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Die Rache Der Rose

Die Rache Der Rose

Titel: Die Rache Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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ungepflegte Dämme, auf denen Unkraut und Feldblumen wuchsen und jede Art von Aasgetier hüpfte, flatterte und krabbelte. Als sie tiefer gingen, roch Elric den Unrat und übergab sich fast. Seine Nase bestätigte das, was seine Augen sahen - Müll, Knochen, menschlichen Auswurf, zerbrochene Möbelstücke und verdorbene Speisen, große ununterbrochene Müllwälle, die sich auf beiden Seiten der glattgefegten Straße von einem Horizont zum anderen erstreckten ohne einen Hinweis darauf, von wo oder wohin diese verlief… Elric sang seiner Dame zu, sie solle ihn emportragen und von diesem Schmutz fort in die süße Luft des hohen Sommerhimmels heben, aber sie beachtete ihn nicht, drehte zuerst nach Norden ab, dann nach Süden, bis sie genau auf die Mitte dieser großen glatten Narbe hinabstieß, die eine bräunlich-rosige Färbung wie sonnengegerbtes Fleisch aufwies, und fast ohne Ruck setzte sie in der Mitte auf.
    Jetzt faltete Narbenschnauze ihre Schwingen zusammen und setzte die klauenbewehrten Tatzen auf den Boden; auf diese Weise gab sie deutlich zu verstehen, daß sie Elric nicht weiter zu tragen beabsichtigte. Etwas unwillig stieg er ab, wickelte den zerfetzten Schal los und sich um die Hüfte, als ob er ihn an diesem Ort vor Gefahren schützen könnte, und sang das Abschiedslied des Dankes und der Verwandtschaft. Als er die letzten Zeilen sang, hob die Drachendame ihren schönen Reptilienkopf und schloß sich in klangvoller Würde den letzten Kadenzen an. Ihre Stimme hätte die Stimme der Zeit selbst sein können.
    Dann klappten die Kiefer zu, die Augen wandten sich ihm halb geschlossen, wie in Zuneigung, erneut zu, ihre Zunge ertastete die Abendluft, sie hatte die Flügel wieder ausgebreitet, hüpfte zweimal und brachte dabei den Boden zum Erdröhnen, so daß Elric schon befürchtete, er werde bersten, und schwang sich in die Höhe, in die Atmosphäre hinauf, ihr geschmeidiger Körper krümmte und wand sich, während ihre Flügel sie zum östlichen Horizont trugen und die untergehende Sonne ihren langen schrecklichen Schatten über die Felder warf, und dann zeigte nahe am Horizont ein einziger Silberblitz Elric an, daß seine Drachendame in ihre eigene Dimension zurückgekehrt war. Er hob seinen Helm zum Abschiedsgruß, für ihr Gift ebenso dankbar wie für ihre Geduld.
    Elrics einziger Wunsch bestand nun darin, diesen unnatürlichen Straßendamm hinter sich zu bringen. Obgleich er wie polierter Marmor schimmerte, erkannte er jetzt doch, daß er aus nichts anderem als aus gestampftem Lehm bestand; Erdschichten über Erdschichten, bis sie beinahe die Beschaffenheit von festem Gestein angenommen hatten. Vielleicht war die ganze Anlage aus Abfall errichtet? Aus irgendeinem Grund beunruhigte ihn dieser Gedanke, und er setzte sich rasch zum südlichen Rand in Bewegung. Während er sich den Schweiß von der Stirn wischte, fragte er sich erneut, welchem Zweck dieser Ort diente. Fliegen umschwärmten ihn, und Bussarde beäugten ihn argwöhnisch als möglichen Rivalen um die Fleischbissen. Bei dem Gestank hustete er wieder, wußte jedoch, daß er den Wall überklettern mußte, um zu der gesunden Luft der Weizenfelder zu gelangen.
    »Eine sichere Reise zu deiner heimischen Höhle, süße Lady Narbenschnauze«, murmelte er, als er weiterging. »Es scheint, daß ich dir sowohl Leben als auch Tod schulde. Aber ich nehme es dir nicht übel.«
    Der Albino wickelte sich seinen Schal um Nase und Mund und machte sich daran, den nachgebenden Schmutz zu erklimmen. Mit jeder Bewegung wühlte er Knochen und Ungeziefer auf und kam nur langsam voran, während ihn Vögel und geflügelte Ratten von allen Seiten anzirpten und -zischten. Erneut fragte er sich, welches Geschöpf einen solchen Pfad erschaffen haben mochte, falls es ein Pfad war. Er hatte das bestimmte Gefühl, daß dies kein Werk von Menschenhand war, weshalb er der gewohnten Umgebung des Weizenfeldes nur noch beharrlicher zustrebte.
    Er hatte den Rand erreicht und kletterte daran entlang, um einen besseren Halt für den Abstieg zu finden. Während er beim Vorankommen verfaultes Zeug und wütende Nagetiere aus dem Weg trat, fragte er sich, welche Kultur wohl ihren Abfall herbeischaffte, um einen Pfad zu säumen, der von einem übernatürlichen Wesen erschaffen worden war. Dann meinte er, in der Nähe des Weizens weiter unten etwas Großes sich bewegen zu sehen, aber das Licht war schlecht, und er schrieb es seiner Einbildung zu. War der Abfall eine Art heiliges Opfer?

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