Die Rache Der Wanderhure
aufmachen können!«
»Hast du etwa Angst?«, fragte Hettenheim spöttisch.
Der Mann nickte grimmig. »Die habe ich, und Ihr solltet sie auch haben! Im Feldlager habe ich verdammt viel über Marat, den Waffenmeister des Grafen, gehört. Der schlägt einem den Kopf schneller von den Schultern, als man ›Gott‹ sagen kann. Die Kameraden nennen ihn einen Sohn des Teufels und behaupten, er sei stich- und schussfest. Und da ist auch noch der neue Krieger, der seit einigen Wochen mit ihm die Grenze sichert! Der soll noch schlimmer sein! Zwar ist er bisher nicht mit den Unsrigen aneinandergeraten, aber dafür hat er die Hussiten zuhauf über die Klinge springen lassen.«
»Wenn der eine der Sohn des Teufels sein soll, ist der andere wohl dessen Großvater!«, versuchte Hettenheim zu witzeln, obwohl die Angst ihn ebenfalls in den Klauen hielt.
Der Inquisitor soll verflucht sein!, dachte er erbittert. Doch um des Glanzes der Kaiserkrone willen war er allzu schnell auch zu diesem Schritt bereit gewesen. Ihm war klar, dass er nicht nur sich selbst Mut zusprechen musste, sondern auch seinen Begleitern.
Daher machte er eine wegwerfende Handbewegung. »Ach was! Mit deinen Schauergeschichten kannst du Kinder erschrecken, aber keine erwachsenen Männer.«
Er sah den Mann strafend an und zwinkerte den beiden anderen Soldaten zu. »Immerhin sind wir als Handelsleute verkleidet. Bei solchen werden auch die angeblichen Dämonen fragen, was ihr Begehr ist, anstatt gleich zuzuschlagen.«
Die Angesprochenen begriffen, dass ihr Anführer Zustimmung heischte. »Das werden sie gewiss, Graf Hettenheim!«
Der dritte ließ sich jedoch nicht überzeugen. Um diesen Mann auf andere Gedanken zu bringen, befahl Hettenheim ihm, mit dem angeblichen Fuhrknecht den Platz zu tauschen. Er wartete, bis der Angesprochene die Zügel der beiden Zugpferde mit geradezu versteinerter Miene übernommen hatte, und gab dann das Zeichen, wieder aufzubrechen.
»Weiter, Leute, bevor dieser Schisser hier endgültig in die Hosen macht«, sagte er, setzte sich an die Spitze und ritt in Richtung Grenze. Dabei unterhielt er sich lautstark mit seinen Männern. Jeder, der sie hörte, musste annehmen, da käme ein Kaufmann, der mit seinen Knechten den möglichen Profit dieser Reise besprach.
Die Verkleidung zahlte sich aus, denn als sie auf die Grenze trafen, die durch einen Pfahl in Sokolnys Wappenfarben gekennzeichnet wurde, versperrten ihnen einige Wachtposten zwar aufmerksam, aber nicht übermäßig besorgt den Weg.
»Woher und wohin?«, fragte Ritter Roland, der an diesem Tag das Kommando an dieser Stelle führte. Seine Hand lag zwar demonstrativ auf dem Schwertknauf, aber so, dass er die Waffe nicht augenblicklich ziehen konnte.
Das entging Hettenheim nicht, und er war überzeugt, dass es ihm und seinen Begleitern ein Leichtes wäre, diesen Grenzposten zu überwältigen. Mit einem Heer im Rücken hätte er sogar bis zur Burg vordringen und diese einschließen können, ehe Sokolny auch nur eine Hand zur Abwehr hätte heben können. Diese Überlegung verstärkte seinen Wunsch, der Befehlshaber eines eigenen Heeres zu werden und den Böhmen zu zeigen, dass er aus einem härteren Holz geschnitzt war als der zaudernde Sigismund oder der von diesem eingesetzte Feldherr aus Sachsen. Zunächst aber galt es, Sokolnys Leuten den Handelsmann vorzuspielen.
»Gott mit Euch, werte Herren«, begann er und bemühte sich dabei, eine unbesorgte Miene zu zeigen.
»Ich fragte, wo ihr herkommt und wo ihr hinwollt!«, fuhr Ritter Roland ihn an.
»Wir kommen von da und wollen nach dort.« Hettenheim wies zuerst mit dem Daumen nach hinten und dann mit dem Zeigefinger nach vorne.
Eine der Wachen lachte kurz auf und fing sich einen bitterbösen Blick des Ritters ein. Roland hatte es noch nicht gänzlich überwunden, dass ihn ein Fremder ohne Namen in den Schatten gestellt und damit jede Hoffnung auf Jankas Gunst geraubt hatte. Nun aber von einem Pfeffersack wie ein dummer Junge behandelt zu werden ließ ihn vor Wut kochen.
»Sprich deutlicher und tu es rasch, sonst schlage ich dir den Kopf ab!« Das kurze Schwert, das am Sattel des Handelsmannes hing, nahm er nicht ernst.
Hettenheim lächelte nachsichtig. Bevor dieser Gimpel seine Waffe aus der Scheide brachte, würde ihm seine eigene Klinge an der Kehle sitzen. Er begriff aber, dass er den Mann nicht zu sehr reizen durfte.
»Verzeiht, aber ich kann mir die Namen so schlecht merken. Ein Stück weiter an diesem Weg muss eine
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