Die Rache Der Rose

kannte mittlerweile seine Schwäche, derartig verlockenden Gedankengängen zu folgen, und entschuldigte sich. Doch bevor sie das Thema des Verlassens von Trollon wieder aufgreifen und einen Plan zum Eindringen nach Duntrollin ausarbeiten konnten, schwangen die Außentüren des Raums nach innen und gaben den Blick auf eine großartige Gestalt frei, die ganz in aufgebauschte Seide und Rüschen gekleidet war, auf dem Kopf eine riesige schwankende Perücke trug und das erlesene Antlitz im kunstvollen Stil einer jharkorischen Kokubine bemalt hatte.
    »Vergebt mir, daß ich Euch beim Frühstück unterbrochen habe. Ich heiße Vailadez Rench, stets zu Diensten. Ich bin hier, liebe Freunde, um Euch Unterbringungsmöglichkeiten vorzustellen, damit Ihr Euch so rasch wie möglich in unsere Gemeinschaft einfügen könnt. Soweit ich weiß, habt Ihr doch die Mittel, Euch ein besseres Quartier leisten zu können.«
    Da sie im Augenblick keine andere Möglichkeit sahen, ohne den Argwohn des Trolloniers zu erregen, folgten sie Vailadez Rench bescheiden auf dem Fuße, als der hochgewachsene Erlesene sie durch die ordentlichen und übermäßig gewienerten Gassen seiner malerischen kleinen Stadt führte. Und immer noch rollte die Zigeunernation Zoll um Zoll auf der Straße entlang, die sie seit Jahrhunderten ausgetrampelt hatte, und erschuf einen Eigenschwung, der trotz aller anderer Überlegungen aufrechterhalten werden mußte. Und stets kehrte sie zu dem Punkt zurück, an dem Ankunft und Weiterfahrt identisch waren.
    Man zeigte ihnen ein Haus am Rande der Plattform mit Blick über die Mauer auf die kleinen Fußgänger und die anderen im Schneckentempo dahinkriechenden Siedlungen. Man zeigte ihnen Wohnungen in sonderbaren alten begiebelten Häusern oder solche, die aus Lagerhäusern oder Läden umgebaut worden waren, und schließlich wurden sie von Vailadez Rench, während sich dieser wie in einer langrezitierten Fuge als einziges Unterhaltungsthema über das Eigentum, seine Attraktivität und seinen Wert ausließ, zu einem kleinen Haus geführt, vor dem ein Gärtchen angelegt war. Die Mauern waren mit Kletterteerosen und leuchtendem Schleierkraut in Purpur und Gold bedeckt, die Fenster funkelten und waren von Rüschenvorhängen gesäumt, und von den Blumenbeeten und den Blumen stieg ein süßer, frischer Frühlingsduft auf; die Rose klatschte in die Hände, und einen Augenblick lang war es offensichtlich, daß dieses Haus mit seinem schiefen Dach und den von der Zeit geschwärzten Giebeln sie anzog. Etwas in ihr sehnte sich nach so einfacher Schönheit und Behaglichkeit. Und Elric sah, wie sich ihre Miene veränderte und sie sich abwandte. »Ganz hübsch, dieses Haus«, sagte sie. »Vielleicht könnten wir dort alle zusammen einziehen.«
    »O ja. Eine Familie wohnt darin, wißt Ihr. Aber sie hatte so ihre Schicksalsschläge, versteht Ihr, und muß gehen.« Vailadez Rench seufzte, dann grinste er und drohte ihr schelmisch mit dem Finger. »Ihr habt Euch allerdings das teuerste ausgesucht! Ihr habt Geschmack, liebe Dame.«
    Wheldrake, der mittlerweile eine finstere Abneigung gegen diesen Eleven des Eigentums gefaßt hatte, machte einige unpoetische Bemerkungen, die aus unterschiedlichen Gründen von allen unbeachtet blieben. Er streckte die Nase einem üppig blühenden Busch entgegen. »Ist ihr Geruch noch hier?«
    Vailadez Rench pochte gegen eine Tür, die er nicht öffnen konnte. »Ihre Dokumente wurden ihnen ausgehändigt. Sie sollten schon weg sein. Es gab irgendein Unglück… Nun, man muß gnädig sein, denke ich, und den Sternen danken, daß wir nicht selbst dem Brettergriff und dem ewigen Stampfen entgegenrutschen.«
    Mit einem Schnappen wurde die Tür weit aufgerissen, und vor ihnen stand ein aufgelöster, rundäugiger, rotgesichtiger Bursche, der fast so groß wie Elric war, eine Feder in der einen Hand und ein Tintenfaß in der anderen Hand hielt. »Guter Herr! Guter Herr! Habt Geduld, ich bitte Euch. Just in diesem Augenblick verfasse ich einen Brief an einen Verwandten. Mein Kredit steht nicht in Frage. Ihr wißt selbst, welchen Verzögerungen die Verbindung zwischen den Dörfern unterliegt.« Er kratzte sich mit der Federspitze im unordentlichen kornfarbenen Haar, wodurch ihm dunkelgrüne Tinte über die Stirn rann und ihn wie einen nicht ganz zurechnungsfähigen Wilden aussehen ließ, der sich zum Kampf rüstete. Seine wachen hellen Augen huschten von Antlitz zu Antlitz, seine Lippen flehten. »Ich habe vielleicht eine