Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
perfekter und ihm immer ähnlicher wurde. Aber allmählich hatten alle Hunger bekommen, sogar Konrad.
Endlich war Bruder Thomas gekommen, er hatte den Kammerdiener des Königs dabei, der ihm geholfen hatte, Essen für alle aus der Küche mitzubringen, und den er unter vier Augen eingeweiht und ihm den heiligen Schwur abgenommen hatte, niemals jemandem von ihrem bevorstehenden tolldreisten Vorhaben zu erzählen.
Die Stimmung in den königlichen Gemächern war voller Anspannung und doch in gewissem Sinne euphorisch gewesen. Das rührte vor allem daher, dass der junge König und Ambros sich so gut verstanden und eine geradezu kindliche Freude an den Tag legten, weil es darum ging, den erklärten Feinden des Königs ein Schnippchen zu schlagen und ihnen eine lange Nase zu drehen. Die Medica und die beiden Grafen waren da schon ernster bei der Sache, sie verkannten die Gefährlichkeit ihrer geplanten Aktion nicht und wussten um die Konsequenzen, wenn das Schauspiel auffliegen sollte. Auch Bruder Thomas war still und in sich gekehrt, ganz entgegen seiner sonstigen Lebensfreude und seiner unbändigen Lust, dem Erzbischof und seinen Helfern eins auszuwischen. Die Medica nahm ihn beiseite, weil sie ihm sehr schnell anmerkte, dass etwas nicht stimmte. Aber Bruder Thomas meinte nur, darüber könne er nicht sprechen.
Die Zeit lief ihnen allmählich davon, Graf Landskron musste sich um die Organisation der Nacht und um seine Gäste kümmern, aber sie hatten noch alle zusammen ihren Schlachtplan ausgearbeitet und besprochen. Er sah vor, dass der Graf bis zum letzten Augenblick offiziell seiner Hoffnung Ausdruck geben sollte, dass der König rechtzeitig genese, aber unter der Hand verbreiten sollte, dass nicht damit zu rechnen sei und die Mitternachtsmesse ohne ihn stattfinden würde. Sie alle nahmen an, dass der Erzbischof und seine Mitverschwörer die Gelegenheit zu ihren Gunsten nutzen würden. Im letzten Moment sollte Ambros als Konrad IV . einen fulminanten Auftritt hinlegen und alle Zweifel an der Fähigkeit des Königs, seinen Repräsentations- und Führungsansprüchen gerecht werden zu können, mit einem Schlag beseitigen und ins Gegenteil verkehren.
Die letzte Frage war nur noch, wie sie diesen überraschenden Auftritt bewerkstelligen sollten, ohne dass vorher etwas davon durchsickerte. Selbst wenn man Ambros in einem geschlossenen Wagen nach Oppenheim und zur Kirche brachte, so wie das mit den meisten anderen Gästen der Burg geschah, konnte es passieren, dass ein Pferdeknecht oder Wachposten Ambros sah und weitergab, dass der König doch zur Mitternachtsmesse unterwegs sei. Das musste auf jeden Fall verhindert werden, alle, insbesondere der Erzbischof, sollten glauben, dass der König bettlägerig und nicht imstande war aufzustehen. Die Medica hatte die entscheidende Idee. Sie würden den geheimen Gang benutzen, der ihnen schon mehrfach so gute Dienste geleistet hatte. Chassim sollte durch den Geheimgang voraus bis zu den Weinkellern des Hauses von Bechthold, dem hilfsbereiten Weinhändler, gehen und darum bitten, dass sie sich alle bei ihm umziehen und so lange versteckt halten konnten, bis die Zeit gekommen war. Das Haus von Bechthold lag gleich um die Ecke zur Katharinenkirche, so dass dies der ideale Ausgangspunkt für den überraschenden Auftritt zum Pontifikalamt war. Es brauchte nicht viel Überredungskunst von Chassim, Bechthold und dessen Frau von der Notwendigkeit zu überzeugen, dass sie ihre Hilfe für eine gute Sache brauchten. Im Gegenteil, die beiden waren stolz darauf, dem König und dem Grafen einen Gefallen tun zu können und ihr Haus zur Verfügung zu stellen. Die Medica, Bruder Thomas und Ambros nahmen mit all den benötigten Gewändern bepackt den Weg durch den geheimen Gang, nachdem sie den Kammerdiener als Leibwache bei Konrad gelassen hatten. Bruder Thomas hatte ihm noch einmal strengstens eingeschärft, niemandem außer ihm selbst Zugang zu gewähren, insbesondere niemandem von den Küchenbediensteten.
Sie trafen rechtzeitig im Haus von Bechthold ein, um sich noch umzuziehen und letzte Einzelheiten zu besprechen.
Als Mitternacht immer näher rückte, ging es nur noch darum, die Idee zum genau richtigen Zeitpunkt in die Tat umzusetzen.
Und jetzt standen die Medica, Bruder Thomas, Chassim, der Graf und die Gräfin von Landskron hinter Ambros, der Konrad perfekt verkörperte, in der Katharinenkirche ihrem Erzfeind gegenüber und warteten darauf, dass Ambros den Satz aussprach, mit dem sie
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