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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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Muskeln seiner Hände pressten das Leder von Griff und Gurt. Bei den Göttern, wenn Wulfgar sich für einen Krieger hielt, dann sollte er sich den Kopf des Thronfolgers mit eigener Klinge erkämpfen.
    Von irgendwoher waren die Stimmen zu hören, leise, fast wie aus der Ferne.
    Endliiich ... endliiich ... Frieden ... im Toood
...
    Sigurd hatte kein Gehör für sie. Sein Geist war klar und scharf, Vergangenheit und Zukunft wie Ballast von ihm abgefallen. Die Entscheidung fiel hier – und jetzt. Nichts darüber hinaus zählte.
    Er sah ein letztes Mal auf die Leichen seiner Eltern, und seine Stimme trug keine Trauer mehr. »Für euch.«
    Dann verließ er das Gemach und machte sich auf den Weg in den Thronsaal, um seine Gefährten für den letzten Kampf zu treffen.

    »Hätten die Xantener sie niedergebrannt – die Burg bereitete mir nicht weniger Unbehagen«, murmelte Gelen und wischte mit der Hand einige verschimmelte Brotreste vom Tisch.
    »Ich hatte mir den Untergang des Landes nicht so ... leise vorgestellt«, knurrte Jon, während er mit der Messerspitze Dreck aus seinen Fingernägeln kratzte.
    Eolind stand dort, wo er immer stand, wenn er im Thronsaal war – an der rechten Seite des Königsthrons. Es war eine leere Geste, mehr ein Reflex. Es war ja niemand mehr da, der seinen höfischen Rat erbat.
    Keiner von ihnen hatte etwas gefunden. Die Burg war in Eile geräumt worden, die Schlafsäle menschenleer. Die Xantener belagerten eine verlassene Ruine, und Eolind fragte sich, ob sie das wussten.
    Nun kam Sigurd schnellen Schrittes in den Saal, Schwert und Schild entschlossen in den Händen. Jon und Gelen sprangen auf. Eolind merkte augenblicklich, dass der Prinz keine guten Nachrichten brachte. »Was habt Ihr gefunden?«
    Sigurd hielt inne, als fühlte er sich in seinem Drang aufgehalten. »Den Tod – nicht von Wulfgars Hand, doch in seiner Schuld. Bereitet euch vor, die Königsfamilie zu rächen. Wir sterben heute für Island.«
    Jon und Gelen sahen einander an, dann blickten sie unsicher zu Eolind. Der alte Ratgeber schluckte schwer an der schlimmen Kunde. »Gingen das Königspaar und die Prinzessin ... in Frieden?«
    Sigurd nickte. »In Frieden und Glauben. Diese Chance werde ich Wulfgar nicht geben. Sucht Waffen.«
    Eolind räusperte sich, und es hallte durch den gesamten Thronsaal.
    Sigurds Blick wurde kalt. »Ich hoffe auf euren Beistand aus Freundschaft – doch ich werde nicht zögern, ihn als Prinz zu fordern.«
    Eolind trat vor und stellte sich so nah vor Sigurd, dass dieser den warmen Atem des alten Mannes spürte. »Mein Prinz, wenn heute auch der letzte Tropfen Isländer Blut vom Stein getrunken wird, dann wäre es uns gleich. Im Tod liegt keine Schande, schon gar nicht im Kampf. Aber
wofür
wollt Ihr uns sterben sehen?«
    Die Frage überraschte Sigurd. »Für die Rache. Die Rache für Island. Die Rache an Wulfgar.«
    Ein müdes Lächeln umspielte Eolinds Lippen. »Wir gehen aus dem Tor, und zwei Herzschläge später rollen unsere Köpfe, während Dutzende von Klingen unsere Leiber zerhacken. Eine vortreffliche Rache, fürwahr – Wulfgar wird sich beim Gedanken daran lachend in den Schlaf saufen.«
    »Ich werde ihn stellen«, zischte Sigurd. »Mit oder ohne eure Hilfe.«
    Hart und ohne Ansatz schlug Eolind seinem Schüler ins Gesicht. Sigurd stolperte einen Schritt zurück.
    »Narr!«, schrie Eolind. »Könntest du auch nur gegen einen Krieger bestehen – Wulfgar wärst du kein Gegner. Und könntest du gegen Wulfgar bestehen – er würde sich dir niemals stellen. Du suchst eine ehrenvolle Rache, die der Xantener König nicht bietet. So feige er Island überfallen hat, so feige wird er dich von seinen Vasallen niederstechen lassen! Wo ist dann die Ehre, mein Prinz?«
    Sigurd schüttelte den Kopf angesichts der Worte, deren Wahrheit ihm unmöglich zu akzeptieren schien.
    Jon trat herbei. »Eolind hat recht, Sigurd. Selbst wenn Ihr gegen Wulfgar im Zweikampf bestehen könntet – er würde sich Euch niemals stellen.«
    »Dann meucheln wir ihn hinterrücks, wie das Vieh, das er ist«, keuchte Sigurd. »Zur Nacht schleichen wir uns an das Hauptschiff der Xantener, und dann ...«
    »Und dann metzeln uns die Wachen nieder, die er zu Dutzenden um sich weiß«, spie Eolind aus. »Mein Prinz, ich bin Euch nach Island gefolgt, obwohl ich von der Unmöglichkeit Eurer Absichten wusste. Doch bittet mich nicht, Euch sehenden Auges in den Tod gehen zu lassen – noch weniger, Eure Freunde mitzunehmen.«
    Sigurd

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