mit Gold und Perlen verzierten Schlupfschuhe waren aus karmesinrotem Atlas.
    Wie er so einherschritt, war er ganz Majestät, obwohl es nur Ambros, der Hütejunge, war, in den vom wahren König ausgeliehenen Kleidern. Da das niemand wusste, ging ein ehrfürchtiges Raunen durch die Reihen, die Frauen sanken in die Knie, und die Männer rissen sich die Kopfbedeckungen herunter und taten es ihnen nach. Wie eine Welle erfasste die Ehrbezeugung nach und nach alle Anwesenden und schließlich sogar den Hochadel in den vorderen Reihen, wenn auch einige der Fürsten anfangs stehen blieben, aber sich letztendlich der allgemeinen Demutsgeste nicht länger verweigern konnten und einer nach dem anderen, wenn auch widerwillig, ebenfalls das Knie beugte und den Kopf senkte.
    Würdevoll, nicht nach rechts oder links schauend, mit einem goldenen Zepter in der Hand und einer schmalen, goldenen Krone auf dem Kopf, die schmucklos und ausgesprochen schlicht war, durchmaß Ambros den ganzen langen Mittelgang des Kirchenschiffs bis vor zum Altar. Dass ihm Schweißperlen der Anstrengung und Konzentration auf die Stirn traten, sah niemand.
    Dass er den absoluten Herrschaftsanspruch der Hohenstaufen verkörperte, erkannte jedermann.
    Auch Konrad von Hochstaden und sein Adlatus Pater Severin, der vor unterdrückter Wut zu zittern anfing, als der König näher kam und er einen kurzen, aber aufschlussreichen Seitenblick des Erzbischofs auffing, der ihn bis auf den Grund seiner Seele durchbohrte. Er wusste, dass sein Herr ihn für den Fehlschlag der heutigen Nacht verantwortlich machen würde. Was das bedeutete, konnte er sich wahrhaftig ausmalen. Auch ihm traten jetzt die Schweißtropfen auf die Stirn, aber aus anderem Grund.
    Der König blieb zwanzig Fuß vor den Altarstufen stehen und sah die beiden Männer in Ornat und weißer Kukulle erst einmal nur schweigend und mit traurigem Vorwurf im Blick an, wie Jesus im Garten Gethsemane seine Jünger, als er verraten worden war.
    Der Chor beendete seinen Gesang.
    Die Stille, die nun eintrat, war so kalt und eisig wie die Heilige Nacht selbst.
    Die Menge hielt den Atem an, um ja nichts von dem, was nun geschehen würde, zu verpassen.
    Elisabeth von Bayern liefen Tränen der Freude die Wangen herunter, aber sie schien es nicht zu bemerken.
    Der König blieb noch immer stumm und sah sich um, dann winkte er zum Portal.
    Dort hatten der Graf, die Gräfin, die Medica und Chassim nur auf das Zeichen von Ambros gewartet und traten nun ebenfalls ein. Alle waren, dem Anlass entsprechend, festlich gekleidet. Auch die Medica. Sie trug ihre vollen Haare offen, sie reichten bis auf die Schultern und waren mit Goldbändern durchflochten. Ihre Oberkleidung bestand aus grünem Samt und war bis zur Taille eng geschnitten, von dort fiel sie in weiten Falten bis zu den Füßen, die in spitz zulaufenden Lederschuhen steckten. Ihr langer, ebenfalls grüner Mantel wurde am Hals durch zwei goldene Broschen, den Tasseln, zusammengehalten und wehte hinter ihr her, als wären es Flügel. Sie schritt energisch einher, zwei Finger auf der Schnur ihres Mantels und mit der anderen Hand ihr Oberkleid raffend, der versinnbildlichte und von jedem Zuschauer verstandene Gestus einer Edeldame von Ehrbarkeit, hohem Rang und Ansehen.
    Während sie nach vorne zum König schritten, schlossen zwei Soldaten die Eingangspforte wieder.
    Den ganzen Nachmittag und Abend hatte Ambros mit Konrad, Chassim und der Medica für diesen Auftritt geübt, jeden Schritt, jede Geste, jede Haltung einstudiert. Konrad klatschte stets aufs Neue vor Freude und Aufregung in die Hände, wenn er sah, dass Ambros in seiner Rolle immer

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