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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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Dem König stand es jederzeit zu, seine Frau zur Ehepflicht zu rufen – aber worin bestand die Not, sie jede Nacht an seiner Seite zu haben?
    Vor der Tür blieb Sigurd stehen, die Hand auf dem Holz, kaum zwei Schritte von der Wahrheit entfernt. Er zitterte, und sein starker Arm verweigerte den Dienst. Was gab es zu finden, das nicht weniger sein konnte als entsetzlich? War die Ungewissheit nicht ein gnädigerer Geselle als die grausame Wahrheit?
    Siiiegfried ... am Ziiiel ... eeendlich
...
    Die Stimmen!
    Sigurd wirbelte herum, hoffte die ihn narrenden Geister endlich zu erblicken – und stolperte in der Bewegung. Rückwärts fiel er gegen die Tür und taumelte in das Schlafgemach. Er konnte sich gerade noch rechtzeitig fangen, um nicht auf den Boden zu stürzen.
    Die Stimmen kicherten, manche lachten hysterisch. Und doch – so genau Sigurd sie auch hörte, so wenig konnte er sicher sein, dass es sie gab.
    Abgelenkt durch die unerwartete Störung, drehte sich Sigurd eher beiläufig in den Raum.
    Es war ein Bild von Schönheit und Tod.
    Elsa und Gernot lagen auf einem pechschwarzen Fell in ihrem Bett, die Körper einander zugewandt. Der König hatte die Hand auf der Wange seiner geliebten Frau, und sein Daumen berührte ihre blauen Lippen. Elsas Haar war wunderschön geflochten, mit goldenen Bändern, die aus den schwarzen Zöpfen funkelten.
    Sie waren in Liebe gestorben, einander in den Armen haltend, für die Ewigkeit vereint. Der Kelch, aus dem sie den Tod getrunken hatten, stand sorgsam mit einem Tuch abgedeckt neben dem Bett.
    Sigurds Tränen begannen zu fließen, als er die zwei Schritte auf seine Eltern zu machte. Seine Knie gaben nach, und er sackte auf den Boden, wo er sich mit den Fäusten abstützte. Dann fiel sein Blick zur Seite, wo ein kurzes Bett im Schatten der Wand stand. Eine kleine reglose Gestalt, in weißes Linnen gewickelt, lag dort.
    Sigurd, dem sogar die Kraft zum Aufstehen fehlte, kroch hinüber und sah in das bleiche friedliche Gesicht seiner Schwester Lilja.
    Er legte seine Hände auf ihren Körper und die Stirn an die Holzkante des Betts. »Es ... tut mir leid.«
    So sehr sein Kopf wusste, dass er sie nicht hätte retten können, so sehr schämte sich sein Herz, in den letzten Stunden nicht bei seiner Familie gewesen zu sein.
    In Wut war er davongerannt!
    Verdammtes Dänemark, verdammte Saufereien, verdammte Freiheit!
    Er hatte sich wie ein Lump verhalten, nicht wie ein Prinz. Und nun hatten die Götter ihm gezeigt, wie grausam das Schicksal jene strafen konnte, die ihm davonliefen.
    Unter seinen Händen spürte er einen Gegenstand, der seltsam vertraut war. Er öffnete die Augen und entdeckte zwischen Liljas kalten Fingern das Horn des Dryk.
    Sie hatte es bis in den Tod getragen!
    Vorsichtig nahm Sigurd ihr das Horn ab und hängte es um den Hals. Dann küsste er sacht ihre Stirn.
    »Verzeih.«
    Das Wort war kaum mehr als ein Krächzen.
    Er stand auf, sah sich noch einmal um. Es lag keine Befriedigung darin, dass seine Familie in Frieden gestorben war und nicht durch Wulfgars Hand. Im Ergebnis war es gleich, und das Ergebnis war das Ende Islands.
    Sigurd nahm den Kelch vom Boden, zog das ihn bedeckende Tuch fort. Ein Drittel war vielleicht noch darin von dem Trank, der leisen Abschied brachte. Es schmerzte vermutlich nicht einmal, sonst hätten Elsa und Gernot die letzten Sekunden nicht so friedlich Seite an Seite gelegen.
    Endliiich vorbei ... endliiich ... Siegfried
...
    Sigurd war des Lebens zu müde und der Trauer zu ergeben, um einen Gedanken an die zischenden Stimmen zu verschwenden. Die Gier nach seiner Seele in ihren Rufen hatte keine Bedeutung.
    Was blieb denn noch?
    Langsam hob er den Kelch an seine Lippen.
    Es war alles so einfach auf einmal ...
    Ein einsamer Lichtstrahl fing sich im Metall des Bechers, und Sigurd bemerkte, dass es eine Bewegung im Hafen war, die von außen eingefangen worden war.
    Er sah aus dem Fenster.
    Da war ein Krieger, nein – ein Anführer! Das musste Wulfgar sein. Er marschierte in Begleitung einiger Männer durch den Kies und gab Anweisungen, die auf diese Entfernung nicht zu hören waren.
    Der Anblick des Usurpators brachte den Willen zurück in Sigurds Körper. Eine Flamme loderte auf in seiner Seele, und es war das Feuer der Rache.
    Wulfgar!
    Sigurd warf den Kelch beiseite. Wie töricht wäre er fast gewesen! Dem Feind die Arbeit abzunehmen!
    An der Wand hingen Schwert und Schild seines Vaters. Sigurd nahm sie aus den eisernen Halterungen, und die

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