Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
und erwartungsvoll dem Erzbischof und Pater Severin entgegensahen.
Pater Severin beleuchtete das Gesicht des Delinquenten mit seiner Fackel und sagte, zum Erzbischof gewandt: »Euer Eminenz, darf ich vorstellen: Ritter Baldur von Veldern.« Es schien ihm eine klammheimliche Freude zu bereiten, den Ritter so zu verhöhnen.
Als er erkannte, wer ihn da mit seinem hohen Besuch beehrte, hielt Baldur von Veldern augenblicklich in seiner Bewegung inne und starrte dem Erzbischof in die Augen. Der beugte sich über ihn und fragte leise, fast flüsternd: »Sagt mir, Ritter, kann ich Euch den Knebel abnehmen lassen und mich vernünftig von Mann zu Mann mit Euch unterhalten, oder wollt Ihr Euch weiterhin aufführen wie ein wildes Tier? Wenn Ihr Euch für Ersteres entscheidet, dann lasst es mich durch ein Blinzeln wissen.«
Nach kurzem Zögern blinzelte Baldur von Veldern, und einer der Folterknechte entfernte auf ein Kopfnicken von Pater Severin den Knebel. Dann scheuchte Pater Severin die zwei Knechte hinaus, und er und der Erzbischof warteten, bis ihre Schritte in den Gewölben verhallt waren.
»Baldur von Veldern – wisst Ihr, wer ich bin?«
Der Delinquent nickte einmal heftig.
Konrad von Hochstaden stellte fest: »Dann dürfte Euch auch klar sein, dass ich hier in diesem Raum Herr über Leben und Tod bin.«
Ritter Baldur presste die Lippen zusammen, dann zischte er widerwillig: »Wenn es Euch Vergnügen macht …«
Der Erzbischof strich sich nachdenklich über seinen gepflegten, modischen Bart. »Sagt mir, Ritter, glaubt Ihr an Gott? An eine Vergebung all Eurer Sünden, so lasterhaft und verwerflich sie auch sein mögen?«
»Dazu müsste ich sie bereuen.«
»Nun, das ist eine Voraussetzung. Bereut Ihr?«
»Wie kann man etwas bereuen, das man gern getan hat?« Bei dieser Antwort blitzten die Augen des Ritters auf. Eine seltsame Verrücktheit ging von ihm aus.
»Ihr zeigt erstaunlichen Widerspruchsgeist, wenn man bedenkt, in welcher Lage Ihr Euch befindet. Könnt Ihr mir einen Grund nennen, einen einzigen, warum ich Euch begnadigen sollte?«
»Vielleicht weil Ihr mich braucht?«
»Der Mann hat zwar kein Herz, aber er hat Verstand!«, sagte der Erzbischof anerkennend zu Pater Severin, dann wandte er sich wieder Ritter Baldur zu. »Ihr habt recht. Ihr könnt mir einen Gefallen erweisen.«
»Was ist die Gegenleistung?«
»Seht Ihr Euch in der Lage, Forderungen zu stellen?«
»Ein toter Mann kann niemandem einen Gefallen erweisen.«
»Das ist richtig. Wollt Ihr leben?«
»Wie Ihr schon sagtet: Ich bin nicht in der Lage, Forderungen zu stellen.«
»Dann hört mein Angebot. Es gilt nur hier und jetzt und ist nicht verhandelbar. Gesetzt den Fall, dass Ihr annehmt, werde ich Pater Severin anweisen, Euch Gelegenheit zur Flucht zu geben. Da ich angesichts Eurer gegenwärtigen Lage und Eurer wenig glorreichen Vergangenheit keinerlei Schwüren oder Versprechungen Eurerseits auch nur den geringsten Glauben schenke, muss ich darauf hoffen, dass Ihr Euren Teil unserer Abmachung dafür, dass ich Euch das Leben schenke und die Folter erspare, als Gegenleistung erfüllt. Als Anreiz dürfte eine Summe von 200 Augustalen dienen, die Ihr bei Pater Severin einfordern könnt, falls Euer Auftrag zufriedenstellend für mich abgewickelt wurde. Habt Ihr das so weit verstanden?«
Diesmal sagte Ritter Baldur kein Wort, er nickte nur, aber Konrad von Hochstaden merkte, dass er sich seiner vollen Aufmerksamkeit sicher sein konnte. Er fuhr fort. »Ihr werdet, sobald Ihr in Freiheit seid, so schnell wie möglich neue Männer rekrutieren, so viel Ihr benötigt. Seid Ihr dazu in der Lage?«
Baldur von Veldern grinste. »Nichts leichter als das.«
»Gut. Nun zum eigentlichen Auftrag. Kennt Ihr die Grafschaft der Greifenklaus? Sie liegt nordöstlich von Oppenheim, vielleicht zwei Tagesritte von dort.«
»Sie ist mir ein Begriff.«
»Ihr sucht das kaiserliche Lehen des alten Grafen mit Euren Männern heim, so oft wie möglich. Die Dörfer, Weiler und Gehöfte auf seinem Grund und Boden. Seine Burg verschont Ihr vorerst. Aber Ihr versetzt seinem Besitz und seinen Bauern schmerzhafte Nadelstiche. Ihr könnt Euch zwischen Euren Raubzügen zurückziehen, wohin Ihr wollt. Aber mein Bistum bleibt fortan unangetastet. Sobald Ihr eine Nachricht erhaltet, habt Ihr vollkommen freie Hand. Die Nachricht besteht nur aus einem Wort. Es lautet: Fegefeuer. Merkt Euch das. Dann wartet Ihr eine günstige Gelegenheit ab, nehmt Burg Greifenklau ein, gebt
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