Die Rache Der Wanderhure
Burg sein, die einem mächtigen Grafen gehört«, sagte er daher.
»Ihr meint den Grafen Sokolny und dessen Festung?«, fragte Ritter Roland.
»Ach ja, Sokolny, so heißt dieser Herr. Zu dem sind wir unterwegs. Auf dem Wagen dort sind ein paar Waffen, die ihn vielleicht interessieren könnten.«
»Ihr habt Waffen zu verkaufen?« Ritter Rolands Interesse wuchs.
Da ihnen mit Fürst Vyszos Heer eine gewaltige Übermacht gegenüberstand, war ihnen jede Unterstützung willkommen. Außerdem würde er, wenn er gute Waffen nach Sokolny brachte, in den Augen des Grafen und dessen Tochter wieder an Ansehen gewinnen.
»Nicht direkt verkaufen, denn sie sind schon bezahlt«, fuhr Hettenheim fort. »Es handelt sich um Handbüchsen, die von einem einzigen Mann bedient werden können. Vielleicht habt Ihr schon davon gehört.«
Ritter Roland kannte zwar Kanonen und auch die leichten, lederummantelten Feldschlangen der Hussiten, aber keine Handbüchsen. Da er dies nicht zugeben wollte, nickte er. »Ich habe davon gehört. Was sollen sie bewirken?«
»Die Eisenkugel einer Handbüchse durchschlägt auf fünfzig Schritt jede Ritterrüstung. Ein Soldat, der über diese Waffe verfügt, macht jeden Feind nieder, der ihn mit gefälltem Speer und blanker Klinge angreift. Am besten aber sind sie bei der Abwehr von Belagerern, die eine Burg stürmen wollen. Eine einzige Salve aus ein paar Dutzend Tannenbergrohren reißt tödliche Lücken in jedes Heer. Vor allem kann man sie mit sich tragen und an jedem Ort einsetzen, und das ist mit Kanonen nicht möglich.«
Ich rede, als wollte ich diesem Burschen die Waffen wirklich verkaufen, dachte Hettenheim amüsiert. Doch der Köder war ausgelegt, und sein Opfer schien ihn gerade zu schlucken.
»Also gut, kommt mit!«, forderte Ritter Roland sie auf. »Aber eins lasst euch gesagt sein: Wenn ihr Spione seid, werdet ihr Sokolny nicht lebend verlassen!«
Die Drohung schreckte Hettenheim wenig. Allerdings war er froh, auf diesen jungen Edelmann getroffen zu sein und nicht auf einen der beiden gefürchteten Grenzwächter. Die hätte er mit Sicherheit nicht so leicht um den Finger wickeln können.
Auf dem Weg zur Burg hielt Hettenheim die Augen offen und bestimmte für sich bereits die Anmarschwege für eine Belagerung. Da es reichlich Holz für Sturmleitern und anderes Gerät gab, sah er sich schon als Eroberer hier einziehen. Aber als er Burg Sokolny schließlich vor sich aufragen sah, starrte er sie verblüfft an. Für so groß und wehrhaft hatte er die Festung nicht gehalten. Von tapferen Männern verteidigt, konnte sie sich auch gegen ein größeres Heer halten. Allerdings gewiss nicht gegen eines, das er selbst führte.
Hettenheim hoffte, in die Burg gebracht zu werden, um sich die Verteidigungsanlagen genauer ansehen zu können. Doch Ritter Roland führte ihn in ein größeres Dorf.
Vor der Schenke hielt er an und wies mit dem Kinn zur Tür. »Hier bekommt ihr etwas zu essen und zu trinken. Ich informiere inzwischen den Grafen. Versucht aber nicht herumzuspionieren. Es würde euch schlecht bekommen.«
Da die Soldaten, die sich jetzt näherten, nicht gerade die freundlichsten Gesichter machten, beschloss Hettenheim, den verbindlichen und unterwürfigen Händler zu spielen. Er stieg vom Pferd, sah zu, wie der junge Ritter lospreschte, um den Grafen zu holen, und betrat die Schenke.
»Gibt es hier etwas zu trinken?«, fragte er die Schankmaid.
»Wenn Ihr es bezahlen könnt«, antwortete diese schnippisch.
Statt einer Antwort warf Hettenheim ein paar Münzen auf den Tisch. »Das wird wohl für einen Krug Wein und einen Happen zu essen reichen!«
»Wein gibt’s nicht. Ihr müsst schon Bier trinken!« Die junge Frau schnappte sich die Geldstücke und betrachtete sie naserümpfend. »Das ist deutsches Geld. Hier hat das keinen Wert!«
»Dann gib es zurück!«, forderte Hettenheim.
Darauf aber wollte die Schankmaid sich nicht einlassen. Rasch steckte sie die Münzen weg und brachte drei Krüge mit schäumendem Bier und drei Holzbretter, auf denen je ein Stück geräucherten Schinkens und ein halber Laib Brot lagen.
»Mag es Euch munden«, sagte sie und setzte für sich ein ›es soll Euch im Hals stecken bleiben‹ hinzu.
Dies war allerdings nicht der Fall. An die karge Kost im Feldlager gewohnt, griffen Hettenheim und seine Männer mit gutem Appetit zu und vertilgten Schinken und Brot, ohne einen Krümel übrig zu lassen.
Schließlich rülpste Hettenheim erleichtert. »Das war gut! Wie
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