Die Rache Der Rose
ihres Streites, und meine wahre Seele floh um ihrer Sicherheit willen in den Kasten, den Diavon Slar, mein alter Diener, unter strengster Geheimhaltung für mich verwahren sollte.«
»Die Geheimhaltung wurde durch ihn gewahrt, Vater.«
»Jawohl - und er floh in dem Glauben, einen Schatz zu besitzen, in dem Glauben, er könne mich durch den Besitz jenes Kastens beherrschen! Er floh nach Pan Tang mit dem, was er für meinen gefangenen Geist hielt - ein Kindermärchen, das er gehört hatte -, und stellte enttäuscht fest, daß kein Geist seinen Befehlen gehorchte. Statt dessen plante er also, seine Beute an den Theokraten zu verkaufen. Dann jedoch erreichte er niemals Pan Tang, sondern wurde von Seeräubern aus den Purpurnen Städten gefangengenommen. Der Kasten wurde ein nebensächlicher Teil ihrer Beute. Meine Seele war wahrlich verloren.« Und mit diesen Worten zeigte sich ein Hauch der vorherigen Ironie, ein ganz schwaches Lächern. »Die Piraten?«
»Über sie erfuhr ich nur das, was Diavon Slar mir erzählte, als ich jene Rache nahm, vor der ich ihn gewarnt hatte. Die Räuber kehrten wahrscheinlich nach Menü zurück, wo sie ihre Beute versteigerten. Mein Seelenkasten verließ unsere Welt endgültig.« Plötzlich bewegte sich Sadric, und es war, als ob sich ein flüchtiger Schatten im Mondlicht bewegte. »Ich spüre ihn immer noch. Ich weiß, daß er zwischen den Welten flog und dorthin ging, wohin ihm jetzt nur noch die Drachendame folgen kann. Das hat meine Pläne vereitelt. Denn bevor ich dich rief, hatte ich keine Möglichkeiten, ihn zu verfolgen. Ich bin an diesen Ort und nun an dich gebunden. Du mußt meinen Seelenkasten zurückbringen, Elric, damit ich mich mit deiner Mutter vereinen und mich von ungerechtem Haß befreien kann. So wie du dich von mir befreien wirst.«
Unter widersprüchlichen Leidenschaften erbebend, sprach Elric endlich: »Vater, ich halte dies für eine unmögliche Suche. Ich kann nur vermuten, daß du mich aus bloßem Haß fortschickst.«
»Haß, jawohl, doch es ist noch mehr. Ich muß mich wieder mit deiner Mutter vereinen, Elric! Ich muß. Ich muß.«
Elric kannte die anhaltende Besessenheit seines Vaters, und dies überzeugte ihn letztlich von der Ehrlichkeit des Gespenstes.
»Enttäusch mich nicht, mein Sohn.«
»Und wenn ich Erfolg haben sollte? Was wird mit uns geschehen, Vater?«
»Bring meine Seele zurück, und wir sind beide erlöst.«
»Doch falls ich versage?«
»Meine Seele wird ihr Gefängnis verlassen und in dich fahren. Wir werden bis zu deinem Tod vereint sein - ich mit meinem ungerechten Haß an den Gegenstand meines Hasses gebunden und du mit allem beladen, was du auf dem stolzen Melnibone am meisten haßt.« Er hielt inne, fast wie um es auszukosten. »Das wäre mir ein Trost.«
»Mir nicht.«
Sadric nickte in schweigendem Einverständnis mit seinem Leichenschädel, und ein erstaunlich sanftes Lachen entwich seiner Kehle. »In der Tat!«
»Und hast du nicht noch weitere Unterstützung in dieser Sache für mich, Vater? Etwa einen Bannspruch oder einen Zauber?«
»Nur was dir auf dem Weg begegnet, mein Sohn. Bring mir den Rosenholzkasten zurück, und wir können beide unserer Wege gehen. Versag, und unser Schicksal wie unsere Seelen sind auf ewig miteinander verknüpft! Du würdest niemals frei von mir, von deiner Vergangenheit oder von Melnibone! Aber du würdest die alten glorreichen Zeiten zurückbringen, wie?«
Elrics drogenbelebter Körper begann zu zittern. Der Kampf und diese Begegnung hatten ihn erschöpft, und hier gab es keine Seelen, von denen sich sein Schwert hätte nähren können.
»Ich bin schwach, Vater, und muß bald umkehren. Die Drogen, die mich erhalten, sind mit meinen Packtieren verlorengegangen.«
Sadric zuckte die Achseln. »Was das angeht, so brauchst du lediglich eine Seelenquelle ausfindig zu machen, von der deine Klinge fressen kann. Du wirst in deinem Leben noch viel töten. Und da nahm ich noch etwas wahr, aber ich sehe es nicht klar…« Er runzelte die Stirn. »Geh…«
Elric zögerte. Eine natürliche Regung wollte ihn dazu veranlassen, seinem Vater zu versichern, daß er nicht mehr in aller Gelassenheit tötete, um seinen Launen zu genügen. Wie alle Melniboneer hatte sich Sadric nichts dabei gedacht, die menschliche Bevölkerung des Reiches zu töten. Für Sadric war das Runenschwert nur ein nützliches Werkzeug wie ein Stock für einen Krüppel. Obgleich sein Vater ein Ränkeschmied des Übernatürlichen, ein
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